ES: Eine Villa wird zur Leichenhalle (German Edition)
schaute in Richtung Straße. Direkt zur Straße konnte man wegen der hohen Hecken nicht gucken. Jan glaubte, durch die Hecken etwas zu sehen, was er dort noch nie sah und ging schnurgerade darauf zu, um sich zu vergewissern. Er drückte die Hecken einige Zentimeter auseinander, um sich einen besseren Blick zu verschaffen. Dann sah er das, was ihn irritierte, weil er es dort noch nie gesehen hat. Es war der Schriftzug, auf einem der Fahrzeuge, welche auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkten. Auf dem dort parkenden Kleinbus war deutlich ‚Kleinschmidt Reinigungsservice’ zu lesen. Merkwürdig schien Jan das Ganze schon. Im Regelfall wurden die Leute pünktlich abgesetzt und mittags wieder mitgenommen. Wahrscheinlich ließ der Reinigungstrupp das Fahrzeug öfter da stehen und Jan war es nie aufgefallen. Gerade in den kälteren Monaten öffnete Jan den Nebeneingang nur, um Qualm abziehen zu lassen, wenn ihm etwas angebrannt war. Er begann auch schon wie Gregory, hinter allem und jedem eine Verschwörung zu wittern. Ein zweiter Kleinbus fuhr heran. Die Türe ging auf und der Lieferant stieg aus. Jan ging wieder einige Meter zurück und stand neben Gregory, der mit geschlossenen Augen jeden Sonnenstrahl genoss.
„Na“, sagte der Graubekittelte und schob seine Lieferung mittels einer Sackkarre Richtung Nebeneingang. „Habt ihr schon auf mich gewartet, weil ich gestern was vergessen hatte?“
„Nee“, sagte Jan gähnend.
„Und wie“, sagte Gregory ironisch.
„Ich merke schon“, knurrte der Lieferant „Ihr gehört nicht zu selben Partei.“ Er hielt Jan das Klemmbrett mit dem Lieferschein hin und meinte: „Ein Autogramm, bitte.“ Jan unterschrieb, bekam seine Kopie und schickte sich an, die nachträglich gelieferte Ware zu verstauen. Gregory sortierte die gemangelten Tischdecken nebst Servietten wieder in den Wandschrank. Ständig dachte er an die Waschküche, an die Wand und was sich dahinter befand. Jan kam ins Esszimmer. Irgendwas Besonderes musste sein, ansonsten sieht man ihn dort kaum. Meistens fand eine Kommunikation der beiden durch die Luke statt. Gregory war also gespannt.
„Du musst mir was versprechen.“ Jan schaute Gregory tief ins Gesicht und ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, dass es ihm in diesem Moment völlig ernst ist.
„Nämlich?“
„Dass du, egal was passiert, die Nerven behältst und nichts Unüberlegtes anstellst.“ Jan blieb genauso ernst wie vorher.
„Und was sollte das sein? Was geht da in deinem Kopf spazieren?
„Ich weiß es nicht, aber ich möchte es auch gar nicht wissen. Versprich es mir einfach und gut is’.“ Gregory zuckte mit den Schultern, gab Jan die Hand und nickte mit dem Kopf.
Es klingelte plötzlich wieder an der Nebentüre, die Lampe drehte sich und Jan stürzte genervt dahin. „Was ist denn hier los Heute, das ist ja schlimmer als bei der Notaufnahme. Hat unser Lieferant etwa schon wieder was vergessen?“ fragte Jan, als er die Türe schwungvoll aufriss.
„Hi“, klang eine Stimme. „Ich bin der Poolreiniger, darf ich reinkommen?“
„Ja sicher“, sagte Jan. Der Poolreiniger schleppte einige Utensilien mit sich herum und schien alles bei sich zu haben.
„Musst du noch mal zum Auto, was holen?“, fragte Jan.
„Hab’ alles dabei, danke.“
„Warte“, sagte Jan. „Ich geh voraus.“
„Nicht nötig, ich war schon mal da.“ Meinte der Poolreiniger und ging schnurstracks in die richtige Richtung.
„Hoffentlich ist der mit seiner Übung bis um 13 Uhr durch.“ Gregory war auf die Gipslöcher fixiert.
„Warum gerade 13 Uhr?“ Jans Gesicht blieb in Fragestellung stehen.
„Weil die Reinigungsleute um 13 Uhr Feierabend machen und wir dann wieder arbeiten können. Du verstehst? Brecheisen und so? Waschküche? Gips?“
„Seh’ ich aus wie ein Pflegefall? Essen auf Rädern und so? Betreutes Wohnen und so? Füttern und Popo abwischen und so? Rede mit mir vernünftig! Um 13 Uhr möchten zwei, mir bestens bekannte Herrschaften, schnabulieren. Capice?“
„Warum bist du denn so angefressen?“
„Ich bin nicht angefressen! Du steckst mich bloß mit deinem ‚hinter jedem Stein lauert eine Gefahr-Gehabe’ tierisch an, Kollege.“
„Dann buddeln wir eben um 14 Uhr weiter. Trink mal’n Cognac, dann sieht die Welt ganz anders aus.“
„Du klingst wie mein Opa.“
„Mütterlicher- oder väterlicherseits?“ Gregor ging demonstrativ in Deckung. Jan schaltete den Herd an, stellte Töpfe und Pfannen sehr geräuschvoll
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