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Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel

Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel

Titel: Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philipsen
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formte.

32
    D er Mann, der Liv und Roland am Verhörtisch gegenübersaß, hatte getrocknetes Blut im Gesicht und eine aufgeplatzte Lippe, die auf ihre doppelte Größe angeschwollen war.
    Irgendwie sah er wie eine der Bratz-Puppen aus, mit denen Livs Töchter spielten. Die Verletzung hatte er sich selbst in der Ausnüchterungszelle zugefügt, als er Amok gelaufen war, nachdem sie die Tür hinter ihm zugeschlossen hatten. Via Überwachungskamera hatten sie gesehen, wie er gegen die Tür gelaufen und wiederholte Male seinen Kopf dagegen geschlagen hatte. Das Ergebnis waren mehrere Beulen an der Stirn, eine blutige Nase und eine geschwollene Oberlippe. Nach einer Weile hatte er dann aber aufgehört sich selbst zu verletzen, ansonsten wären sie gezwungen gewesen, einen Arzt zu rufen, um ihm etwas zur Beruhigung zu geben.
    »Als Erstes möchten wir Ihnen mitteilen, dass es Joakim besser geht«, begann Per Roland.
    Christian Kragh, der zusammengesunken auf seinem Stuhl saß, nickte.
    »Am besten erzählen Sie uns alles«, sagte Liv mit neuer Energie nach dem klärenden Gespräch mit Miroslav.
    Sie sah den Mann, der ihr gegenüber saß, an. Er hatte ein markantes Gesicht. Die braunen Haare, die an den Schläfen schon etwas grau zu werden begannen, waren kurz geschnitten.
    »Sie sind ausgerastet, nicht wahr?«, fuhr sie fort und fand selbst, dass das etwas milde ausgedrückt war.
    Er zuckte mit den Schultern, und Liv bat ihn, ihnen alles von Anfang an zu erzählen.
    Er räusperte sich demütig und lehnte sich vor. Glücklicherweise war kein Widerwille zu spüren.
    »Ich bin in der SHIRBRIG -Brigade gewesen«, begann er seine Erklärung, wurde aber von Roland unterbrochen, der ihn bat, ihnen zu erklären, was das genau war.
    »Das war eine UN-Einheit«, erklärte Kragen. »Eine Art schnelle Eingreiftruppe, bestehend aus Soldaten, die eine Reihe von Ländern bereits für den bestehenden Einsatz zur Friedenserhaltung zur Verfügung gestellt hatten. Das internationale Hauptquartier von SHIRBRIG befand sich in der Høvelte-Kaserne in Nordseeland.«
    »Was war deren Aufgabe?«
    »Im Mai 1994 beschlossen die Vereinten Nationen, 5000 Soldaten auszusenden, um den Völkermord in Ruanda zu stoppen. Wie sich zeigte, wollte kein Land Soldaten für diese Aufgabe bereitstellen. Daher ging der Völkermord weiter«, sagte er, und während Liv sich die unheimlichen Fernsehbilder von damals in Erinnerung rief, als Schätzungen zufolge zwischen einer halben und einer Million Menschen ermordet worden waren, erzählte Christian Kragh weiter, dass die dänische Regierung im Nachhinein die Initiative ergriffen und eine stehende UN-Streitkraft errichtet hatte. Das Ergebnis sei die SHIRBRIG -Brigade gewesen, die hauptsächlich bei Missionen in den afrikanischen Ländern tätig wurde. Insgesamt war es zu sieben Einsätzen gekommen, bis die dänische Regierung 2008 beschloss, SHIRBRIG abzuwickeln. Sie begründete das mit der mangelnden Unterstützung der Mitgliedsstaaten sowie den zu hohen Kosten, die der Unterhalt der Brigade verursachte.
    »Die Brigade existiert heute also nicht mehr?«, fragte Liv und sah von dem Block auf, auf dem sie sich Notizen gemacht hatte.
    »Nein. Wir wurden auf verschiedene andere Bereiche verteilt. Ein paar von uns landeten hier auf der Unteroffiziersschule«, sagte er.
    »Wann haben Sie mit Ihrem ›Spiel‹ angefangen?«
    Christian Kragh schaute auf den Tisch hinunter.
    »Das hat bereits in Høvelte begonnen«, sagte er und erklärte, dass es zwischen den Auslandseinsätzen immer lange Wartezeiten gegeben habe. »Nach so einem Einsatz, bei dem man ständig unter Strom steht und konstant Adrenalin im Körper hat, ist es schwer, zum Alltag zurückzukehren. Alles erscheint so sinnlos«, sagte er und sah ihr direkt in die Augen, als suchte er Verständnis darin.
    »Macht es mehr Sinn, Ihnen selbst und anderen Schaden zuzufügen?«, fragte Roland.
    »Ich weiß, dass sich das schwachsinnig anhört, aber das tut es. Das sind nichts anderes als Dummejungenstreiche. Jungs kabbeln sich nun mal. Sie wissen schon, genau wie Hähne?«
    »Von so etwas habe ich keine Ahnung«, sagte Liv und bat ihn, das näher auszuführen.
    Er seufzte. Wie jemand, der schon im Vorhinein wusste, dass der andere ihn nicht verstehen würde. Dennoch versuchte er, ihnen zu erklären, dass sie bloß versucht hatten, sich wieder lebendig zu fühlen.
    »Begonnen hat es mit einer Schlägerei. Eines Tages saßen wir in der Kantine, rauchten und tranken Bier

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