ES: Eine Villa wird zur Leichenhalle (German Edition)
sie gehen sehen, oder irgendwann wieder was von ihnen gehört oder gesehen?“
„Nee, wenn einer ging, kam ein anderer. So zog sich das die ganzen Jahre durch. Außerdem habe ich keinen von denen so gut kennengelernt wie dich.“
„Also, noch mal zurück zu den Gästen. Die kamen einmal in der Woche an, der Butler ließ sie rein und dann?“
„Was und dann? Dann gingen sie ins Esszimmer und nahmen an der Tafel Platz.“
„Saß jeder immer genau auf demselben Platz?“
„Klar. Das ist wie in meiner Stammkneipe…“
„Prima“, unterbrach ihn Gregory. „Erzähl mir bitte später darüber mehr, jetzt nicht, bitte!“
„Was soll ich sagen, jeder saß auf demselben Platz wie beim letzten Treffen und alle aßen und tranken und fuhren dann wieder weg. In der darauffolgenden Woche trafen sie sich wieder, aber es wurden mit den Jahren immer weniger Leute. Man sah sofort, wenn eine Person fehlte, weil dann eine Lücke entstand.
„Trafen sie sich immer an einem bestimmten Tag?“ Gregory wollte die Geschehnisse wie einen Film verinnerlichen.
„Ja, es war immer ein Donnerstag“, erinnerte Jan sich.
„Hast du jemals darauf geachtet, welches Fahrzeug fehlte, wenn eine Person nicht mehr erschien?“
„Nee, ich weiß, ich weiß, das hätte ich machen sollen, das wäre ganz toll gewesen. Stimmt’s?
„Stimmt, du bist trotzdem super!“
„Und was ist jetzt mit den Herrschaften?“ Jan wurde auch schon neugierig, denn so genau wie Heute, hatte er die Vorgänge noch nie betrachtet.
„Ich weiß noch nicht genau was hier läuft, aber dass hier Einiges schief läuft, ist jetzt schon klar. Man müsste wissen, wo die Autos jetzt sind, die du damals gesehen hast. Vielleicht lebt die Person nicht mehr und den Wagen fährt nun jemand anders.“
„Davon kannst du getrost ausgehen. Und außerdem fahren diese Autos auch gerne bei den Ölscheichs herum. Von denen, die geklaut werden, ganz zu schweigen“, sagte Jan.
„Also bleiben uns nur die Personen als Hinweis, die nicht mehr kommen. Wann kam denn keiner mehr, wie lange ist das jetzt her?“
„Uns? Was meintest du mit ‚uns’?“ Wollte Jan wissen.
„Hä? Uns? Was redest du denn da?
„Du sagtest ‚also bleiben uns nur die Personen als Hinweis’! Uns! Wen meintest du mit ‚uns’?“
„Ich meinte damit dich und mich, wen sonst“, drückte Gregory sein Unverständnis aus und schüttelte mit dem Kopf.
„Ach so“, argwöhnte Jan. „Du und ich, wie bilden ab jetzt das neue Erfolgsgespann. ‚Die glorreichen Zwei’ oder was?! Wie lösen unerklärliche Fälle auf, weil Herr Sebelius eine Ahnung hat, oder Langweile, oder was?“
„Nein! Herr Sebelius hat keine Langeweile. Herr Sebelius hat nur 1 und 1 zusammengezählt und festgestellt, dass hier irgendetwas bitterbös’ stinkt, mein Freund. Und das nicht erst seit Gestern, sondern schon einige Jahre. So ist das!“
„Aha, so ist das.“ Jan imitierte ein Echo. „Endlich mal jemand mit Durchblick!“ maulte er noch.
„Was ist mit dir los Mann?“ Gregory packte Jan an den Schultern und rüttelte ihn durch, als ob er ihn aufwecken wollte. „Wovor hast du Angst? Dass dein Gammelleben hier ein Ende hat? Früher war der Tisch jeden Donnerstag mit Leuten voll und jetzt hocken da nur noch zwei schweigsame Nasen rum. Die Arbeit für dich wurde immer weniger, aber dein Gehalt blieb dasselbe. Ist es das, was dir Sorgen bereitet, dass diese Strecke ein Ende haben könnte?“
„Vielleicht“, sagte Jan ganz ruhig. „Vielleicht. Aber ich werde dich unterstützen, so gut ich kann“, sagte er und hielt die Hand zum Einschlagen hin und Gregory schlug ein.
„Was ist mit den Kennzeichen der Autos? Kannst du dich an irgendwas erinnern? Wo kamen die Wagen her? Rein theoretisch können sie von überall her gekommen sein.“.
„Die Nummernschilder“, sagte Jan und dachte angestrengt nach. „Du willst es aber genau wissen, he? Mal scharf nachdenken.“ Er kratzte sich mit der rechten Hand an der Stirn. „Es waren unterschiedliche Nummernschilder. Ich glaube“, zögerte er einen Moment „nicht eines war so wie ein anderes. Aber alle Kennzeichen besaßen dieselbe Form und dieselbe Farbe, also kamen alle Autos aus demselben Land.“
„Demnach kam aber jedes Fahrzeug aus einer anderen Richtung. Und wenn die – offensichtlich betuchten – Leute irgendwann nicht mehr hier her kamen, müssen sie gott-weiß-wo geblieben sein.“
„Hoffentlich ist ihnen nichts passiert“, meinte Jan und grinste dabei
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