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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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die Sache mit Cal erinnert.
    Nach sieben Stunden und achtunddreißig Minuten meiner gestrigen Acht-Stunden-Schicht sah ich Scotty zum ungefähr milliardsten Mal. Er stand unter einem blinkenden Neonschild, das Passanten aufforderte, sich einen Ball zu greifen und KILL DIE KATZE zu spielen, und sprach mit dem zerknitterten Männchen, das seit mindestens fünfundzwanzig Sommern diese Attraktion betreut, Ende nicht abzusehen.
    Scotty lüftete sein rotes Uniform-T-Shirt von der Funtown Pier bis hoch zur Brustbehaarung. Eine Art Mieder schnürte seinen frisch erworbenen Bierbauch ein. Er leert schon den ganzen Sommer mit dem Footballteam Fässer. Der Alte lachte hustend, als Scotty ihm erklärte, wieso er einen Fettverbrenner umgeschnallt hatte. Das Wunderding hieß Gut Buster und sollte ihm die Plauze abschmelzen. Es schien ihn kaum zu stören, dass er den ganzen Sommer wie verrückt Gewichte pumpen und den bescheuerten Gut Buster tragen musste, um einen Schaden zu beheben, den simples Schlucken, Schlucken, Schlucken angerichtet hatte. Der Katzen-Mann sah ihn an, hörte ihm zu und lachte sich so schlapp, dass er kurz vor der Einlieferung stand.
    Ich wusste, welche Geschichte Scotty ihm erzählte, weil er sie mir vor ein paar Tagen auch präsentiert hatte. Jedes Wort, jede Geste identisch. Ich hatte auch gelacht. Als ich aber heute seine Wiederholungsvorstellung sah, musste ich beinahe heulen. Irgendwie bestätigte es nur, was ich sowieso schon wusste: Für Scotty besteht zwischen mir und dem Katzen-Mann kein Unterschied.
    Eine Reaktion mit Verzögerung. Hätte mir schon vor drei Wochen aufgehen können, als Scotty sich aus unserer Fahrgemeinschaft ausklinkte, um sich von einem Mädchen namens Becky mitnehmen zu lassen, die auf die Eastland geht. Ging mich ja nichts an. Also kümmerte ich mich auch nicht drum.
    Bis gestern Abend. Wir standen auf dem Heimweg vor der sechsten von dreizehn möglichen roten Ampeln, als ich merkte, auf dem Beifahrersitz im Wagen vor uns saß Scotty. Ich erkannte ihn am Superheldenkinn. Er hüpfte zum Hip-Hop, der aus Beckys Auto dröhnte, wie verrückt auf dem Sitz hin und her.
    Beckys schmuddelblonder Zopf war durch den Verschluss von Scottys rotbrauner Basecap gesteckt, und bei dem Anblick bekam ich Magenkrämpfe.
    Und ich fing an zu grübeln, ob Scottys gewachsener Bauchumfang wohl negative Auswirkungen auf seine Rückenpartie hat. Anfang der Ferien hatte er noch die allerbeste Rückenpartie. Konnte ich immer sehen, wenn Manda vorne saß und ich mit Scotty hinten. Wenn er sich nach vorn beugte, um Burke irgendwas zu erzählen, rutschte sein T-Shirt hoch und gab den Blick auf den muskulösen Streifen zwischen den Brustwirbeln und dem Gummi seiner Unterhose frei.
    Ich dachte an Scotty und mich zusammen auf dieser vertrauten Straße.
    Und ich wollte ihm davon erzählen.
    Plötzlich leuchtete mir der Blinker von vorn rot ins Gesicht. Er und Becky bogen in eine Straße ein, die nicht zu seinem Elternhaus führte. Ein Weg, den ich noch nie genommen habe. Als wir sie auf der Geradeausspur überholten, lehnte er sich über Becky, hupte und winkte uns zu. Erwusste die ganze Zeit, dass ich hinter ihm war. Und noch entscheidender: Er wusste, ich würde zurückwinken.
    Ich benehme mich wie ein richtiges Mädchen . Ich habe kein Recht, eifersüchtig zu sein. Scotty ist nicht mein Freund . Ich habe ihm nicht mal normale Freundschaft gestattet, sosehr er sich auch angestrengt hat. Ich wollte wohl einfach nicht bestätigt sehen, was ich von Anfang an gewusst habe: dass unsere Wege auseinanderlaufen. Oder vielleicht bin ich auch einfach zu früh auf die Bremse gestiegen.
    NEUNUNDZWANZIGSTER
    Ich muss echt langsam mal meine Regel kriegen. Ich habe totalen Hormonstau. Oder Hormonmangel. Keine Ahnung. Jedenfalls geraten meine Gefühle in letzter Zeit dauernd außer Kontrolle.
    Zwei Beispiele von heute Abend:
    In der Pause dachte ich mir, ich schaue mal, was der »Trottel« so treibt. Der Trottel ist die Hauptattraktion eines Geschicklichkeitsspiels mit dem sprechenden Namen »Triff den Trottel«. Davor steht immer eine Schlange jugendlicher Idioten mit Testosteron-Überschuss, die ihre Dollarscheine auf den Tresen legen, um mit einer Paintball-Panzerfaust auf den Trottel zu feuern. Die Identität des Trottels bleibt immer geheim, er trägt nämlich eine Tarnuniform und eine übergroße Gummimaske mit dem Konterfei des momentan meistgehassten Mannes, zum Beispiel Clinton-Ermittler Ken Starr oder Saddam Hussein.

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