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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Gesichts, als ihm einmal ein Spezi hinterbracht hatte, daß der Dr. Krüger ihn einen begabten Dekorateur genannt hatte, und sie begriff sehr gut, daß er den Kauf des von diesem Manne propagierten Bildes, noch dazu von seiten eines Münchners und für einen hohen Preis, als persönliche Kränkung empfand. Sie, besser als seine Frau und seine Tochter, kannte ihn. Ja, er war wirklich einmal revolutionär gewesen, aber er war auf seiner Manier, die sich später als nur modisch erwiesen hatte, sitzengeblieben. Er war alt geworden; wenn er sich nicht beobachtet glaubte, sie, die Kassierin Zenzi, wußte es, hatte er einen runden Rücken. Die Kellnerin Zenzi kannte das gut, wenn er so schimpfte. Das waren eigentlich nicht die andern, über die er loszog, sondern ihn stach, zwickte, ärgerte sein eigener Niederbruch. Sie war dann immer besonders mütterlich zu ihm, sänftigte ihn, bis er, heiser von derhadernden Bemühung, sich an seine erkalteten Würstchen machte.
    In den Lärm des allgemeinen Gezänks hinein kam ein nagelneues, dunkelgrünes Auto. Ihm entstieg mit gutmütig schlauem, hartfaltigem, strahlendem Bauerngesicht der Maler des »Crucifixus«, Andreas Greiderer. Zutraulich kam er, breiten Schrittes, an den Tisch der großen Kollegen. Er war dort immer gern geduldet worden, als Konkurrent kam er nicht in Frage; sein einfältig pfiffiger Bauernwitz, seine Kunstfertigkeit auf der Mundharmonika hatten ihm einen Platz in der Runde verschafft. Allein heute, wie er mit einer gutmütig ironischen Anmerkung über seinen Schwammerling von Erfolg an den Tisch trat, stieß er auf saure, zugesperrte Gesichter. Man zeigte sich nicht geneigt, zusammenzurücken, niemand bot ihm Platz an. Eine Stille entstand, von dem großen Bierlokal jenseits des Platzes tönte die Blechmusik herüber, eine getragene Volksweise, zu Mantua in Banden liege der treue Hofer. Betreten von dieser Wirkung, zog sich der Maler Greiderer zurück, ging in das Hauptlokal, geriet an die Männer der Opposition. Unter anderen Umständen hätten die Herren Wieninger und Gruner den von dem Kultusminister befehdeten Maler aus Demonstrationsgründen willkommen geheißen; aber heute wünschten sie ihn bald wieder weg, richtig vermutend, solange sie ihn nicht los seien, werde aus dem ersehnten, sonntäglich üblichen, jovial kämpferischen Beisammensein mit den Großkopfigen nichts werden. Sie gaben sich also immer eintöniger, tranken, rauchten, beschränkten sich auf Hm’s und Ha’s. Der Maler merkte lange nicht, daß er die Ursache dieser strohernen Stimmung sei, endlich dann, es doch spannend, entfernte er sich in dem dunkelgrünen Auto, während alle ihm nachschauten.
    Jetzt aber, statt seiner, kamen endlich Flaucher und der Dichter Dr. Pfisterer herüber an den Tisch im Hauptlokal. Denn es hatte sich die Gewohnheit herausgebildet, daß die Minister der regierenden Partei, dem Kleinbürgertum der Opposition auf solche Art schmeichelnd, an den Sonntagvormittagenbeim Frühschoppen zu den Abgeordneten im Hauptlokal herüberkamen, um sich auf joviale Art mit ihnen herumzustreiten. Da saßen sie nun, diese Politiker der bayrischen Hochebene. Man sprach höflich miteinander, pürschte sich vorsichtig aneinander heran. Herr Franz Flaucher, den massigen, kurzen Oberkörper in einem langen, schwarzen, abgetragenen Rock, sprach auf Herrn Wieninger ein, manchmal leicht knurrend, mit gemachter Höflichkeit; der Dichter Pfisterer beschäftigte sich mit Ambros Gruner, haute ihm gemütlich die Schulter.
    Dr. Geyer fand die vier Männer alle aus einem Stoff, aus dem dumpfen Stoff des Landstrichs, schlau, eng, ohne Horizont, winklig wie die Täler ihrer Berge. Ihre derben Stimmen, gewöhnt, über dem Lärm lauter Versammlungen durch Bierdunst und schlechten Zigarrenrauch zu dringen, suchten sich zu gemäßigt verbindlichem Ton zu dämpfen, quälten sich ein ungelenkes Schriftdeutsch ab, durch das ihr harter, breiter Dialekt immer wieder durchbrach. Sie saßen massig auf ihren festen Holzstühlen, sich zulächelnd mit derber Höflichkeit, schlaue Bauern, einander beim Viehhandel keineswegs trauend.
    Es ging um eine Personalfrage. Man hatte vor kurzem eine Altersgrenze festgesetzt. Hatten Staatsbeamte das sechsundsechzigste Lebensjahr erreicht, so wurden sie pensioniert. Nur in Ausnahmefällen konnte die Regierung schwer zu ersetzende Beamte in ihren Stellungen belassen. Diese Ausnahmebestimmung wollte der Kultusminister anwenden auf einen Historiker der Münchner

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