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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manu Ungefrohrn
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vereinigen.
      „Du hast ihm verziehen“, bemerkte Gwydion leise auf den letzten Treppenstufen.
      „Bitte?“ Ich sah ihn fragend an.
      „Ich spüre deine Ausgeglichenheit, als wärest du wieder ganz und nicht mehr zerbrochen, als wäre dein Herz wieder in dir.“
      „Letzte Nacht hatte ich einen entsetzlichen Alptraum“, entgegnete ich.
    Gwydion lächelte. „Und er hat dich gerettet.“
    Ich nickte.
      „Wie früher. Nun gut, wenn du ihm verzeihen kannst, kann ich es auch. Aber geschieht dir durch seine Verfehlung auch nur die kleinste Kleinigkeit, dann töte ich ihn!“
      „Gwyn!“ keuchte ich entsetzt auf und griff nach seiner Hand.
    Doch mein Bruder ließ sich nicht beschwichtigen und schüttelte den Kopf. „Du kannst ohne ihn weiterleben, Carys, und das mag dann besser sein, glaub mir!“ Zärtlich drückte er meine Hand, während er mich entschlossen anblickte.

Nach dem Frühstück passte ich Nathaniel ab. Er war schon auf der Treppe und schritt nach oben, als ich ihn rief:
      „Nate!“
    Überrascht drehte er sich herum und sah mich neugierig an.
      „Was machst du jetzt? Ich meine: hast du Zeit?“
    Er hielt einen Augenblick inne, als wägte er ab, wie er mir antworten sollte.
    Vielleicht hatte er ja eine Verabredung mit Isobel und wollte keine Zeit mehr mit mir verschwenden, überlegte ich.
      „Ich habe Zeit für dich“, antwortete er leise und blieb regungslos auf den Stufen stehen.
    Ich lächelte den schönen Mann an. „Kommst du mit mir in den Garten? Die Sonne scheint.“
    Er erwiderte strahlend mein Lächeln. „Sehr gern! Wollen wir uns gegenseitig etwas vorlesen?“
    Mein Herz hüpfte vor aufrichtiger Freude, denn es machte mir wirklich Spaß, wenn wir so unsere Zeit zusammen verbrachten.
    Wenige Minuten später saßen wir auf einer ausgebreiteten Decke unter der Eiche nahe dem Tor und Nathaniel las mir mit seiner tiefen Stimme aus einem Buch vor, in dem es um zwei Brüder ging, die jedes Abenteuer meisterten, weil sie stets zusammenhielten.
    In meiner Vorstellung waren es Emrys und Gwydion, die sich gemeinsam den Herausforderungen stellten.
    Plötzlich vernahm ich aus der Ferne das Aufschlagen von Hufen. Pferde näherten sich dem Schloss.
    Mein Herz raste wie verrückt vor Aufregung. Voller Freude sprang ich auf und lief zum Tor. Ceridwen, es musste Ceridwen sein!
    Als ich die Gestalt meiner besten Freundin erkannte, quietschte ich vergnügt auf und rief:
      „Ceridwen ist zurück!“
    Nathaniel machte ein Gesicht, als bedaure er die Störung und wäre lieber mit mir allein geblieben.
    Doch was kümmerte es mich? Dougal und Ceridwen waren zurück!
    Bei ihnen war noch jemand, und ich stutzte. Dann schrie ich auf und rannte meiner Großmutter, die ich stets nur mit meinem Geist besucht und seit vielen Jahren nicht mehr leibhaftig gesehen hatte, entgegen.
    Mit einer ungewöhnlichen Vitalität sprang sie von Pferd ab und lief mir entgegen. Sie wirkte jünger als bei meinen geistigen Besuchen, das Haar war dunkel, das Gesicht faltenlos – sie hätte als meine Schwester durchgehen können.
    Überschwänglich fielen wir uns in die Arme und drückten uns lange und fest.
      „Nan!“ jauchzte ich.
      „Carys“, lachte Nannette. „Liebes, liebes Mädchen!“ Sie schob mich schließlich auf Abstand und musterte mich mit ihren strahlenden blauen Augen voller Liebe.
      „Mrs. Parker“, sprach Patricia hinter uns. „Wie wundervoll, dass Sie zur Hochzeit Ihrer Enkelin gekommen sind!“
    Nannette nahm meine Hand und ließ sie nicht los, als sie Patricia begrüßte. „Danke, Mrs. Caughleigh! Dieses Ereignis würde ich mir nie entgehen lassen!“
      „Carys!“ rief Ceridwen lachend, nachdem Dougal ihr vom Pferd geholfen hatte.
    Ich machte mich von Nannette los und fiel meiner vermissten Freundin um den Hals. „Ich habe dich so sehr vermisst!“ seufzte ich und lachte fröhlich, weil ich sie endlich wieder an meiner Seite hatte.
      „Ich wäre schon eher zurück gewesen, wenn Nan nicht darauf bestanden hätte mitzukommen.“ Sie zwinkerte mir zu. „Sie sieht umwerfend aus, nicht wahr?“
    Ich nickte und sah zu meiner jungen Großmutter, die mir einen verschmitzten Blick zuwarf, während sie sich mit Patricia und Nathaniel unterhielt.
      „Sie ist so jung, Ced“, hauchte ich und sah wieder meine Freundin an. „Ich habe ein Bild von ihr gesehen, auf dem sie so aussieht wie jetzt – da war sie dreißig.“
    Ceridwen nickte. „Sie wird es dir sicher erklären,

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