Erlöst mich: Thriller (German Edition)
weitere, die Einträge in Linkedin hatten, und …
Sie erstarrte. Da fast ganz unten war es. Das, wonach sie suchte.
Sie klickte darauf und begann zu lesen, und je weiter sie las, desto höher kroch die Eiseskälte ihr Rückgrat hinauf.
Denn nun wusste sie genau, warum Nick Penny hatte sterben müssen.
13
In der düsteren, dunkelsten Stunde kurz vor dem Morgengrauen kam ich bei der Adresse an, die Schagel mir gegeben hatte. Es war ein kompakt wirkendes, zweigeschossiges Haus in einer ruhigen Wohngegend, das hinter einer dicht bewachsenen und mit Stacheldraht bewehrten Mauer versteckt war. Allerdings hatte es wohl schon bessere Tage gesehen.
Die Straße war leer und ruhig, als ich an dem eisernen Tor ankam, und im Haus war alles dunkel. Eine Metallplakette wies mich darauf hin, dass das Grundstück von einer Firma namens AAA Emergency Response Inc. überwacht wurde, was mich nicht weiter beunruhigte, denn selbst wenn mein Opfer die Gelegenheit haben sollte (die ich ihm nicht geben würde), den Notruf auszulösen, würde es mindestens noch fünf Minuten dauern, bis sie beim Haus eintrafen. Und da wäre ich längst über alle Berge.
Für den Fall, dass irgendwo eine verborgene Überwachungskamera installiert war, zog ich den Schirm meiner Baseballkappe tiefer, und nachdem ich den Schlüssel herausgesucht hatte, streifte ich mir Latexhandschuhe über und öffnete vorsichtig das Tor. Trotzdem gab es ein lautes Quietschen von sich.
Ich ging hinein, schloss das Tor hinter mir. Ich nahm die
Pistole aus der Jacke und schraubte den Schalldämpfer auf. Ich befand mich in einem kleinen eingehegten Garten, in dem zahlreiche Kübel mit tropischen Pflanzen standen. Süß duftende Bougainvillea rankte sich an der Hauswand hoch, und auf einer kleinen Terrasse standen ein Tisch und ein paar Stühle vor einer verschlossenen Doppeltür. Das Ganze wirkte wie aus der Kolonialzeit, und als ich zur Haustür schlich, fiel mir auf, dass die Bewohner sich große Mühe mit ihrem Anwesen gegeben hatten. Wenn ich in Manila wohnen müsste, würde ich mir ein ganz ähnliches Plätzchen suchen.
Die Nachbarhäuser befanden sich jeweils gut zehn Meter entfernt, was den Ort zum perfekten Schauplatz eines Mordes machte, denn es war äußerst unwahrscheinlich, dass irgendjemand die Schüsse hören würde.
Ich sah auf die Uhr. 06:16. Ich hatte ein paar Stunden geschlafen und war wach, aber nicht erholt. Als ich vorhin das Handy wieder eingeschaltet hatte, hatte ich bereits zwei entgangene Anrufe von Schagel erhalten. Den einen um 03:30, den anderen eine Stunde später. Das sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Mich anzurufen, während ich einen Job erledigte, war sowohl gefährlich – das Telefon konnte im falschen Moment klingeln – als auch ein Zeichen von Ungeduld, die ich einem Vollprofi wie Schagel nicht zugetraut hätte. Das beunruhigte mich.
Ich überprüfte nochmals, ob das Handy ausgeschaltet war, und benutzte dann die beiden anderen Schlüssel, um die Haustür zu öffnen. Befriedigt nahm ich zur Kenntnis, dass das Opfer keinen Riegel vorgeschoben hatte. Offensichtlich hatte Schagel recht gehabt, als er sagte, das Opfer erwarte keine Schwierigkeiten. Oder es war extrem sorglos.
Durch die Diele schlich ich zur Treppe und versuchte dabei ohne Erfolg, die Fotos an den Wänden zu ignorieren. Familienbilder, auf denen oft der grauhaarige Mann im Mittelpunkt stand, den ich gleich erschießen würde. Daneben fanden sich eine attraktive, schon etwas ältere Filipina, seine Frau wahrscheinlich, und zwei Kinder, beides Jungs.
Auf manchen der Fotos waren sie noch sehr klein, aber auf den neueren waren sie bereits junge Erwachsene Anfang zwanzig. Mir schoss durch den Kopf, dass einer der beiden vielleicht zu Hause sein würde, verwarf den Gedanken aber gleich wieder. Schagel hätte das gewusst und es mir mitgeteilt. Obwohl ich den Mann nicht mochte, vertraute ich doch seinen Informationen voll und ganz.
Trotzdem gefiel mir die Vorstellung, einen Mann in seinen eigenen vier Wänden zu töten, überhaupt nicht. Und die, seine Frau ebenfalls ausschalten zu müssen, noch viel weniger. Zusammen im Ehebett. Das war mir zu persönlich, denn es demonstrierte mir, was ich alles zerstörte. Nicht nur zwei Leben. Sondern eine ganze gemeinsame Geschichte.
Nur zwei Mal hatte ich in der Vergangenheit jemanden in seinem Haus ermordet. Beides lag schon sehr lange zurück, und die Opfer waren brutale, kranke Killer gewesen und hatten verdient, was sie
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