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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manu Ungefrohrn
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an.
    Wir gingen im Innenhof von Rosewood Hall, wo Ceridwen und ich unsere Kräuterbeete angelegt hatten, stetig im Kreis spazieren.
    Er war stehengeblieben und sprach immer noch nicht.
    Ich griff nach seiner Hand. „Komm mit mir, Gwyn! Ich zeig ihn dir!“
    Gwydion zog mich ganz nah an sich heran und flüsterte aufgeregt, wobei sich seine Stimme fast überschlug:
      „Weißt du, was es bedeutet, wenn es wirklich wahr ist? Hast du nur die leiseste Ahnung, was geschehen wird, wenn die Wahrheit jemals ans Licht kommt?“
    Verständnislos blickte ich ihn an, denn ich wollte das alles nicht hören. Gwydion sollte sich freuen, seinen einstmals besten Freund zurückzuhaben!
      „Carys-Schatz! Emrys wird sich immer verstecken müssen! Er darf niemals seine wahre Gestalt zeigen, niemals enthüllen, dass er eine Thrylia ist! Er wird dich niemals lieben dürfen“, Gwydions Stimme klang so traurig, dass mir selbst ganz bang ums Herz wurde. „Und Pat darf niemals, unter keinen Umständen jemals davon erfahren! Sie wird ihn wieder töten – und dieses Mal wahrscheinlich auch dich!“
    Bei diesen abscheulichen Worten keuchte ich erschrocken auf.
      „Es ist gut, dass du so geistesgegenwärtig auf ein Ritual mit mir als einzigen Zeugen bestanden hast!“ Gwydion lächelte. „So, und jetzt will ich sehen, wie dein Emrys aussieht!“
    Ich zog meinen Bruder mit mir mit und konnte gar nicht schnell genug zu Emrys‘ Zimmer gelangen. Zaghaft klopfte ich und zählte die Sekunden, die dieser brauchte, um uns die Tür zu öffnen.
      „Das ist mein Bruder Gwydion Kendrick“, sagte ich und zeigte auf meinen besten Freund.
    Emrys ließ uns herein und drehte den Schlüssel im Schloss herum, nicht um uns einzusperren, sondern um den Rest der Welt auszuschließen. Er schritt auf Gwydion zu, die beiden musterten sich kritisch, bis sie zu grinsen begannen, sich regelrecht anstrahlten. Zeitgleich hoben beide ihre Hände und hielten die Daumen hoch.
    Hätte ich zuvor noch einen leisen Zweifel gehegt, so wäre mir spätestens zu diesem Zeitpunkt klargewesen, dass dies wirklich und wahrhaftig Emrys Caughleigh war.
    Gwydion kicherte. „Emrys, du siehst gut aus!“
    Dieser zuckte die Achseln und grinste verlegen.
      „Schade, dass du dich nicht an Carys erinnern kannst“, seufzte Gwydion.
    Ich schüttelte den Kopf. „Das ist nicht wichtig, Gwyn! Emrys ist wieder da – und er muss seine Kräfte verstecken!“ Ich blickte zu Emrys. „Du sprichst nicht. Kannst du die Gebärdensprache?“
    Er nickte und begann, mit seinen Händen Zeichen zu machen. „Ich kann mich verständigen. Verstehst du mich?“
    Ich kicherte und nickte. „Ja, ich verstehe dich“, antwortete ich in Gebärdensprache.
      „Wirst du mich jetzt prüfen, damit ich in den Zirkel aufgenommen werden kann?“
    Ich nickte und zeigte:
      „Ich möchte kurz deine Hände berühren, wenn das für dich akzeptabel ist.“
    Er schmunzelte. „Nur zu, mir geschieht nichts. Dougal hat gelogen, weil er wusste, dass meine Hände mich verraten, wenn ich jemanden berühre. Es sind Thryliahände. Dougal und ich wissen nicht, warum meine Kraft geheim bleiben muss – wir wissen nur, dass es so ist.“
    Ich trat schüchtern auf ihn zu und nahm zögernd seine Hände, die er mir bereitwillig entgegenstreckte, in meine. Ich hatte meinen Blick auf unsere Hände gerichtet, weil ich es nicht ertrug, ihm so nah zu sein und in sein hübsches Gesicht zu blicken, ohne mich zu verlieren. Ich wollte ihn, wollte ihn ganz nah, wollte mich in seiner Umarmung verlieren und ihn niemals mehr missen müssen.
    Sobald unsere Hände sich berührten, breitete sich ein freudiges Kribbeln in mir aus. Es begann in den Fingerspitzen, breitete sich über die Hände, die Arme und schließlich in meinem ganzen Körper aus. Eine wohlige Wärme durchflutete mich, durchspülte meine Venen und ließ mich überrascht aufkeuchen, als ich sah, dass unsere Hände zu leuchten begannen und das Thrylialicht den gleichen Weg nahm wie zuvor das Kribbeln und die Wärme.
    Ich hob meinen Blick zu Emrys‘ Gesicht und sah Ehrfurcht darin, als es auch zu leuchten begann. In seinen Augen glitzerte es aufregend, doch das Feuer darin verlosch augenblicklich und ich erblickte die vermissten dunklen, fast schwarzen Augen, die mir auf so schmerzliche Weise gefehlt hatten.
    Emrys sah mich voller Vertrauen an, lächelte nicht.
    Er konnte seine Augenfarbe wechseln, entdeckte ich fasziniert und hoffte sogleich, dass er Patricia niemals die

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