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Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Titel: Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ljudmila Petruschewskaja
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dürftigem Fell bekleidet.
    Die Frau heult fast los. Die Katze bereitet sich auf ihren Untergang vor. Auf sie wartet die Straße, streunende Hunde, Hunger. Die Katze kann nicht um ihr Leben kämpfen, sie weiß nicht, wie sie sich retten soll. Gleich heute wird man sie aus dem Haus scheuchen, wird ihr einen Tritt in die Rippen geben nach der ersten hingemachten Pfütze.
    Die M-T hält in ihrer feierlichen Bewegung nach unten inne. Sie überlegt, dass die Katze draufgehen wird, so wie alles draufgegangen ist – das Geschirr, die Stühle, der Fernseher, die Kleider.
    Das Monster kann seinen uneingeschränkten Sieg feiern.
    Â»Das ist ein bisschen zu viel«, überlegt die M-T, »alles diesem nichtswürdigen Ding in den Rachen.«
    Â»Genug«, beschließt sie, »dass ich mich auch gleich so habe einschüchtern lassen!«
    Ljalja sitzt da wie ausgestopft, mit aufgerissenen, glasigen, trüben Augen. Ihr Schwanz, sonst voller Energie, der ihre Gefühle ausdrückt, liegt jetzt wie ein staubiger, lebloser Strick da. Das Fell ist schon ganz matt und fahl.
    Da nimmt die Frau Ljalja auf den Arm, drückt den erstarrten Körper an sich und klingelt bei den Nachbarn, von dort ruft sie entschlossen den Hausmeister an und setzt sich auf den ihr angebotenen Stuhl, um auf den Schlüsseldienst zu warten.
    Als die Tür aufgebrochen ist, betritt sie ihr zerstörtes Heim, setzt Ljalja auf den Boden und betrachtet die Wohnung mit gänzlich neuen Augen. Als ob hier alles neu sei, fremd, interessant.
    Die Schuhe stehen noch alle in der Diele! Vom Geschirr sind alle Töpfe heil geblieben und die Schüssel und der Becher! Löffel! Gabeln! »Was für ein Luxus!«, denkt die Frau, die schon drauf und dran war, unten auf der Straße im Müllcontainer zu wühlen auf der Suche nach einer Büchse zum Trinken und nach verschimmeltem Brot zum Essen.
    Â»Hätte ich diesen Luxus etwa im Müll gefunden?«, fragt sie sich, als sie den Kühlschrank öffnet, in dem zwei Teller stehen, ein flacher und ein tiefer, mit gekochten (!) Kartoffeln und Roter Bete. Und ein kleines Schraubglas mit Suppe! Und ein Schüsselchen mit Fisch für Ljalja!
    In der Wohnung gibt es alles. Ein warmes, relativ sauberes Heim, zumindest wenn man es von der Küche aus betrachtet. Das Wasser läuft, es gibt Seife und Telefon! Und das Bett! Laken gibt’s und einen Bettbezug, was für ein Glück. Schallplatten auf dem Sofa und ein vergessener Schallplattenspieler in der Ecke, einst hat jemand sehr gern Musik gehört in dieser Wohnung … Mutter oder Tochter.
    Die Mutter-Tochter räumt schnell das in Scherben zerschlagene Geschirr auf (halb so wild, ist ja nicht das erste Mal in diesem Haus), unternimmt mehrere Gänge zum Müllcontainer, und als sie das dritte Mal einen Sack mit Scherben und Müll hineinschüttet, treten zwei Männer in schmutziger, speckiger Kleidung und mit Taschen über der Schulter vorsichtig näher, warten einen Augenblick, um sich dann gleich über den Müll herzumachen, kaum dass die M-T sich entfernt hat. Sie bewegen sich wie Schatten von Menschen, die sich in verschiedene Richtungen ausbreiten und krümmen.
    Die M-T geht unter ihrem Fenster nachschauen. Natürlich, sie haben den Sack leer gemacht. Ein anderer wird jetzt in M-Ts Pullovern und Hosen rumlaufen, und sie wird frei wie ein Vogel ohne Kleider rumspazieren. Jawohl!
    Als sie wieder in ihre saubere, gefegte, gewischte Wohnung kommt, wundert sich die M-T vor allem über ihre frühere Unentschlossenheit (sie hat die Lebensmittel nicht weggeworfen, den Inhalt des Kühlschranks nicht zerschlagen, hat alle Glühbirnen ganz gelassen).
    Sie greift sich an den Kopf, holt den Fisch aus dem Kühlschrank und legt ihn Ljalja in ein Schüsselchen.
    Ljalja sitzt noch zur Salzsäule erstarrt mitten auf der Diele, ihre Augen erinnern immer noch an Weintrauben, von denen man die Haut abgezogen hat, mit einem kaum sichtbaren Kern im Innern.
    Der Atem des Todes hat ihre schreckhafte Seele offenbar einfrieren lassen.
    Die Frau gibt sich keine Mühe, die Katze zu trösten, sie hat jetzt nur eine einzige Aufgabe – alles so schnell wie möglich in den früheren Zustand zu bringen, dann kommt die Katze schon wieder zu sich.
    Und wie es oft so ist, wenn ein Familienmitglied Angst hat oder hysterisch ist, fasst sich das andere Familienmitglied ein Herz, um die Lage zu

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