Erlösung
Jammer, dass du nicht auf meiner Seite stehst. Wirklich ärgerlich, dass Alexander es mit dir verbockt hat. Tja, es war wieder einmal der Beweis dafür, dass man sich selbst um die wichtigen Dinge kümmern sollte.“ Elisabeth kam zu mir und beugte sich langsam über mich. Sie zog einen Handschuh aus und ihre Finger zogen mir die Maske vom Gesicht. Ihr weiches Haar streifte meine Stirn. „Du bist wirklich ein hübscher Junge, dazu noch klug und du besitzt den richtigen Willen. Bedauerlicherweise scheint dein Herz jedoch nicht für mich zu schlagen.“ Ihre sinnlichen Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. „Nein, falls es noch Leben in sich tragen würde, dann wäre es Feuer und Flamme für deine kleine Freundin, nicht wahr?“
Ich war nicht imstande meinen Kopf zu bewegen, ich war kaum in der Lage zu sprechen. Meine gesamten Sinne waren zu sehr auf mein Innerstes fixiert, der Schmerz war dabei mich zu zerreißen. Die Legierung war jetzt wie Säure, sie fraß sich durch jede einzelne Ader. Ich kannte dieses entsetzliche Leid, aber es schien jedes Mal schlimmer zu werden.
„W-wieso Lesley?“, wollte ich wissen. Ich hatte nie so ganz verstanden, warum sie mit in diesen Krieg hineingezogen worden war.
„Nun, weil sie deine Achillesferse ist, Nicholas. Jeder hat irgendeinen Schwachpunkt, den man sich zunutze machen kann. Dass es bei dir ein Mensch ist, war natürlich ein besonderer Glücksfall für mich. Und ich will dir ein kleines Geheimnis verraten, weil du meine Gedanken leider nicht lesen kannst. Das eigentliche Ziel am Anfang war Peter. Als ich damals diesen nutzlosen Neuankömmlingen den Befehl gegeben habe, diese Kinder und ihre Lehrerin zu töten, wusste ich selbst noch nicht, dass es auch dein Leben beeinflussen würde. Ich hatte erfahren, dass dieses Mädchen die Tochter von Evelyn war und Peter sollte es natürlich auch wissen. Letztendlich kam alles anders, aber das weißt du ja.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Diese Wendung hatte ich nicht geplant, doch sie passt im Nachhinein viel besser zu meinen Plänen, findest du nicht?“ Sie erwartete hoffentlich keine Antwort darauf. „Und noch eine Beichte meinerseits, die ich dir anvertraue, bloß zum Spaß“, sie lachte. „Ich selbst bin auch nicht völlig makellos, was Fehler angeht. Meine kleine persönliche Schwäche ist mein erster Zögling“, ihre Stimme klang jetzt fast liebevoll. „Du musst wissen, dass dein Vincent, mein William, so etwas wie ein Geschenk für mich gewesen war. Etwas, das ich früher wirklich gebraucht habe. Er hat mir etwas genommen und gleichzeitig auch etwas gegeben. Und ich habe ihn in all´ den Jahrhunderten nicht vergessen können. Ja, Liebe und Hass sind tatsächlich zusammen möglich, das hätte ich niemals gedacht. Ich wollte nicht nur seinen Körper, ich gierte nach seiner tadellosen Seele“, sie lachte erneut auf. „Melodramatisch, ich weiß. Letztendlich habe ich mich dann wie erwähnt mit seinen Schützlingen zufrieden gegeben. Immerhin war das ein leichteres Unterfangen. Peter war labil, weil sein Herz wegen Evelyn ohnehin schon vergiftet war. Dich konnte ich allerdings nicht so einfach überzeugen, das war mir schnell klar. Durch deine kleine Freundin hat es immerhin für eine Art Ablenkungsmanöver gereicht, schon immer eine altbewährte Methode im Kampf. Säe mehrere Gerüchte, die für Unruhe und Verwirrung sorgen. Tja, was soll ich sagen, ich will nicht angeben, aber Kriegstaktik liegt mir einfach im Blut. Das Rugbyspiel in Oxford zum Beispiel, das wäre wirklich ein Festmahl geworden, aber mal ehrlich, ich hatte meine Armee längst zusammen. Wenngleich diese Kandidaten großes Potenzial hatten, solange konnte ich nicht warten. Neuankömmlinge sind anstrengend, weißt du.“ Sie grinste wieder. „Also, was denkst du? Wollen wir unseren finalen Akt jetzt einleiten, Nicholas? Ein fulminantes und spektakuläres Ende für unsere kleine Geschichte? Nicht ganz so, wie ich es mir erhofft hatte, aber ich bin flexibel, was das angeht.“ Ihre spitzen Eckzähne blitzen auf, als sie anfing zu lachen. Leise und kristallklar, wie eine Sirene auf offener See, die ihr Lied sang, um alle Männer in den Tod zu locken, die ihrer Stimme folgten.
„Der Meister hat den Schüler geschlagen! Das ist nicht unbedingt unwiderruflich, oder? Ist es nicht so, dass in jeder guten Erzählung der Held ein letztes Mal seine Kraft mobilisiert und den Bösewicht mit einem alles entscheidenden Schlag vernichtet?“ Sie neigte
Weitere Kostenlose Bücher