Eroberung unter Palmen
nämlich nur Teil einer geschäftlichen
Vereinbarung war, um den Erhalt von Clemengers zu gewährleisten.
Aber
das hätte Opal nicht übers Herz gebracht. Schlimm genug,
dass sie selber den Tatsachen ins Auge blicken musste. Sie könnte
es nicht ertragen, wenn ihre Schwestern um die traurige und quälende
Wahrheit wüssten – dass Domenic sie zu dieser Heirat
erpresst hatte. Die Liebe stand beileibe nicht auf dem
Hochzeitsprogramm.
"Beeil
dich", drängte Ruby. "Ich bin ja so gespannt. Und es
wird auch höchste Zeit für uns. Mach es endlich auf!"
Opal
zupfte an der Schleife, und das Satinband glitt zu Boden. Sobald sie
den Deckel hob, zog sie hörbar die Luft ein. Augenblicklich
waren ihr Schwestern bei ihr, um selbst zu sehen. In der Schachtel
lag ein erlesenes Goldcollier, das mit kleineren Opalen besetzt war.
Den Blickfang bildeten indes fünf sternförmig in Diamanten
gefasste Opaltropfen. Dazu passende Ohrringe vervollständigten
das Set. Als Opals Hand mit dem Etui zitterte, fingen die Edelsteine
das Licht ein und schimmerten in sämtlichen Regenbogenfarben.
"Meine
Güte", hauchte Sapphy. "So etwas Liebes. Er schenkt
dir Opale."
Opal
konnte den Blick nicht davon losreißen. Es waren nicht die
häufig verwendeten hellen Schmucksteine, sondern die seltenen
und kostbaren schwarzen Opale, deren Feuer noch intensiver war.
"Wow",
sagte Ruby. "Sie sind traumhaft schön. Was steht in dem
Brief?"
Sapphy
nahm die Schatulle entgegen, und Opal öffnete den länglichen
Umschlag. Eine kurze handgeschriebene Notiz flatterte heraus: Trag
das heute. Domenic.
"Mann,
das ist aber kurz", meinte Ruby, die Opal über die Schulter
schaute, beiläufig.
Lachend
warf Opal den Zettel auf die Couch. Falls sie insgeheim gehofft
hatte, dass dieses Geschenk bedeutete, Domenic würde in ihr mehr
als nur einen zusätzlichen Gewinn zur erworbenen Hotelkette
sehen, so brachte diese kurze Mitteilung sie prompt auf den Boden der
Tatsachen zurück.
Zum
Glück sah sie in dieser Ehe nicht mehr als ein geschäftliches
Arrangement, also konnte sie auch nicht enttäuscht werden. Und
auch nicht verletzt.
"Lass
mal sehen, wie dir der Schmuck steht. Halt still." Sapphy legte
Opal das Collier um den Hals und ließ den Verschluss
zuschnappen.
Opal
nahm ihre Diamantstecker ab und ersetzte sie durch die Opaltropfen.
"Und, wie sehe ich aus?" fragte sie, obwohl ihr das
ziemlich egal war.
"Einfach
super", erwiderte Sapphy. "Zuerst dachte ich ja, dass die
Steine nicht mit dem Kleid harmonieren, aber sie passen einfach
perfekt dazu. Vorhin hast du ausgesehen wie eine Prinzessin. Mit dem
Schmuck wirkst du dagegen wie eine Königin."
"Du
siehst fabelhaft aus, Schwesterherz. Domenic wird dich mit Blicken
verschlingen." Ruby nahm Opal am Arm und zog sie zum Spiegel.
"Da, sieh selbst."
Die
beiden hatten Recht. Das Kleid war großartig, der Schmuck
jedoch die Krönung. War das Ganze zu übertrieben? Es kam
Opal völlig absurd vor, die Märchenbraut zu spielen, obwohl
die Heirat doch letztlich nur eine Klausel in ihrem Vertrag war.
Sie
berührte das Collier und nahm das Feuer der Steine wahr. Opale.
Es war wirklich eine nette Geste. Aber waren sie nun ein Geschenk
oder Teil einer Dienstanweisung?
Der
Inhalt des Ehevertrags würde diese Frage zweifelsfrei
beantworten. Opal seufzte. Sie hätte die letzte
Vertragsausfertigung besser noch einmal durchlesen sollen, bevor sie
diese am Morgen unterzeichnet hatte. Aber dazu war sie einfach nicht
mehr imstande gewesen. Außerdem kam sie sowieso nicht mehr aus
der Sache heraus.
Es
klopfte diskret an der Tür. Sapphy warf einen Blick auf die Uhr
und lächelte. "Schnappt euch die Blumen, Mädchen. Zeit
zum Auftritt!"
Orgelmusik
spielte in der hübschen kleinen Kapelle, die versteckt auf dem
Anwesen der Clemengers lag. Antike Bleiglasfenster verwandelten die
Sonnenstrahlen des herrlichen Spätnachmittags in bunt
schimmernde Lichtstreifen. Es war wunderschön, atmosphärisch
… und irgendwie unwirklich.
Opal
stand vor dem Portal, hinter ihr befanden sich Sapphy und Ruby. Sie
würde allein durch das Kirchenschiff gehen, ohne einen Vater,
der sie begleitete. Da war niemand, der sie dem Bräutigam
übergab. Aber das war auch überflüssig. Schließlich
hatte man sie gekauft.
Mit
gemischten Gefühlen lauschte sie den ersten Klängen des
Hochzeitsmarsches, dem Zeichen für sie, den kurzen Weg durch den
Mittelgang zu schreiten, zu dem Mann, der ihr Ehepartner werden
würde. Wie unwirklich!
Im
Innern der Kapelle
Weitere Kostenlose Bücher