Erfolg
Akademie das einmal nachmachen.
Herr Novodny stand wieder neben ihm, redete. »Was halten Sie für einen angemessenen Preis für den Akt?« unterbrach unvermittelt Herr Hessreiter. Herr Novodny, überrascht,blickte Herrn Hessreiter zweifelnd an, wußte, der sonst so Gewandte, nicht, was er sagen sollte, nannte schließlich einen hohen Betrag. »Hm«, sagte Herr Hessreiter. »Danke«, sagte er dann, verabschiedete sich umständlich, entfernte sich.
Kehrte nach fünf Minuten zurück. Sagte in einer gezwungenen beiläufigen Art: »Ich kaufe das Bild.«
Herr Novodny, bei aller Geschicklichkeit, konnte seine Sensation nicht ganz verbergen. Herrn Hessreiter war das nicht angenehm. Wenn schon Herr Novodny so runde Augen machte, was wird Frau von Radolny, was die ganze Stadt zu dem Ankauf des Bildes sagen? Gewiß, dieser Bilderkauf war eine Demonstration. Der ganze Prozeß Krüger und alles rundherum paßte ihm nicht. Aus diesem Gefühl heraus war er umgekehrt, hatte er das Bild gekauft. Aber vor andern auf so knallige Art sich aufzuspielen, war das nicht ein wenig geschmacklos? Genügte es nicht, still und entschieden vor sich selber zu demonstrieren, seine Stellung festzulegen?
Unsicher und etwas schwer stand er vor dem höflich schweigenden Herrn Novodny. »Ich kaufe das Bild im Auftrag eines Freundes«, sagte er schließlich, »und ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie vorläufig nichts davon verlauten ließen, daß ich den Kauf vermittle.« Herr Novodny sicherte das so beflissen zu, daß sein Unglaube und seine Diskretion kilometerweit erkennbar waren. Dann fuhr Herr Hessreiter verdrossen, trotzig, sich wegen seiner Feigheit beschimpfend, befriedigt wegen seines Mutes, in den Justizpalast und setzte sich auf seinen Geschworenenplatz, im Angesicht des Landesgerichtsdirektors Hartl und des Mannes Krüger, in eine Reihe mit seinen Mitgeschworenen, dem Hoflieferanten Dirmoser, dem Gymnasiallehrer Feichtinger, dem Altmöbelhändler Lechner, dem Versicherungsagenten von Dellmaier und dem Briefträger Cortesi.
6
Das Haus Katharinenstraße 94 sagt aus
Der Landesgerichtsdirektor Hartl wandte sich dem Verhör der Hausgenossen des toten Mädchens Anna Elisabeth Haider zu. Fräulein Haider hatte im Hause Katharinenstraße 94 eine Atelierwohnung innegehabt. Katharinenstraße 94 war ein kahles Miethaus, bewohnt von kleinen Kaufleuten, Beamten, Handwerkern. Fräulein Haider war nicht selbständige Mieterin gewesen, vielmehr Untermieterin einer gewissen Frau Hofrat Beradt, deren Sohn Maler und im Krieg verschollen war. Frau Beradts Bekundungen über das tote Fräulein Haider klangen säuerlich. Es hatte bald Zwistigkeiten zwischen dem Fräulein und ihr gegeben. Das Fräulein war schlampig, schmutzig, kam zu unregelmäßigen Zeiten, bereitete sich gegen ausdrückliches Verbot im Atelier auf feuergefährliche Art Speisen und Getränke, zahlte unpünktlich, empfing zweideutige, lärmende Besuche, hielt sich an keine Ordnung. Als die Beziehungen mit dem Angeklagten Krüger begannen, hatte Frau Hofrat Beradt, wie sie mit scharfer Stimme feststellte, dem Fräulein sogleich gekündigt. Aber die damaligen Gesetze schützten leider den Untermieter, es war zu langwierigen Verhandlungen vor dem Mieteinigungsamt gekommen, und es war der Hofrätin nicht geglückt, den lästigen Insassen loszuwerden. Herr Dr. Krüger sei anfangs sehr häufig gekommen, fast täglich, sie wie das ganze Haus hätten an den anstößigen Beziehungen des Herrn zu dem Fräulein Ärgernis genommen. Woraus sie habe entnehmen können, fragte Dr. Geyer, daß diese Beziehungen mehr als freundschaftliche waren. Die Hofrätin Beradt, sich rötend und nach mehrmaligem Räuspern, erklärte, der Herr und das Fräulein hätten auf vertrauliche, geradezu intime Art gelacht, auch habe Herr Dr. Krüger das Fräulein auf der Treppe mehrmals am Arm, an der Schulter, am Nacken angefaßt, wie es zwischen nicht intim Stehenden nicht üblich sei. Ferner seiaus dem Atelier kreischendes Gelächter gekommen, kleine, gekitzelte Schreie, Geflüster, eben anstößige Laute. Ob das Atelier so gelegen sei, daß die Nachbarn ohne weiteres hätten hören können? Es sei zwar ein Zimmer dazwischen gewesen, erklärte die Hofrätin, aber bei angespannter Aufmerksamkeit, in der Nacht, wenn man zudem ein gutes Gehör habe wie sie, dann habe man diese Laute wohl hören müssen. Hören müssen oder können? fragte Dr. Geyer, leicht gerötet und mühsam beherrscht, unter der scharfen Brille unangenehm
Weitere Kostenlose Bücher