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Erinnerung Des Herzens

Erinnerung Des Herzens

Titel: Erinnerung Des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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so teilen, wie sie es wünschen.«
    Julia hörte nur noch dies. Die leiernde Stimme des Anwaltes konnte das Dröhnen in ihren Ohren nicht übertönen. Sie konnte sehen, wie sein Mund sich bewegte, wie seine dunklen, scharfen Augen sie anblickten. In ihrem Arm spürte sie ein Kribbeln, als wäre er eingeschlafen. Dann griff Paul nach ihrer Hand.
    Sie sprang auf, ohne sich dessen bewusst zu sein. Blindlings stolperte sie wie eine Betrunkene hinaus auf die Terrasse. Hier war Leben. Die Bienen summten um die Blumen, die Vögel zwitscherten fröhlich. Und hier war frische Luft. Sie konnte sie tief in ihre Lungen pumpen.
    »Nimm es leicht.« Paul legte ihr eine Hand auf die Schulter. Seine Stimme klang leise und sanft.
    »Ich kann das nicht.« Ihre Stimme klang viel zu dünn, viel zu zitterig, um ihre eigene zu sein. »Wie kann ich das annehmen? Es ist nicht richtig, dass sie mir überhaupt irgendetwas vermacht hat.«
    »Sie hat es für richtig gehalten.«
    »Du weißt nicht, was ich ihr an den Kopf geworfen habe, wie ich sie an diesem letzten Abend behandelt habe. Und außerdem - du lieber Himmel, Paul, sie schuldete mir nichts.«
    Er hob ihr Kinn und zwang sie, ihn anzuschauen. »Ich glaube, du bist vor allem deshalb so erschrocken, weil du spürst, was du ihr schuldest.«
    »Mr. Winthrop, entschuldigen Sie bitte.« Greenburg nickte beiden zu. »Es ist mir klar, dass dies ein schwieriger Tag für Sie ist, für uns alle, aber da ist noch eine Sache. Miss Benedict hat mich gebeten, mich darum zu kümmern.« Er hob einen wattierten Umschlag in die Höhe. »Das ist eine Kopie des Videobandes, das sie aufgenommen hat. Sie hat besonderen Wert darauf gelegt, dass Sie beide es sich nach der Eröffnung des Testaments anschauen.«
    »Danke.« Paul nahm den Umschlag entgegen. »Sie hätte Ihre Tüchtigkeit zu würdigen gewusst.«
    »Zweifellos.« Ein leiser Anflug eines Lächelns glitt über sein Gesicht. »Sie war ganz Frau - lästig, anspruchsvoll, rechthaberisch. Ich werde sie vermissen.« Sein Lächeln war wieder verschwunden. »Wenn Sie mich brauchen, zögern Sie bitte nicht, mich anzurufen. Es werden vielleicht Fragen auftauchen bezüglich einiger ihrer Immobilien oder anderer Dinge. Wenn Sie dann soweit sind, wird es für Sie noch einigen Papierkram zu erledigen geben. Mein Beileid.«
    »Ich möchte Miss Summers gern bald heimbringen«, sagte Paul. »Aber vorher werden wir ins Haus gehen, um uns das Videoband anzusehen. Dafür wären wir gern ungestört. Könnten Sie uns vielleicht - abschirmen?«
    In Greenburgs Augen lag ein Funkeln, als amüsiere er sich über den Vorschlag. »Es wird mir ein Vergnügen sein.«
    Paul wartete, bis sie wieder allein auf der Terrasse waren. Durch die Glastüren, die der Anwalt hinter sich geschlossen hatte, hörte man erhitzte Stimmen und Schluchzen. Der alte
    Mann würde viel zu tun haben, dachte er, dann schaute er Julia an. Ihre Augen waren wieder trocken, das Gesicht ruhig und gefaßt. Aber sie war sehr blaß.
    »Vielleicht ist es das beste, wenn wir in Eves Zimmer nach oben gehen, um uns das hier anzusehen.«
    Julia starrte auf den Umschlag in seiner Hand. Ein Teil von ihr, der, den sie als Feigling bezeichnete, wollte sich umdrehen, Brandon holen und sofort mit ihm in den Osten heimfahren. Konnte sie sich nicht, wenn sie es nur ernsthaft genug versuchte, davon überzeugen, dass alles nur ein Traum gewesen war? Vom ersten Anruf, der ersten Begegnung mit Eve bis hin zu diesem Augenblick?
    Sie schaute zu Paul und begegnete seinem Blick. Dann wäre auch er nur ein Traum gewesen. Er und alles, was sie miteinander erlebt hatten. All diese zarten Hoffnungen würden sich in nichts auflösen.
    »In Ordnung.«
    »Gib mir eine Minute Zeit.« Er drückte ihr den Umschlag in die Hand. »Nimm den anderen Hauseingang. Ich werde da sein.«
    Es war nicht einfach, die Tür zu öffnen und den Raum zu betreten, in dem Eve geschlafen und geliebt hatte. Es roch nach Blumen, Möbelpolitur und dem ganz persönlichen Duft, der Eve umgeben hatte.
    Travers hatte natürlich gründlich aufgeräumt. Julia strich mit einem Finger über den dicken Satinüberwurf in Saphirblau, der das Bett bedeckte. Sie hatte sich einen Sarg in derselben Farbe ausgewählt, dachte sie und zog ihre Hand blitzschnell zurück. Aus Ironie oder aus Gründen der Behaglichkeit?
    Sie schloß die Augen und lehnte den Kopf an das kühle Holz des Bettpfostens. Einen Augenblick lang, nur einen einzigen Augenblick, erlaubte sie sich, nur zu

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