Erwachende Leidenschaft
mich. Mit der Hauptliste bin ich gerade erst fertig geworden.«
Sie machte den Fehler, ihn anzusehen, und schon waren ihre Gedankengänge zerbröckelt. Sie konnte sich nicht einmal erinnern, ob sie den Satz zu Ende gesprochen hatte oder nicht.
Das war alles nur seine Schuld. Wenn er nicht so schöne Augen, nicht so ein wunderbares Lächeln gehabt hätte, wenn seine Zähne nicht so strahlend weiß gewesen wären, hätte sie ihn ja gar nicht zur Kenntnis genommen. Aber die Augen zu schließen half auch nicht. Sie würde immer noch die Hitze seines Körpers spüren, immer noch seinen sauberen, maskulinen Duft einatmen …
»Was ist denn die Hauptliste?«
»Wie bitte?«
Er grinste. »Die Hauptliste«, wiederholte er.
Er genoß ihre Verwirrung in vollen Zügen, wie man aus seinem Lächeln schließen konnte. Diese Erkenntnis half ihr, sich wieder ein wenig zu fassen.
»Es ist eine Liste meiner Listen«, erklärte sie.
»Du hast eine Liste all deiner Listen gemacht?«
»Ja, sicher.«
Er brach in Gelächter aus, und sie war beleidigt. »Colin! Listen sind der wahre Schlüssel zu praktischer Organisation.«
Die Belehrung war unverhüllt, und weil sie ihn dabei so ernsthaft ansah, versuchte er, sich zu beherrschen. »Ich verstehe«, sagte er gedehnt. »Und wo hast du dieses wichtige Tatsache gelernt?«
»Die Mutter Oberin lehrte mich alles, was ich über Organisation wissen mußte.«
»War sie dabei genauso gründlich, wie bei dem Thema Ehe und …«
Sie ließ ihn nicht ausreden. »Dabei war sie viel gründlicher. Es war sehr schwer für sie, über das … das andere zu sprechen. Schließlich ist sie ja eine Nonne und hat vor vielen Jahren das Gelübde der Keuschheit abgelegt. Du verstehst doch ihre Hemmungen, nicht wahr? Sie hatte ja nicht viel Erfahrung.«
»Nein, da hast du recht. Sie hatte sicher nicht viel Erfahrung«, stimmte er zu.
Colin schien das ganze Bett einzunehmen. Sie rutschte immer weiter zur Seite, um seinen Beinen mehr Platz zu machen, und er … er machte sich immer breiter, bis er endlich gemütlich dalag. Dann gähnte er herzhaft, streckte sich und hatte irgendwie das ganze Bett in Besitz.
Er nahm ihr die Zettel aus der Hand, legte sie auf den Tisch neben ihrem Bett, blies die zwei Kerzen aus und wandte sich wieder zu ihr.
Sie faltete die Hände im Schoß und befahl sich stumm, ruhig zu bleiben.
»Ohne die Fähigkeit organisieren zu können, hätten wir bald Anarchie.«
Das war eine dumme Bemerkung zu unpassender Zeit, aber ihr fiel nichts Besseres ein. Was machte er bloß in ihrem Bett? Wollte er nun jede Nacht in ihrem Zimmer schlafen? Nein, dachte sie, das wäre ziemlich unsinnig, sein Bett ist viel größer – und auch viel gemütlicher.
Alesandra beschloß, sich dem Thema ihrer zukünftigen Schlafgewohnheiten zuzuwenden. Sie war wieder ganz ruhig, hatte sich ganz und gar unter Kontrolle. Er war schließlich ihr Ehemann, und sie sollte in der Lage sein, ihn alles zu fragen, was sie wollte, egal wie persönlich das Thema auch sein mochte.
Ein Donnerschlag grollte in der Ferne. Sie wäre fast aus dem Bett gefallen, doch er packte sie gerade noch rechtzeitig und zog sie schwungvoll an seine Seite.
»Macht dir Donner Angst?«
»Nein«, antwortete sie. »Colin, ich frage mich gerade …«
»Zieh dein Nachthemd aus, Liebling«, sagte er zur gleichen Zeit.
Das lenkte sie vollkommen von ihrem Thema ab. »Warum?«
»Ich möchte dich berühren.«
»Oh.«
Sie bewegte sich dennoch nicht. »Alesandra? Stimmt etwas nicht?«
»Du bringst mich ganz durcheinander«, flüsterte sie. »Ich dachte, es würde dir gefallen … aber dann hat Flannaghan mir gesagt …«
Sie wußte, daß er kein Wort verstehen konnte. Also gab sie den Versuch, es ihm zu erklären auf, und dachte über seine Aufforderung nach. Sie wünschte, er würde sie nicht so ansehen. Sie wünschte, es wäre dunkler im Zimmer. Das Feuer im Kamin war noch hell genug, um einen goldenen Schimmer über das Bett zu werfen. Sie wußte ja auch, daß es ihr nicht peinlich sein sollte. Colin war ihr Mann, und er hatte bereits jeden Zentimeter ihres Körpers betrachtet. Sie haßte sich für ihre Schüchternheit und wünschte, sie wäre genauso ungehemmt, wie er es sein konnte.
Nun ja, immerhin waren sie ja noch nicht einmal zwei ganze Tage verheiratet. Alesandra beschloß, ihm zu gestehen, wie unbehaglich sie sich fühlte. Vielleicht konnte sie dabei ja ein paar Hinweise bekommen, wie sie ihre Schüchternheit überwinden konnte.
Er
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