Es begann in einer Winternacht
nicht“, fuhr Sebastian wütend auf und schob Evie von sich weg. Plötzlich fühlte es sich an, als würde der Raum um ihn kleiner werden, die Wände immer näher kommen, als würden sie ihn in einem tödlichen Schraubstock zermalmen. Verdammt sollte sie sein, dass sie ihn zu entschuldigen versuchte! Und verdammt sollte sie sein, dass sie so tat, als gäbe es auch nur einen Funken Zuneigung zwischen ihnen. „Er glaubt nicht mehr an die Liebe, als ich es tue.“ Er funkelte Westcliff an. „Wie oft hast du mir gesagt, dass Liebe eine Selbsttäuschung von Männern ist, die sich die Notwendigkeit der Ehe erträglicher machen wollen?“
„Ich hatte unrecht“, entgegnete Westcliff. „Warum bist du so wütend?“
„Ich bin nicht …“ Sebastian brach ab, weil ihm bewusst wurde, wie kurz er davor war, vollkommen die Fassung zu verlieren. Er warf einen schnellen Blick zu Evie und erkannte schlagartig die überraschende Umkehr ihrer Positionen … sie, das stotternde Mauerblümchen, war jetzt ganz ruhig und gefasst … und er, immer so kühl und selbstbeherrscht, nicht mehr als ein wütender Idiot. Und alles vor den Augen von Westcliff, der sie beide mit interessierter Aufmerksamkeit beobachtete.
„Was muss ich tun, damit du endlich gehst?“, fragte Sebastian Evie abrupt. „Geh mit Westcliff, wenn du nicht in meine Stadtvilla willst. Das ist mir vollkommen egal, Hauptsache, du verschwindest.“
Ihre Augen weiteten sich, und sie zuckte zusammen, so als wäre sie von einer Kugel getroffen worden. Sie blieb jedoch gefasst, nahm einen tiefen Atemzug und atmete sehr langsam wieder aus. Sebastian sah sie an und wurde beinahe von dem Drang überwältigt, vor ihr auf die Knie zu fallen und sie um Vergebung zu bitten. Stattdessen blieb er wie erstarrt stehen, während sie zur Tür ging. Sie straffte die Schultern, als sie das Büro verließ.
„Evie …“, flüsterte er.
Sie ignorierte ihn und ging.
Sebastian ballte die Hände zu schmerzenden Fäusten, während er ihr hinterherschaute. Nach mehreren Sekunden zwang er sich, zu Westcliff hinüberzusehen. Sein alter Freund betrachtete ihn nicht mit Hass, sondern eher mit etwas wie widerwilligem Mitleid. „Das ist sicher nicht, was ich zu finden erwartet habe“, sagte Westcliff ruhig.
„Du bist nicht du selbst, Sebastian.“
Es war Jahre her, seit Westcliff ihn mit seinem Vornamen angesprochen hatte. Männer, selbst Geschwister und engste Freunde, benutzten fast immer den Familiennamen oder den Titel.
„Fahr zur Hölle“, murmelte Sebastian. „Ohne Zweifel bist du hergekommen, um mir das zu sagen. Nur kommst du dafür einen Monat zu spät.“
„Das war tatsächlich meine Absicht“, gab Westcliff zu. „Aber jetzt habe ich mich entschieden zu bleiben und ein Glas Brandy zu trinken, während du mir erzählst, was in Gottes Namen du hier treibst. Ein guter Anfang wäre, mir zu verraten, warum du es dir in den Kopf gesetzt hast, den Spielclub zu führen.“
Es war der denkbar schlechteste Zeitpunkt, herumzusitzen und sich zu unterhalten, jetzt, wo der Club so voll war – aber plötzlich war das Sebastian egal. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass er mit jemandem gesprochen hatte, der ihn gut kannte. Auch wenn Sebastian glaubte, dass ihre alte Freundschaft vielleicht für immer verloren war, erleichterte es ihn ungemein, mit Westcliff, selbst einem wenig mitfühlenden Westcliff, zu sprechen. „In Ordnung“, sagte er. „Ja, lass uns reden. Geh nicht weg. Ich bin sofort wieder da – ich kann nicht zulassen, dass meine Frau ohne Begleitung durch den Club geht.“
Mit langen Schritten verließ er das Büro und hastete in die Eingangshalle. Als er keine Spur von Evies schwarz gekleideter Gestalt erblicken konnte, schloss er, dass sie einen anderen Weg gewählt hatte, vielleicht durch den mittig gelegenen Hauptsaal. Er blieb in einem der Durchgänge stehen und ließ seinen Blick über die Masse der Köpfe wandern. Evies strahlendes Haar machte es einfach, sie schnell zu entdecken. Sie war auf dem Weg in die Ecke, in der Cam saß. Einige Clubmitglieder traten zur Seite, um ihr Platz zu machen.
Sebastian folgte ihr, zuerst langsam, dann mit wachsender Dringlichkeit. Er kämpfte damit, sich selbst und seinen merkwürdig aufgewühlten Zustand zu verstehen. Bisher war er immer so geschickt darin gewesen, mit Frauen umzugehen. Warum war es ihm also so unmöglich, unbeteiligt zu bleiben, wenn es um Evie ging? Ein Abgrund trennte ihn von dem, was er am
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