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Erfrorene Rosen

Erfrorene Rosen

Titel: Erfrorene Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Kilpi
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hinein, doch dahinter ist alles in Dunkelheit gehüllt. Er hält den Griff seiner Taschenlampe probeweise an die Stelle, wo er die Fensterscheibe treffen soll, holt zum Schlag aus, erstarrt dann aber. Olli sieht ihn fragend an. Tossavainen blickt mit ernster Miene zurück. Er will die Bedeutung dieses Augenblicks betonen. Denn der Schlag mit der Taschenlampe wird möglicherweise eine entscheidende Wende einleiten.
    Die Fensterscheibe klirrt, die Tür geht auf und die beiden Männer stoßen erneut ins Unbekannte vor. Schon der erste Eindruck ist ganz anders als im Erdgeschoss. Allein der Geruch verrät, dass hier jemand lebt. Es ist eine Mischung aus menschlichen Ausdünstungen, Kaffee, Essen, schmutziger Wäsche, sauberer Wäsche, mehrfach ein- und ausgeatmeter Luft.
    In der kleinen Diele liegen Gummistiefel und alte, abgelaufene Turnschuhe. An der Garderobe hängen eine alte Trainingsjacke und ein verschlissener Pullover. Am Ende der Diele befindet sich ein Vorhang, der als Tür dient. Tossavainen schiebt ihn ein Stück beiseite, späht dahinter und zieht ihn dann mit einem Ruck auf.
    Hinter dem Vorhang wird eine kleine Mansardenwohnung sichtbar, mit einer schönen Junghans-Wanduhr, einem Feldbett und einem Wandteppich, auf dem Auerhähne kämpfen.
    Schweigend stehen Olli und Tossavainen an der Tür. Sie wissen, dass sie die Höhle gefunden haben. Von nun an wird die Jagd wesentlich leichter werden.
    Im selben Moment ist etwas zu hören. Ein Geräusch von draußen: Ein Fuß wird auf die unterste Treppenstufe gesetzt. Zuerst zweifelt Olli an seiner Wahrnehmung und wagt nichts zu sagen. Dann hört er es erneut. Er zupft Tossavainen am Ärmel, zeigt auf die Tür und hält sich einen Finger an die Lippen. Wieder zwei Schritte. Dann nichts mehr.
    Olli und Tossavainen sehen sich an. Fliehen können sie nicht. Bewaffnet sind sie auch nicht. Ihre Dienstpistolen liegen brav im Polizeigebäude.
    Wieder sind Schritte zu hören. Nun nähern sie sich vorsichtiger. Schleichend.
    Ein Versteck. Irgendwo, sofort. Sie müssen den Überraschungseffekt nutzen. Etwas finden, was sich als Schlagwaffe eignet. Die Schritte kommen näher, sind schon fast an der Tür. Olli muss sich eingestehen, dass keine Behelfswaffe zu finden ist. Wenn er sich doch wenigstens verstecken könnte. Noch hätte er Zeit. Aber da geht die Tür schon auf.
    Jemand setzt einen Fuß in die Diele, gleich darauf den zweiten. Die Tür schließt sich wieder. Eine schwarze Gestalt bleibt im Halbdunkel stehen und bemerkt den zurückgezogenen Vorhang und das dahinterliegende Zimmer. Der Ankömmling weiß, dass er nicht allein ist. Andernfalls wäre er wohl gleich in die Stube gegangen. Olli ist davon überzeugt, dass der Fremde in der nächsten Sekunde das Pochen seines Herzens hören wird, denn er steht dicht neben seinem Versteck zwischen Garderobe und Wand. So nah, dass ihn sogar Mundgeruch verraten würde.
    Die Gestalt scheint eine Ewigkeit reglos im Dunkel zu warten, bevor sie den ersten vorsichtigen Schritt macht, dem bald der zweite folgt. Sie geht an Olli vorbei, der nun in ihrem Rücken steht. Er weiß, dass er sich in einer günstigen Position für einen Überraschungsangriff befindet, doch ein Gefühl verzweifelter Unsicherheit lähmt ihn, macht ihn handlungsunfähig.
    Die Gestalt bleibt stehen, lauscht und dreht sich um. Olli weiß, dass sie ihn wahrgenommen hat. Er hält den Atem an. Dennoch kommt die Gestalt direkt auf ihn zu. Er begreift nicht, was ihn verraten hat. Er hat doch nichts falsch gemacht. Vielleicht liegt es tatsächlich am Geruch? Die Gestalt bleibt einen Meter vor ihm stehen. Nur der schmale Rand der Garderobe trennt die beiden. Die Trainingsjacke verdeckt Olli nur dürftig. Während er versucht, mit der Wand hinter ihm zu verschmelzen, drängt es ihn immer heftiger zu schlucken. Es fällt ihm viel leichter, den Atem anzuhalten, als dem Schluckreflex zu widerstehen. Die Gestalt streckt den Arm aus und fasst nach der Trainingsjacke, streift Olli beinahe. Nun kann er sich nicht mehr beherrschen. Er muss einfach schlucken.
    Im selben Moment bricht die Hölle los. Ohrenbetäubendes Gebrüll füllt nicht nur den schmalen Flur, sondern die ganze Wohnung. Die Gestalt wird gegen die Garderobe geschleudert und fällt bäuchlings auf den Boden, den unverständliche Worte brüllenden Tossavainen über sich. Zu Ollis Füßen wälzt sich eine Masse, an der erst nach und nach Einzelheiten zu erkennen sind. Tossavainen behält die Oberhand, er kniet auf

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