Es wird Dich rufen (German Edition)
reingehen?«, fragte Mike. »Was ist, wenn sie plötzlich auftauchen?«
»Wer sagt, dass ich alleine bin, Mike?«
»Es ist doch sonst keiner da!«
»So soll es ja aussehen«, lächelte der Großmeister. »Agenten machen schließlich keinen Sinn, wenn sie entdeckt würden.«
Kaum hatte er sich vergewissert, dass Mike und Feline sich tatsächlich an seine Instruktionen hielten und in das Fahrzeug eingestiegen waren, marschierte der Großmeister strammen Schrittes auf das Schlosshotel zu. Er nahm den direkten Weg. Nach außen vermittelte er den Eindruck eines seriösen Geschäftsmanns, der zu einer wichtigen Sitzung eilte.
Die Räume des Hotels waren dem Großmeister vertraut. Oft schon war er hier gewesen und hatte mit den unterschiedlichsten Menschen konferiert. Er wusste also genau, was er zu tun hatte.
Höflich bat er den ihm bereits bekannten jungen Mann an der Rezeption um Auskunft, wo sich denn die privaten Räume befänden. Er sei zu einem Treffen dorthin gebeten worden.
Bereitwillig erklärte ihm der Portier, dass er die Treppe im Südturm nehmen müsse, um in das Untergeschoss zu gelangen. Dort solle er dem langen Gang bis zum Ende folgen.
Bis zur Treppe verhielt sich der Großmeister betont unauffällig. Erst als er aus dem Sichtfeld des jungen Mannes verschwunden war, tastete er sich vorsichtig, Schritt für Schritt, die Stufen in das Untergeschoss hinab.
Seine Sinne arbeiteten auf Hochtouren. Kein Geräusch durfte ihm entgehen. Sollten ihm Schritte entgegenkommen, musste er sofort reagieren können. Er hatte schließlich nicht die ganze Wahrheit gesagt, als er vorhin Agenten in seiner Nähe erwähnte. Das entsprach außerhalb des Gebäudes zwar den Tatsachen, innerhalb des Hotelkomplexes standen ihm jedoch keine zur Verfügung. Es reichte allerdings, wenn nur er das wusste.
Nachdem der Großmeister die letzte Stufe hinter sich gelassen hatte, lag der lange Korridor nun unmittelbar vor ihm, der mit einem roten Teppich ausgelegt war. Links und rechts neben den Zimmertüren waren Zimmerpflanzen platziert, die Spalier standen.
Vorsichtig setzte der Großmeister einen Fuß vor den anderen, bis er schließlich an jener Tür angelangt war, hinter der sich die Privatgemächer befanden.
Er presste sein rechtes Ohr an die Tür. Gleichzeitig hatte er mit den Augen den Gang fest im Blick. Nichts rührte sich. Alles war still.
Langsam bewegte sich seine Hand auf den Türgriff zu und umklammerte ihn. Die Klinke gab dem sanften Druck nach. Doch die Tür war verschlossen.
Das sollte jedoch das geringste Problem für ihn sein.
Aus seiner Hosentasche kramte er einen feinen Draht, den er vorsorglich mit sich führte. Er war geübt darin, Schlösser zu knacken, ohne sie zu zerstören. Bisweilen hatte ihm diese Fähigkeit schon geholfen, obwohl er sie nur in Ausnahmefällen anwandte. In Fällen wie diesem.
Das Schloss knackte. Die Tür ließ sich öffnen. Zuerst nur einen Spaltbreit, durch den der Großmeister schaute.
Jean lag auf einem Bett, an das er gefesselt war. Er schien zu schlafen. Rechts von ihm stand ein alter Holztisch, auf dem sich diverse Papiere stapelten.
Stein schlüpfte durch die Tür und schloss sie wieder.
»Wachen Sie auf«, flüsterte der Großmeister. Er hatte Glück, Jean hörte ihn. Er schlug die Augen auf.
»Wie gut, dass Sie da sind«, sagte er ohne den Hauch einer Überraschung im Gesicht. Sein erster Gedanke galt ganz im Gegenteil seinem jungen Schüler: »Wie geht es Mike Dornbach?«
»Boone wollte ihn umbringen, aber er hat es überlebt.«
»Die Kugel hat das Amulett getroffen, richtig?«
»Sie wussten es?«, fragte der Großmeister. »Dann haben Sie das Orakel befragt?«
»Ich musste wissen, wie die Zeitlinien verlaufen.«
»Wo sind Ihre Bewacher?«
»Sie glauben, eine heiße Spur zu haben«, sagte Jean. »Ich denke nicht, dass sie vor heute Abend wieder zurück sind. Sie fühlen sich im Moment zu sicher und sind leichtsinnig geworden. Ich habe dem General ein wenig ins Gewissen geredet …«
»Das ist gut für uns«, bemerkte der Großmeister.
»Wir haben nun zumindest eine gute Chance, es aufzuhalten.«
»Ich werde Sie hier herausholen!«, versprach der Großmeister. »Lassen Sie mich Ihre Handschellen lösen.«
»Warten Sie, Euer Eminenz«, hielt ihn der alte Mann jedoch zurück. »Die Söhne sind nicht mehr so umsichtig wie zuletzt und der General ist ins Wanken geraten. Der Vorfall mit seiner Tochter hat ihn mehr mitgenommen, als er es zugeben will.«
»Sie
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