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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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SIEBEN
    Eigentlich bin ich gar nicht komisch – oder nicht komischer als alle anderen auch, nur dass ich anders bin als die anderen. Meine vier Schwestern sind allesamt laut und sprunghaft und freuen sich – das würden sie unumwunden zugeben – über einen guten Streit. Oder auch über einen schlechten Streit. Jede Form von Streit ist ihnen recht, und sie giften sich ständig an, als wäre das eine völlig legitime Art der Kommunikation. Ich habe mein Leben damit verbracht, sie zu beobachten, wie eine Maus eine Katze beobachtet, zusammengerollt und ganz still, eine kleine, graue Sandmaus, und habe gehofft, dass sie mit mir keinen Streit anfangen würden, wenn sie nicht merkten, dass ich da war.
    Meine drei älteren Schwestern – Claire, Maggie und Rachel – waren wie Mum: große, fabelhaft aussehende Menschen mit ehernen Ansichten. Sie kamen mir wie eine andere Gattung vor, und ich bemühte mich sehr, nicht in eine Auseinandersetzung mit ihnen zu geraten, weil jede noch so zaghafte Äußerung meinerseits an den Felsen ihrer robusten, lautstarken Gewissheiten zerschmettert wurde.
    Claire ist die älteste und unlängst vierzig geworden. Dennoch ist sie dickköpfig und forsch wie eh und je und versteht es, »Spaß zu haben« (ein Euphemismus für »wildes Partytier»). In grauer Vorzeit gab es in ihrem Leben ein kleines Missgeschick, als ihr Mann, der bevormundende James, sie an dem Tag verließ, als sie ihr erstes Kind bekam. Das hat ihr den Boden unter den Füßen weggezogen – mindestens eine halbe Stunde lang war sie schwer getroffen –, dann erholte sie sich. Sie lernte einen neuen Mann kennen, Adam, und achtete sinnvollerweise darauf, dass er jünger war als sie und sich von ihr leicht dominieren ließ. Außerdem achtete sie darauf, dass er dunkel und gut aussehend war und breite Schultern sowie – sagt Helen (keine Ahnung, woher sie das weiß) – einen schönen dicken Schwanz hatte. Zusätzlich zu Kate, dem »verlassenen Kind«, haben Adam und Claire zwei eigene Kinder und leben in London.
    Die zweite Schwester ist Maggie, die Arschkriecherin. Sie ist drei Jahre jünger als Claire und unterscheidet sich von den anderen insofern, als sie sich weigert, willentlich störrisch zu sein. Aber – und das ist ein großer Einwand – sie kann sich sehr wohl verteidigen, und wenn sie sich etwas vorgenommen hat, kann sie störrisch wie ein Maulesel sein. Maggie lebt in Dublin, keine Meile von Mum und Dad entfernt. (Ich sage ja: Arschkriecherin.)
    Dann kommt Rachel, ein Jahr jünger als Maggie und die mittlere von uns fünfen. Schon bevor Rachel anfing, überall in Lukes Begleitung aufzukreuzen, verursachte sie einiges Aufsehen – sie war sexy, lustig, ein bisschen wild, und ihr kleines Missgeschick war eigentlich ziemlich groß. Wahrscheinlich das schlimmste von allen – bis ich meins hatte, zumindest –, denn vor einigen Jahren, nachdem sie nach New York gezogen war, entwickelte sie eine Vorliebe für Kokain. Die Sache wurde ziemlich hässlich, und nach einem dramatischen Selbstmordversuch landete sie in einer teuren irischen Entziehungsklinik.
    Sehr teuer. Mum erzählt noch heute, dass sie und Dad für das Geld eine Reise mit dem Orient-Express hätten machen und einen Monat im Cipriani in Venedig hätten wohnen können, und dann sagt sie noch schnell, aber nicht sehr überzeugend, dass das Glück eines Kindes nicht mit Geld zu bezahlen ist.
    Aber fairerweise muss man sagen, dass Rachel wahrscheinlich die größte Erfolgsgeschichte in unserer Familie hingelegt hat, denn ein Jahr nach ihrem Entzug ist sie aufs College gegangen und hat Psychologie studiert und anschließend einen Master gemacht, und jetzt arbeitet sie in einer Suchtklinik in New York.
    Nachdem Rachel jahrelang zugekokst verbracht hatte, war es ihr sehr wichtig, »in der Wirklichkeit« zu sein – ein lobenswerter Vorsatz. Der Nachteil war nur, dass sie manchmal ein bisschen zu ernst war. Sie sprach oft – positiv – davon, dass jemand »an sich gearbeitet« habe, und wenn sie mit ihren Freunden zusammen war, machten sie manchmal Witze über Leute, die nie eine Therapie gemacht hatten: »Was? Hat sie etwa noch die Persönlichkeit, die ihre Eltern ihr verpasst haben?« Das war ein Witz. Aber wenn man an Rachels Ernsthaftigkeit ein wenig kratzte, dann kam schnell die alte Rachel hervor, und die war sehr lustig.
    Die Nächste bin ich – ich bin dreieinhalb Jahre jünger als Rachel.
    Das Schlusslicht ist Helen, und die ist

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