Erlöst mich: Thriller (German Edition)
gekümmert und sie aus der Bucht heraus aufs offene Meer der Verde Island Strait manövriert, während die anderen das Blut vom Deck gewischt, die Leiche an den Anker gebunden und über Bord gehievt hatten. Das Wasser, das wusste Anil, war hier Hunderte von Metern tief, und es war unwahrscheinlich, dass jemand den Toten finden würde. Und selbst wenn, es spielte keine Rolle. In Puerto Galera kannten sie niemanden, und niemand hatte sie an Bord gehen sehen.
Anil spürte die Erregung, als der Wind ihm durch die Haare blies. Wenn Allah es wollte, würden sie in nicht mal einer Stunde im Besitz der Bombe sein, die Furcht und Verderben über die Yankee-Kaffer und ihre Verbündeten im Norden der Insel bringen würde. Es hatte Monate gedauert, bis das Geld, um sie zu besorgen, aus Übersee beschafft und durch dunkle Kanäle zu ihnen gelangt war. Und jetzt hatte Omars Verrat die amerikanische Botschaft in Alarmbereitschaft versetzt.
Doch das würde den Yankees nichts nützen. Sie konnten ruhig ihre Sicherheitskräfte verdoppeln. Oder verdreifachen. Je mehr desto besser. Denn die tödliche Gewalt der Bombe würde so immens sein, dass sie einige Hundert Meter von der Botschaft entfernt detonieren und trotzdem alles, was sich auf ihrem Gelände befand, vernichten konnte. Und nicht nur die Botschaft, sondern die ganze reiche Gegend mit ihren Villen und den Hotels der Ungläubigen.
Anil war die Ehre zugebilligt worden, das Auto zu steuern, in dem die Bombe sein würde. Mohammed sollte auf dem Beifahrersitz sitzen und den Auslöser nach unten drücken. Falls die Yankees Mohammed trafen, würde sein Finger abgleiten und die Bombe automatisch explodieren. Ihr Plan konnte nicht fehlschlagen. Anils Zelle, das Schwert des Islam, würde in der ganzen Welt bekannt und gefürchtet. Sein Name würde mit Ehrfurcht ausgesprochen – der gerechte Lohn für seinen Dienst an Allah und der Sache.
Eine Stunde noch. Länger würde es nicht dauern. Dann hielten sie die Bombe in ihren Händen.
Und wenn morgen Abend die Nacht hereinbrach, wäre er ein Held der islamischen Welt.
50
Darauf lief es also hinaus. Der letzte Akt eines gewalttätigen Lebens stand bevor. Eines Lebens, das so vielversprechend begonnen hatte. Doch jetzt bekam ich die Gelegenheit, die Dinge zurechtzurücken, indem ich Paul Wise tötete und – falls Tinas Theorie stimmte – eine Bombe abfing, die dazu bestimmt war, Tausende unschuldiger Leben auszulöschen.
Ich musste einfach Erfolg haben. Nur dann würde ich in Frieden ins Grab sinken können, in dem Wissen, dass ich für meine vielen Sünden der vergangenen fünfzehn Jahre gesühnt hatte.
Die Angst ergriff von mir Besitz. Doch nicht die Angst zu versagen. Nein, die Angst vor dem Tod. Ich wollte nicht sterben, nicht in eine Finsternis stürzen, aus der ich nie wieder würde auftauchen können. Nicht ohne mein Kind gesehen zu haben. Nicht ohne einen letzten Blick auf Emma zu werfen, die einzige Frau, die ich je geliebt hatte. Nicht ohne noch einmal die frische Luft von Luang Prabang einzuatmen. Aber all das war jetzt endgültig außer Reichweite, und ich konnte niemand anderes dafür verantwortlich machen als mich selbst. Ich hatte zu viele Menschen in die ewige Finsternis geschickt, darunter einige, die es nicht verdient hatten. Nun schien meine Zeit gekommen.
Es war kurz vor sieben, als ich den Toyota in einen schmalen Weg manövrierte, der sich einen steilen Hügel zum Meer hinabwand. Unten befand sich ein privates Dock, das Tomboy und ich früher als Anlegestelle benutzt hatten, um unsere Gäste direkt zum Resort in Big La Laguna Beach überzusetzen. Unser Plan war einfach: Wir wollten ein Boot stehlen und Kurs auf Verde Island nehmen, dessen grüne, von ein paar einsamen Lichtern nur spärlich beleuchtete Hügel ich in der Ferne erkennen konnte.
Die Fahrt hierher war lang und anstrengend gewesen. Ich hatte praktisch jede auf den Philippinen geltende Verkehrsregel gebrochen. Aber wir hatten es geschafft, und am Ende war Tina sogar für eine halbe Stunde eingeschlafen. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, sie nicht zu wecken. Sie hatte den Kopf gegen die Scheibe gelehnt, den Mund einen Spaltbreit geöffnet und wirkte so friedlich, dass ich sie am liebsten hätte schlafen lassen. Doch als ich den Wagen auf einem kleinen, ins Dickicht geschnittenen Parkplatz zum Stehen brachte und den Motor abstellte, öffnete sie die Augen und gähnte.
»Ich fass es nicht. Ich bin eingeschlafen«, sagte sie und schaute sich
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