Erlöst mich: Thriller (German Edition)
traute. Doch Nargen hatte schon viele solcher Typen erlebt, das brachte sein Job mit sich, und solange sie ihn für seine Dienste bezahlten, war es ihm egal.
»Wo ist der andere?«
»Tot.«
»Gut. Sehr gut. Hervorragend.«
Wise ging auf Tina zu und packte sie an den Haaren, sodass sie ihm ins Gesicht sehen musste. Tina wehrte sich
gegen Nargens Griff, deshalb rammte er ihr das Knie in die Nieren und riss ihr erneut die Arme nach oben.
»Du dreckige kleine Nutte«, zischte Wise und verzog die Lippen zu einem hässlichen Grinsen. Er sah aus wie ein Junge, der einer Fliege die Flügel ausreißt. Dann räusperte er sich und spuckte ihr ins Gesicht.
»Jetzt gehörst du mir. Mir ganz allein.«
»Fick dich«, zischte Tina zurück und versuchte, ihm einen Kopfstoß zu versetzen.
Wise’ Augen blitzten hasserfüllt. »Auf die Knie mit ihr!«, brüllte er Nargen an. »Sofort.«
Nargen ließ sich ungern anbrüllen, auch nicht von einem Kunden, aber für hunderttausend Dollar schluckte er seinen Stolz hinunter und trat Tina die Beine weg. Dann drückte er sie mit der Hand zu Boden.
»Ja, wunderbar«, schrie Wise und trat ihr ins Gesicht. Er hatte nicht voll zugetreten, doch der Spann seines blank polierten schwarzen Schuhs traf sie mitten auf die Nase.
»Gut so, halt sie fest«, befahl er, ging einen Schritt zurück und trat erneut zu.
Diesmal erwischte er sie unter dem Kinn, und ihr Kopf wurde schmerzhaft zurückgerissen. Tina wollte sich zur Seite wälzen, aber Nargen hatte sie eisern im Griff. Wise dachte, er habe ihr die Nase gebrochen. Zumindest blutete sie aus beiden Löchern, kleine Bäche tropften auf die Marmorfliesen. Ihre Gegenwehr ließ nach.
Als er die Pfütze sah, verzog Wise das Gesicht. »Dreckige Schlampe. Los, bring sie hier rüber.«
Nargen zog sie hoch, und Wise geleitete sie einen hell erleuchteten Flur entlang. Etwa in der Mitte blieb er neben einer mit Palmwedeln dekorierten chinesischen Vase stehen,
die ihm bis zur Hüfte ging. Vorsichtig rückte er sie zur Seite und drückte dann seine Handfläche auf eine Stelle, die in Kopfhöhe an der Wand erkennbar war.
Eine niedrige, von Wandmalerei verborgene Tür öffnete sich, und Wise zog den Kopf ein und ging hinein.
Nargen schaffte es kaum, sich und Tina hindurchzuzwängen, dann musste er sie eine Treppe hinunterbugsieren, bis sie in einem fensterlosen, aber grell ausgeleuchteten Kellerraum standen, in dessen Mitte sich ein einzelnes Bett mit einem Stahlgestell befand. Die von der Klimaanlage brutal gekühlte Luft roch fast unerträglich nach Desinfektionsmitteln, und die Oberflächen waren sämtlich blank geschrubbt. Direkt über dem Bett hingen riesige Halogenleuchten, und da auf einem Edelstahltisch neben dem Bett auch noch chirurgische Instrumente lagen, fühlte Nargen sich stark an einen Operationssaal erinnert, nur die Ledermaske am Kopfende sowie die Ketten und Fesseln an den vier Streben störten das Bild.
»Leg sie da drauf«, sagte Wise und tätschelte die harte Matratze, die, wie Nargen erst beim Näherkommen bemerkte, an zahlreichen Stellen resistente Blutflecken aufwies.
Als er sie aufs Bett warf, erkannte er, dass, obwohl ihr Gesicht schmerzverzerrt war, ihre Augen immer noch wach alles verfolgten. Wise’ Rotz klebte an ihrer Wange, ein Anblick, der Nargen leicht schwindeln ließ. Trotzdem hielt er sie weiter fest und wartete mit auf ihren Kopf gerichteter Pistole, bis Wise ihr die Ledermaske übergestreift und besonders fest zugezogen hatte. Da ihre Hände noch auf den Rücken gefesselt waren, machte er sich nicht die Mühe, ihr die Hände anzuketten, sondern spreizte nur ihre Beine und
befestigte sie in den Schellen am Fußende. Die ganze Zeit über starrte Tina ihn verächtlich an und bewies einen Mut, den Nargen bewunderte. Sie war klug genug zu wissen, dass es keine Gnade geben würde, machte auch keinen Versuch, darum zu betteln.
»In Ordnung«, sagte Wise, als er fertig war. »Du kannst uns jetzt allein lassen. Ruf mich auf dem Handy an, wenn unsere Gäste eintreffen.«
Nargen drehte sich um und ging wortlos die Treppe hinauf, ohne sich noch einmal umzusehen. Er war froh, dem Gestank nach Desinfektionsmitteln zu entkommen und die Gegenwart dieses kranken Gehirns nicht länger ertragen zu müssen. Männer wie Wise hatte er noch nie verstanden. Männer, die keine Kontrolle über ihre Emotionen hatten und sich daran aufgeilten, jemanden zu töten. Töten war ein Handwerk, das mit Vorsicht und Bedacht ausgeübt werden
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