Erntedank
verkündete dann in fast feierlichem Ton den Preis: »Hundertdreiundzwanzigeurofuffzig.«
Kluftinger schluckte. Mit so viel hatte er nicht gerechnet. Er öffnete seine Brieftasche: Fünfzig Euro befanden sich im Scheinfach, mit Münzen brachte er rund drei Euro zusammen. Da fiel ihm seine Scheckkarte ein: Auch wenn er sie selten benutzte, weil er, genau wie seine Frau, ein passionierter Barzahler war, weil man dann viel weniger ausgab, wie er einmal gelesen hatte, erwies sich das Plastikkärtchen manchmal doch als ausgesprochen nützlich.
»Wenn Sie bitte hier Ihre Geheimzahl eingeben und zweimal bestätigen.« Löwenmuth drehte ein Kästchen um, das auf seinem Tresen stand und das ein bisschen wie ein Taschenrechner aussah. Auf der Anzeige blinkten vier Striche. Wieder musste Kluftinger schlucken. Die verdammte Geheimzahl. Wie ging die noch mal? Irgendwas mit sieben, das wusste er. Aber dann? Das Blut sammelte sich in seinen Wangen und ließ sie rot und heiß werden. Langsam tippte er schon mal die sieben ein; er wollte nicht, dass Löwenmuth merkte, dass er sich nicht an seine eigene Pin-Nummer erinnern konnte. Das hatte er jetzt davon, dass er sie so selten benutzte. Nicht einmal zum Geld abheben brauchte er sie. Denn in der Regel ging seine Frau einmal die Woche zur Bank und kam mit einem größeren Betrag zurück, den sie dann in einer ledernen Tasche im Besteckfach im Wohnzimmer deponierte. Ein Verhalten, von dem der Polizist Kluftinger aus Sicherheitserwägungen jedem anderen abgeraten hätte, aber bei ihnen hatte es sich eben so bewährt. Er schätzte das sichere Gefühl, immer etwas Bargeld zur Hand zu haben, auch wenn sein Sohn das im Zeitalter des virtuellen Zahlungsverkehrs als reichlich überholt betrachtete.
Nun rächte sich diese Verhaltensweise aber, denn die Annahme der Zahl, die er nach dem Zufallsprinzip eingegeben hatte, wurde vom Gerät mit einem Piepsen verweigert.
»Wenn Sie sich vertippt haben, einfach Korrektur drücken und nochmal eingeben«, sagte Löwenmuth, wartete aber nicht ab, bis Kluftinger es tat, sondern langte mit seinem ausgestreckten Zeigefinger von hinter dem Tresen herüber und drückte einen roten Knopf. »So, jetzt können Sie wieder.«
Kluftinger, der sich inzwischen sicher war, die zweite Ziffer als Neun zu erinnern, gab wieder eine falsche Kombination ein. Als er auch beim dritten Mal daneben lag, erschien auf dem Display: »Karte gesperrt. Bitte verständigen Sie Ihre Bank.«
Priml, dachte der Kommissar. Jetzt konnte er sie überhaupt nicht mehr benutzen.
»Also, wenn ich nicht wüsste, dass Sie bei der Polizei sind, müsste ich jetzt misstrauisch werden«, sagte der Buchhändler mit einem Grinsen, bei dem er seine Augen fast vollständig zukniff.
»Ähm … Herr Löwenmuth, das ist mir jetzt peinlich. Ich muss da auf einen falschen Knopf gekommen sein. Meinen Sie, Sie könnten die Rechnung für die Bücher an die Polizei schicken?«
»Also, da müsste ich erst einmal Ihren Dienstausweis sehen«, freute sich der Geschäftsführer über die willkommene Möglichkeit, Kluftingers Beruf einmal mehr als Steilvorlage für seine Kalauer zu nehmen. Der ertrug es geduldig, denn schließlich war er jetzt in der eindeutig schwächeren Position.
»Aber ich will mal nicht so sein«, lenkte Löwenmuth schließlich ein. »Sie werden sich damit schon nicht ins Ausland absetzten wollen, wie?«
***
Maier kam ihm schon entgegengelaufen, als Kluftinger die Treppe zum zweiten Stock der Polizeidirektion erklomm.
»Ich könnte da was gefunden haben«, sagte er und seine Augen leuchteten.
»Wobei gefunden? Und was heißt könnte?«
»Na, einen Zusammenhang halt. Jetzt pass mal auf.«
Sie waren oben an der Treppe angekommen, als Maier einen Schmierzettel aus dem Sakko fischte, auf dem einige Zahlen standen, die teilweise durchgestrichen oder unterstrichen waren. Kluftinger war gespannt darauf, was Maier, dessen Finger leicht zitterten, als er das Papier glatt strich, ihm wohl präsentieren würde.
»Also: Sutter ist Jahrgang 1956.«
Maier blickte seinen Chef erwartungsvoll an, als erhoffte er bereits für diese Feststellung eine Anerkennung. Der Kommissar nickte.
»Und die Heiligenfeld, die ist Jahrgang 1947.«
Kluftinger nickte wieder. Er hatte keinen Schimmer, wohin das führen sollte. Doch Maier redete nicht weiter. Offenbar war es das schon.
»Und … ?«, fragte der Kommissar ungeduldig.
»Siehst du es denn nicht? 56 und 47 … «
»Was ist damit?«
»Wenn du
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