Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
Frau.“
„Gott möge mir vergeben“, flüsterte er unter Tränen. „Sie war keines von meinen Schäfchen. Ich kannte sie nicht, ich wollte ihr nichts tun. Sie war kein Makel für meine Gemeinde.“
„Und Maggie Kennedy?“, fragte Bragg ruhig. „Hatte sie auch den Tod verdient?“
Culhane nickte und sah auf. „Sie hat mit Ihrem Bruder rumgehurt, Miss Cahill.“ Ein hasserfüllter Ausdruck schlich sich in seine Augen. „Und Sie habe ich auch gesehen“, zischte er. „Ich sah Sie gestern in Calder Harts Bibliothek.“ Sein Blick war eine einzige Anklage.
Sie zuckte hoch, ihre Wangen wurden heiß, als ihr klar wurde, was er damit meinte. „Sie haben uns bespitzelt?“, rief sie.
Plötzlich stand er auf und richtete seine gefesselten Hände auf sie. „Sie sind die Nächste“, brüllte er. „Sie sind die Treuloseste von allen!“
Bragg packte Culhane und stieß ihn einem Polizisten in die Arme, der bereits seinen Schlagstock gezückt hatte. „SchaffenSie ihn hier raus“, wies er ihn angewidert an.
„Ja, Sir“, erwiderte der junge Mann und zerrte Culhane aus dem Raum, der sich noch einmal zu Francesca umsah. „Oh ja“, rief er ihr zu. „Weinen Sie ruhig vor Furcht, denn die Treulosen werden alle sterben.“
„Halt die Klappe!“, raunte der Polizist ihn an und verließ mit ihm den Raum.
„Die Treulosen werden alle sterben“, schrie Culhane noch, als er längst durch den Korridor abgeführt wurde. Seine schweren Schritte schallten so durch den Gang wie seine Worte, dann war wieder Ruhe eingekehrt.
Francesca zitterte am ganzen Leib und sah zu Bragg, als der sie an den Schultern fasste. „Ich frage mich“, wisperte sie, „ob ich wirklich die Nächste gewesen wäre.“
„Das ist nicht wichtig“, sagte er mit Nachdruck. „Culhane ist in Gewahrsam, und auf ihn wartet nichts anderes als der elektrische Stuhl. Gott sei Dank, dass er gar nicht erst die Gelegenheit bekam, dir nachzustellen.“
Sie atmete tief durch und zitterte immer noch ein wenig. Es galt als fast sicher, dass sie von Culhane beobachtet worden waren, wie sie und Hart sich am Abend zuvor geliebt hatten. Bei dem Gedanken allein schauderte ihr.
„Es ist vorbei“, sagte Bragg sanft.
„Ich weiß“, erwiderte sie und strich ihm über die Wange.
„Mich entsetzt nur der Gedanke, dass er mir nachspioniert hat.“ Sie ließ den Satz unvollendet, da sie keine Erklärung folgen lassen wollte.
Bragg wusste aber auch so, was sie meinte. Er wandte sich ab und ging zum Fenster, um nach unten auf die Mulberry Street zu sehen.
„Ich weiß, ich habe dich schon einmal gefragt“, sagte sie, als sie sich zu ihm stellte. „Trotzdem: Wie kann ich dir helfen?“
„Deine Freundschaft ist schon Hilfe genug, Francesca.“
„Soll ich Leigh Anne noch einmal besuchen? Sie ist so melancholisch, Rick. Vielleicht kann eine gute Freundin ja bewirken, dass sie einen Weg aus ihrer Verzweiflung findet.“
„Ja, das wäre schön“, meinte er mit ernster Miene.
Sie war sich sicher, dass sie sehen konnte, wie seine Augen den Schmerz widerspiegelten, den er empfand. Da sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, nahm sie seine Hand und drückte sie.
Es kam ihm vor, als sitze er bereits seit Stunden in diesem Salon.
Er war allein, in einer Hand hielt er ein Glas mit einem hochprozentigen Drink – sein zweiter, vielleicht auch schon sein dritter. Immer wieder sah er das Bild vor sich, wie Maggie sich in den Armen dieses Ungeheuers befunden hatte, die Klinge an die Kehle gedrückt.
Die Türen zum Salon standen weit offen. Als er Schritte hörte, sprang er auf, wobei ihm beiläufig bewusst wurde, in welch unordentlichem Zustand er sich präsentierte. Seine Jacke hatte er weggelegt, die Hemdsärmel hochgekrempelt, und die Krawatte saß schief. Rourke blieb an der Türschwelle zum Salon stehen. „Bist du in solcher Aufregung um sie? Es geht ihr gut, Evan. Das war nur ein Kratzer am Hals. Ich bin sicher, der Schock über den Überfall ist viel schlimmer.“
„Ist Dr. Finney noch bei ihr?“, fragte Evan.
„Er ist gegangen“, erwiderte Rourke. „Er hat ihr etwas Laudanum gegeben, und für den Rest des Abends muss sie ruhen.“
„Ich möchte zu ihr“, sagte Evan. Ohne auf eine Reaktion zu warten, stürmte er aus dem Salon, blieb aber im Flur stehen, da er nicht wusste, wohin er gehen musste.
Rourke zeigte nach links. „Calder gab ihr den Nordflügel.“
„Erinnere mich daran, dass ich ihm noch danke“, gab Evan über die Schulter
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