Erlöst mich: Thriller (German Edition)
O’Riordan. Sie glaubte, er verbringe den Nachmittag mit Freunden, und dabei sollte es bleiben.
Doch sobald er sein Apartment betrat, merkte er, dass es dafür längst zu spät war. Soraya saß in ihrem Lieblingssessel, aber damit endete schon die Normalität. Ihr Mund war geknebelt und ihre Hände waren gefesselt. Über dem Knebel weiteten sich ihre Augen vor Schreck.
Omar japste nach Luft, einen Moment lang war er unfähig
zu begreifen, was vor sich ging. Doch selbst in ihrem Schrecken versuchte Soraya, ihm mit den Augen Zeichen zu geben.
Doch bevor er sich umdrehen konnte, wurde er hart von hinten gepackt und spürte ein Messer an der Kehle.
»Auf die Knie, Verräter«, zischte ihm eine bekannte Stimme zu, und er wurde grob zu Boden gedrückt, bis er auf dem Bauch lag. Aus seiner Lage konnte er sehen, dass Sorayas Kleid blutgetränkt war. Angst und Schrecken ergriffen von ihm Besitz.
Mindestens zwei Männer hielten ihn am Boden fest, und obwohl ihn eine unbändige Wut über das, was sie seiner Frau angetan hatten, überkam, erkannte er, dass jede Gegenwehr sinnlos war. Nicht mit einem Messer an der Kehle.
»Was ist hier los?«, keuchte er und versuchte, wenigstens ein bisschen Kontrolle zurückzugewinnen, obwohl er spürte, wie sich seine Eingeweide verkrampften. Er wusste, wozu diese Männer fähig waren.
»Du weißt am besten, was los ist«, zischte die Stimme wieder. »Was hast du dem Journalisten erzählt?«
»Nichts, ich schwöre, nichts«, antwortete Omar und schaffte es endlich, Augenkontakt mit Soraya herzustellen. Er versuchte ihr zu bedeuten, dass er die Lage in den Griff kriegen und die Männer daran hindern würde, ihr noch mehr Leid zuzufügen. »Bitte, lasst meine Frau gehen, sie ist schwanger«, sagte er laut.
Doch während er das sagte, sah er einen dritten Mann aus der winzigen Küche kommen. In der einen Hand hatte er eine Nagelpistole, in der anderen ein Schlachtermesser. Es war Anil, und er wirkte völlig ruhig. Aber das war er eigentlich immer. Selbst beim Töten.
»Bitte, Anil«, flüsterte Omar und spürte, wie das Messer beim Sprechen seine Haut ritzte. »Lass Soraya gehen. Sie hat nichts getan.«
»Aber du, Omar«, sagte Anil verschlagen, »aber du. Nicht wahr? Wem hast du es erzählt?«
»Niemand.«
»Was ist mit dem Journalisten?«
Omar hatte keine Ahnung, wie sie das mit O’Riordan herausgefunden hatten. Er hatte äußerst vorsichtig sämtliche Spuren verwischt, und er hatte O’Riordan überhaupt nur angesprochen, weil er geglaubt hatte, ein erfahrener Journalist würde das ebenfalls tun. Doch letztlich spielte es keine Rolle mehr. Sie wussten Bescheid. Was bedeutete, dass Omar die Wahrheit würde sagen müssen. Er war erledigt, so viel war ihm klar. Aber wenn es eine Chance gab, Soraya lebend hier herauszubekommen, dann wollte er sie nutzen.
»Okay, wir haben uns eben erst verabredet. Das ist alles. Und der Journalist war nicht da.« Er ignorierte das Messer und hob den Kopf, bis er Anil in die Augen sehen konnte. Von Mann zu Mann. »Hör zu, ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe …«
»Das hast du, Omar, das hast du.«
»Aber Soraya hat nichts getan. Sie ist schwanger.«
»Das hast du bereits erwähnt.«
»Bitte, tu ihr nichts, Anil. Ich schwöre, niemand außer mir kennt die Einzelheiten. Niemand.«
Anil sah Omar verächtlich an und befahl seinen Männern, ihn festzuhalten.
Plötzlich verspürte Omar einen heißen Stich. Sie hatten ihm ein Messer tief in die Seite gestoßen. Er rang nach
Luft. Gleichzeitig verschwand das Messer von seiner Kehle, und sein Mund wurde grob mit Tape verklebt. Er spürte keinen Schmerz, nur den Schock, als er sah, wie das Blut auf die schmutzigen Fliesen tropfte. Wenn das der Tod sein soll, dachte er, dann ist er weniger schmerzhaft, als ich gedacht habe.
Doch es war nicht der Tod. Es war nur der Anfang.
Denn danach zwangen sie ihn mit anzusehen, wie Anil sich über Soraya hermachte.
Und als er damit fertig war, waren der Schmerz und die Qualen, die Omar durchlitt, so groß, dass er sich nichts sehnlicher wünschte, als tot zu sein.
20
Nachdem ich England Ende 2004 verlassen und die Brücken zu Tomboy auf den Philippinen abgebrochen hatte, flog ich in den Fernen Osten, ohne genau zu wissen, was ich wollte. Obwohl unsere Beziehung beendet war, schuldete Tomboy mir immer noch eine Menge Geld – mehr als zwanzigtausend Dollar –, das ich brauchte, um noch mal irgendwo anders von vorn anfangen zu können.
Dieses
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