Erste Male
verstehe einfach nicht, wieso wir beide nicht mehr miteinander reden sollten«, sagte sie. »Das ist doch – oh Mann! Vor allem, weil du doch irgendwie der einzige Mensch bist, der nachvollziehen kann, was ich durchmache. Wir waren beide die ganze Zeit immer nur mit einem Menschen zusammen. Und der oder die ist jetzt weg.«
Oh Mann. Nicht ein einziges Mal war mir bisher aufgefallen, wie vergleichbar ihre und meine Lage war. Immerhin war Hope zumindest emotional immer noch für mich da. Aber für Bridget war Burke ausradiert. Für immer.
Ich hätte getippt, dass Bridget eher eine Methode zur Kernfusion entwickelt, als mich positiv zu überraschen. Aber ich kann offen zugeben, wenn ich mich geirrt habe. Und bei Bridget habe ich mich geirrt. Sie ist sicher kein Genie, aber auch nicht so hirnlos, wie ich gedacht habe.
So. Da steht es.
Aber diese Unterhaltung ändert trotzdem nichts Grundlegendes. Bridget und ich werden nicht wieder beste Freundinnen. Aber immerhin gibt es einen Menschen weniger auf der Welt, der mich hasst. Kann ja nur gut sein.
DREIUNDZWANZIGSTER
An Thanksgiving passiert alles früher.
Du stehst um acht Uhr auf (volle vier Stunden früher als normal), um dir die Rockettes anzugucken, die sich in albernen Uniformen bei der albernen Parade nass regnen lassen müssen. Schon um neun hast du deinen Vater verärgert, weil du ihm an den Kopf geworfen hast, dir lieber noch mal das Bein brechen zu wollen, als mit rot-weiß geschminktem Gesicht zu Pinevilles Homecoming-Footballspiel zu gehen. Um elf weist du deine Mutter darauf hin, dass sie viel zu viel Essen für vier Leute kocht, was sie zum ersten von vielen Gläsern Chardonnay greifen lässt. Um zwölf Uhr mittags hat dich Großmutter Gladdie schon eine Milliarde Mal gefragt, ob du einen Freund hast, es dann wieder vergessen, noch eine Milliarde Mal gefragt und so weiter bis zum Aufbruch.Um ein Uhr stellst du für heute den Fernseher aus, weil dir klar wird, dass es überall nur Football und nichts als Football geben wird. Um halb vier kommt der Truthahn auf den Tisch. Um vier der Nachtisch. Dann fängt das Tryptophan an zu wirken und du schläfst noch vor den Fünf-Uhr-Nachrichten ein.
So war es jedenfalls dieses Jahr bei uns.
Um acht Uhr abends erwachte ich aus meinem Essenskoma. Nichts zu tun. Zu früh, Marcus anzurufen. Den rief ich immer um Mitternacht an. So war unser Deal. Aber ich dachte mir, vielleicht war auch bei ihm heute alles früher. Also griff ich zum Hörer und wählte seine Nummer.
Es klingelte einmal. Zweimal. Dreimal.
Dann ein ungewohntes Klicken und eine Ansage. »Hier ist Marcus, aber nicht wirklich …«
Ich bekam Panik und legte auf, bevor er zu Ende gesprochen hatte. Eine Nachricht zu hinterlassen, das brachte ich nicht. Das war irgendwie so … verzweifelt.
Um Mitternacht rief ich wie üblich wieder an.
Wieder keiner da.
Es war das erste Mal, dass Marcus nicht ranging, wenn ich anrief, und es brachte mich echt durcheinander. Ich musste mir beinahe die Hände zusammenkleben, damit ich nicht alle fünf Minuten wieder wählte, bis er endlich abhob. Und ich habe es nur deshalb gelassen, weil ich nicht weiß, ob er Ruferkennung hat. Er soll ja nicht sehen, dass ich es eine Milliarde Mal versucht habe. Das wäre total psycho.
Irgendwie war ich auch ganz froh: So kam ich endlich zur Vernunft. Ich werde ihn nicht mehr anrufen. Ich habe dieser Beziehung oder was es sonst sein soll, viel zu viel Platz eingeräumt. Klar, er hilft mir, nachts zu schlafen. Klar, dank Marcus fühle ich mich beim Aufwachen besser. Aber wenn ichihn weiter als Schlaftablette missbrauche, werde ich noch abhängig. Und dafür gibt es kein Zwölf-Schritte-Entwöhnungsprogramm.
Und außerdem bin ich ja auch nicht seine Freundin. Das wäre was anderes; dann könnte ich mich aufregen, dass er nicht da ist. Bin ich aber nicht. Ich muss mich also zusammenreißen. Oder vielmehr entspannen. Und deshalb werde ich ganz bewusst nicht an ihn und Mia beim Homecoming-Ball morgen Abend denken.
Aber irgendwie glaube ich selbst nicht dran. Es ist viel schwerer, als ich dachte.
VIERUNDZWANZIGSTER
Schwarzer Freitag.
Wie passend, dachte ich, als ich nach ruheloser, Marcus-freier Nacht erwachte. Wie bin ich bloß drauf gekommen, Mom ihren Geburtstag zu verschönern? Wie kann ich mir einbilden, ich könnte irgendwem bessere Laune machen?
Als ich zum Frühstück runterkam, war sie schon fertig angezogen und ausgehbereit.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag,
Weitere Kostenlose Bücher