Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
Vom Netzwerk:
»Da ist gerade irre was los. Komm, ich bring dich zu Victor.«
    Er führte Nick an einem riesigen Aufbau von diversem technischem Gerät vorbei, hinter dem völlig verborgen ein dicklicher Mann saß, ganz in Schwarz. Nick nahm ihn nur am Rande wahr, sein Blick wurde sofort vom Bildschirm angezogen, der mindestens 22 Zoll maß und auf dem ein lila schillernder Echsenmann eben ein wurmartiges Monster niederstreckte. Er war unglaublich geschickt mit dem Schwert und blitzartig in seinen Bewegungen. Die pummeligen Finger des Spielers flogen über die Tastatur und führten die Maus präzise wie ein Skalpell. Der Riesenwurm hatte keine Chance, trotz seiner nadelspitzen Zähne. Zack, war er in zwei Hälften geteilt. Die vordere, die mit den Zähnen, kämpfte weiter, bis die Echse ihr den Kopf abhieb.
    Speedy zog dem Mann einen der Kopfhörer seines Headsets vom Ohr. »Nick ist da!«
    »Ah, perfekter Zeitpunkt! Übernimmst du für mich?«
    »Klar. Nick trinkt übrigens nur Wasser.«
    »Kommt nicht infrage.«
    Der Mann stand auf und streckte sich. Er ging Nick höchstens bis zum Kinn. »Du musst meinen Tee wenigstens kosten. Ich bin Victor.«
    »Freut mich.«
    »Wir gehen nach nebenan, da können wir uns in Ruhe unterhalten.«
    Er setzte Speedy, der schon nach weiteren Feinden Ausschau hielt, sein Headset auf und wies auf eine mit Graffiti übersäte Tür. Nick hatte den Knauf schon in der Hand, da fiel ihm etwas ein.
    »Zerleg den Wurm«, rief er Speedy zu. »Zerhack ihn in möglichst kleine Teile, vielleicht findest du etwas!«
    Speedy hielt einen Daumen hoch und begann, seinen gefallenen Gegner zu zerschnetzeln.
    »Nicht so schnell«, sagte Victor. »Es merkt sonst den Unterschied. Du musst mein Tempo einhalten.«
    Ein tiefes Seufzen entwich Speedys Brust. Der Echsenmann hackte nun langsamer, wenn auch immer noch so schnell und geschickt wie ein japanischer Sushi-Koch.
    »Geh schon mal vor«, sagte Victor. »Ich hole uns Tee.«
    Hinter der Graffiti-Tür befanden sich drei riesige Sofas und ebenso viele Sofatischchen. Kein Stück passte zum anderen. Nick war eigentlich nicht empfindlich, aber allein die Farbkombinationen verursachten ihm leichten Kopfschmerz. Er setzte sich auf das scheußlichste der Sofas – olivgrün mit gelben Rosenblüten und blauen Segelschiffen –, so würde er am wenigsten davon sehen müssen. Sekunden später kam Victor mit einem Tablett zur Tür herein, dessen Anblick Nick klarmachte, dass hinter dem Stilmix System steckte.
    »Viktorianisches Veilchenporzellan oder die Simpsons?«
    »Nachdem du Victor bist, lasse ich dir das Viktorianische«, sagte Nick und nahm eine Tasse in Empfang, auf der Homer über dem Schriftzug »Trying is the first step towards failure« posierte.
    Während Victor mit verzückt geschlossenen Augen an seiner bauchigen Tasse nippte, hatte Nick Gelegenheit, ihn genauer zu begutachten, und schätzte ihn auf etwa zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Jahre. Auf den ersten Blick wirkte er älter, das machte vermutlich der Bart. Ein Musketierbart, über der Lippe lang und gezwirbelt, am Kinn dreieckig spitz. Victor sah aus wie Portos. Gothic-Portos, denn in den Ohren trug er Totenkopfstecker, groß wie Pfundmünzen, und an jedem Finger mindestens einen Silberring – auch hier hätten die Totenköpfe jederzeit eine parlamentarische Mehrheit erzielt, dicht gefolgt von den Schlangen. Zum Ausgleich baumelte ein einsamer Engel an einer Kette um seinen Hals.
    »Trink deinen Tee«, sagte Victor.
    Nick kostete pflichtschuldig und war erstaunt, wie gut er ihm schmeckte.
    »Emily hat uns da etwas wirklich Ungewöhnliches angeschleppt«, stellte Victor nach einem weiteren Schluck Tee fest. »Ich kenne mich ein bisschen mit Computerspielen aus, musst du wissen. Aber etwas wie Erebos habe ich noch nie in die Finger gekriegt.«
    »Hat sie es dir einfach so gegeben?«
    »Keine Spur. Ganz artig im Rahmen des dritten Rituals. Ich bin ihr Novize.« Er zwirbelte seinen Schnurrbart zwischen den Fingern und grinste. »Ich bin auch wirklich noch sehr neu, ich spiele erst seit heute Vormittag.« Er deutete eine Verbeugung an. »Squamato, Echsenmann. Eigentlich wollte ich mich Brockoli nennen, aber da hätte mir der reizende Gnom im Turm beinahe meinen Bronzeschild übergezogen. Erebos ließe sich nicht verhöhnen, hat er mir erklärt. Humor ist nicht die starke Seite dieses Spiels.«
    Er stellte seine Tasse ab. »Aber Interaktivität! Meine Güte!«
    »Es spricht mit dir, ich weiß«, sagte Nick. »Man

Weitere Kostenlose Bücher