ES: Eine Villa wird zur Leichenhalle (German Edition)
die Band handeln.
„Wir sind ‚DECALL’“, sagte einer der Männer. „Die Band... wir spielen Morgen hier. Wie wollen schon mal die Instrumente aufbauen, kleinen Soundcheck machen und so.“
„Gerne“, sagte Gregory und machte die Türe weit auf. „Ich geh dann mal vor“, säuselte er und marschierte in Richtung Wohnzimmer. „Dort vorne dürfen Sie sich einrichten, wenn Sie etwas benötigen, lassen Sie es mich bitte wissen.“ Gregory mochte diese chemisch gereinigt Art der Sprache nicht. Sie besaß kein Leben, keine Emotionen, keine Leidenschaft. Es erinnerte ihn sehr stark an seinen Beruf. Die seinerzeitigen Briefwechsel und die geführten Telefonate waren ebenso steril. „Benutzen Sie die Sprache lediglich zum Transport von Informationen!“ hieß es auf der Butlerschule. „und lassen Sie weder persönliche Emotionen, noch Wertschätzungen jeglicher Art einfließen.“ Na bitte, das sagt doch wohl alles. Die Band war mit dem Platz zufrieden, ihnen fehlte es an Nichts und sie bauten ihre Instrumente auf.
Gregory fand am Vorabend ein Schreiben auf seinem Kopfkissen, dem er den Ablauf der Party grob skizziert entnahm und das mit ‚C.’ unterschrieben war. Gregory besaß zumindest einen kleinen Überblick. Wie alles fehlerfrei zusammenzuspielen hätte, oblag ganz seinem Können. Er durfte arrangieren, delegieren und instruieren, nur nicht resignieren. Er öffnete die Glasschiebewände zum Pool. An der linken Seite sollte eine Cocktail- und Sektbar stehen. Wo ist sie? Es gongte wieder. Gregory eilte erneut zur Haustüre und öffnete. Es waren die Leute von der Eventagentur und was sie da mit sich herumschleppten, könnte die Theke für die Sekt- und Cocktailbar werden. „Folgen Sie mir bitte“, sagte Gregory höflich. „Ich mache Sie mit den Räumlichkeiten vertraut.“ Die Leute folgten Ihm und auch sie ließ Gregory wissen, dass wenn irgendetwas fehlen sollte oder sie etwas bräuchten, sie sich bitte bei ihm melden mögen.
Nach und nach gestalteten sich das Wohnzimmer und der Poolbereich in eine Partylandschaft. Die Band hatte ihre Instrumente aufgebaut und checkte den Sound. Theken entstanden und Scheinwerfer mit Stativen wurden aufgestellt. Dutzende Personen liefen hin und her, riefen sich etwas zu, holten Liegengebliebenes oder Vergessenes aus dem Auto, oder waren mit gott-weiß-was beschäftigt. Seltsamerweise entstand aus diesem Chaos eine prämienreife Filmkulisse für Festivitäten aller Art. Jan ließ sich für einen Moment blicken. Er suchte bloß Augenkontakt mit Gregory, um ihm das Signal ‚schau mal auf die Uhr’ zu geben. Gregory sah nirgends eine Uhr und fragen wollte er auch niemanden. „Hier kommt jeder klar?!“ rief er fragend und gleichsam voraussetzend in die Gegend und suchte umgehend die Küche auf, zumal dort eine Uhr an der Wand hängt. „Ich kann mich auch nicht zerteilen“, fluchte er vor sich hin, als er zur Uhr schaute und ihm klar wurde, dass ihm noch genau 4 Minuten zum Tischdecken zur Verfügung standen. „Das ist zu schaffen“, dachte er und hastete eilig ins Esszimmer. „Jetzt müssen nur noch 2 oder 3 Plätze eingedeckt werden“, überlegte er. „Das schaffe ich locker!“
Er sah Jan durch die Luke demonstrativ den Gelangweilten spielen. Jan musste sich um kaum etwas kümmern, was die Festivitäten anbelangte. Gregory stellte um genau 1 Minute vor der Zeit das letzte Teil auf den Tisch und tat es wie ein Zauberer auf der Bühne, dem ein besonders kniffliger Trick gelungen war. Gregory hörte die Stimmen seiner Herrschaft. Entweder sprachen sie mit Jemandem oder miteinander. Beides wäre höchst ungewöhnlich gewesen. Die Stimmen der beiden kamen näher, sie traten ein und Gregory traute weder seinen Augen, noch seinen Ohren und er würde es auch nicht glauben, wenn er nicht selbst dabei gewesen wäre – seine Herrschaft unterhielt sich prächtig. Es war irgendein Allerweltsgefasel, nichts von Belang, aber sie waren seit jenem ‚Waschtag’ wie ausgewechselt. Gregory begrüßte beide angemessen und devot.
„Die neue Jacke sieht gut aus“, sagte sie zu ihrem Mann.
„Ja, darin kann ‚Es’ sich sehen lassen, wenn Morgen das Haus voller Leute ist.“ Di Lauro suhlte sich in seinem Glanz, von dem niemand wusste, wie er ihn erlangte. Er hob das Glas, blickte zu ihr und erklärte: „Lass uns anstoßen auf den morgigen Tag, dass er dich erhebt, so wie ich diesen Weinpokal erhebe, dich glücklich macht und dir noch lange in Erinnerung bleiben soll!“
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