Erfolg
hatte. Er war leidend gewesen, erkältet mitten im Sommer, hatte einen seiner bösen Nierenanfälle herannahen spüren. Daß er bei ihr so unmäßig soff und sich ausgab, hatte ihn wohl endgültig aufs Bett geworfen. Es war eigentlich für sie, daß er krank war, weil sie auf jenem Abend bestanden hatte. Das schmeichelte ihr. Sie fand, jetzt war er auf lange mit ihr verbunden, und ihre kluge Methode machte ihr den Mann Klenk lieb und angenehm.
In der Wohnung des Klenk hieß man sie in einem großen Empfangszimmer warten. Schwere, schöne Möbel standen herum, in ihrer Wirkung beeinträchtigt durch Hirschgeweihe an den Wänden. Es dauerte eine Weile, dann kam ein Dienstmädchen und bestellte im Namen von Frau Klenk, der Herr Minister könne sie nicht empfangen. Man nannte nicht einmal einen Grund. Die Insarowa saß auf einmal klein und verfallen, das Mädchen wartete, daß sie gehe. Auf der Treppe begann sie still zu flennen. Im Wagen, der sie zur Probe führte, noch wie ein Schulmädchen aufschnupfend, nahm sie Puderdose, Lippenstift, schminkte sich stärker, mit schnellen, mechanischen Bewegungen.
Klenk unterdessen lag zu Bett. Es war Vormittag, um diese Zeit ging es ihm verhältnismäßig gut. Die damischen Nebel waren fort, diese vertrackte Schwäche und Flauheit, er konnte ohne viel Beschwer die Lider offenhalten. Er spürte, als die Insarowa gemeldet wurde, auch nicht für einen Augenblick Freude, daß jetzt sie zu ihm kam. Nur eine Stinkwut, daß er damals ihrer blöden Laune nachgegeben hatte. Er hatte es deutlich gespürt, daß er nicht auf dem Damm war. Aber als sie am Telefon katzelte mit ihrer kleinen, hilflosen, resignierten Stimme, hatte er einen Sentimentalischen gekriegt. Hatte ihr zeigen wollen, daß er ein Mann sei. Sich benommen wie ein Gymnasiast. Jetzt lag er auf der Nase, verdient hatte er es mit seiner Blödheit, und mußte zuschauen, wie die Scheißkerle ringsherum seine durch die Krankheit erzwungene Passivität benutzten, ihn zu unterminieren. Die Russin war anallem schuld, das Saumensch. Dabei hatte sie es anderen, dem Toni Riedler zum Beispiel, so leicht gemacht. Unverzüglich also und grob, als die Russin gemeldet wurde, schrie er, es sei ein Skandal, wie die Person ihm ins Haus nachlaufe, man solle sie hinausschmeißen. Er empfand Genugtuung, daß er sie verriet. Frau Klenk, die dürre, kümmerliche Geiß, im Zimmer ab und zu gehend, äußerte nichts zu dem Besuch der Russin und zu seinem Ausbruch. Klenk trieb es nicht heimlich, das war nicht seine Art, sie hatte natürlich gehört von dieser Bolschewikin, und sie war ihr ein arger Kummer. Aber sie blieb unbeteiligt jetzt, höchstens die graue Hand, mit der sie ihm die Limonade reichte, zuckte. Es war gute Zeit für sie.
Klenk, nachdem er die Russin hinausgeschmissen hatte, lag schwach und befriedigt in raschen, leicht wirren Gedanken. Er dachte an sein Arbeitszimmer im Ministerium, an eine geplante Unterredung mit seinem württembergischen Kollegen, an den Geheimrat Bichler, an seinen Sohn Simon, den Bams, der sich kräftig aufmandelte. Er hatte ihn lange nicht mehr gesehen. Er hätte ihn eigentlich gern dagehabt. Wahrscheinlich wäre er nicht so leis und sorglich gewesen wie seine Frau. Aber lieber wäre es ihm doch, er trampelte mit seinen festen Beinen um sein Bett herum als das behutsame, schleichende Weibsstück, und er sah auf sie mit unguten Augen.
Währenddes kam der Arzt, der stille, scharfe Dr. Bernays. Der kleine, schlecht angezogene Mann untersuchte ohne viel Worte. Wiederholte seine alten Weisungen: reizlose Kost, Ruhe, keine Aufregungen. Als der Klenk ergrimmt zurückfragte, wie er sich das vorstelle, meinte er kühl, das sei nicht seine Sache. Auch auf die Frage des Ministers, wie lange das noch dauern solle, hatte er nur ein Achselzucken. Der Arzt gegangen, ärgerte sich Klenk, daß er für den Vormittag noch zwei Leute herbestellt hatte, den schleimig eleganten Hartl und den frechen, aufsässigen Toni Riedler. Nicht weil er sich vor den Aufregungen fürchtete, ärgerte er sich, sondern weil ersich infolge seiner Krankheit diesen bösartigen Partnern nicht gewachsen fühlte. Ihnen absagen, zeigen, daß er Schwäche aufkommen spürte, wollte er auch nicht.
Dann sitzt der Hartl an seinem Bett, redet jovial optimistisch auf ihn ein. Wie er zur Sache kommt, zeigt sich, daß die Unverschämtheit dieses Reptils noch dicker ist, als der Minister sich vorgestellt hat. Der Hartl erachtet wie mit Absicht überall das genaue
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