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Es wird Dich rufen (German Edition)

Es wird Dich rufen (German Edition)

Titel: Es wird Dich rufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Cross
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und Bruder Thomas hatten den Ratssaal fast erreicht, als ihnen ein sichtlich abgehetzter Mann entgegenkam. Es war der Kardinal, auf den sie noch gewartet hatten. Er war mit seinen 56 Jahren einer der jüngeren Vertreter seines Standes. Das kurze dunkelbraune Haar des Brillenträgers war an den Schläfen bereits ergraut. Unter seinen Armen hielt er einen dicken Ordner mit Papieren und eine Aktentasche.
    »Ich hoffe, ich bin nicht zu spät«, stöhnte er, noch außer Atem. »Ich habe mich beeilt, so gut es geht. Schneller konnte ich nicht hier sein, Euer Eminenz!«
    »Machen Sie sich deswegen bitte keine Gedanken«, beruhigte ihn der Großmeister. »Wir haben noch nicht angefangen.«
    Durch ein knapp drei Meter hohes Portal, das mit Ornamenten und Gravuren verziert war, gelangten die Ordensbrüder in den geheimen Saal, in dessen Mitte ein großer Tisch stand, der sich aus mehreren, aneinander gereihten Einzelelementen zusammensetzte und Platz für dreizehn Personen bot. Er erinnerte dadurch entfernt an die Beschreibungen der Tafelrunde aus der Sage um König Artus. Auf dem Tisch standen einige Gläser, Karaffen mit Wasser und Wein sowie Kuchen und einige Gebäckstücke.
    Der Platz an der abgeflachten Stelle war dem Großmeister und seinen beiden Stellvertretern vorbehalten.
    Normalerweise tagte hier der innere Zirkel der »Bewahrer des Lichts«, wie sich der Orden offiziell nannte. Neben dem Großmeister zählte das höchste Gremium schon seit undenkbar langen Zeiten zwölf weitere Mitglieder; eine bewusst gewählte Zahl, galt sie doch seit jeher als erhabene Zahl, die auch die Tierkreiszeichen und den ewigen Kreislauf der Monate bestimmte.
    Der Raum wurde von mehr als hundert Kerzen erleuchtet. Von der Decke strahlte zudem ein goldener Kronleuchter, dessen Diamantsplitter die Lichtstrahlen bündelten und damit für ausreichend Helligkeit sorgten.
    Zwar verfügte der jahrhundertealte Saal, ebenso wie all die anderen Räume und Gänge in dem unterirdischen System, mittlerweile über Elektrizität. Zur Wahrung der Tradition hatten die Ordensvertreter aber schon vor vielen Jahrzehnten beschlossen, hier dennoch nur bei Kerzenlicht zu tagen – ganz so, wie es auch ihre Vorfahren schon getan hatten. An den Wänden hingen wertvolle Ölgemälde, die sich über die Jahrhunderte angesammelt hatten. Es handelte sich dabei um Porträts der jeweiligen Großmeister seit Gründung des Ordens; ein gewaltiger materieller Schatz, denn einige der Köpfe waren von berühmten Künstlern, wie Michelangelo oder Leonardo da Vinci persönlich gemalt worden. Abgesehen vom inneren Zirkel des Ordens, wusste allerdings niemand etwas über die Existenz dieser Kunstschätze.
    An der kurzfristig einberufenen Sitzung nahmen Kardinal Di Trampa, sein Stellvertreter, Erzbischof LeCombe, und zwei weitere Bischöfe aus Rom teil. Auch Abgesandte des Ordens aus Österreich, Italien, der Schweiz und Großbritannien waren anwesend. Sie alle waren noch in der Nacht eingeflogen, nachdem der Großmeister für diese Sitzung die höchste Prioritätsstufe ausgegeben hatte. Nur ein Platz war frei geblieben: der des französischen Priors.
    Während sich die anwesenden Ordensbrüder zunächst keine Gedanken darüber machten, war nur zwei Mitgliedern dieser Runde, Bruder Thomas und dem Großmeister, der traurige Grund dafür bekannt.
    Erwartungsvoll blickte die versammelte Runde auf den Großmeister. Dieser räusperte sich schließlich und wandte sich an die erschienenen Vertreter. Eine undurchdringliche Stille beherrschte nun den geheimen Ratssaal.
    »Ich danke Euch, Brüder, dass Ihr alle gekommen seid«, sagte er und griff nach einer der Karaffen, um sich Wasser einzuschenken. Dann erhob er das Glas, wie es die Satzung des Ordens verlangte, und sprach die seit Jahrhunderten vorgegebenen Worte: »Im Namen des Heiligen Geistes und der Erleuchtung, die er uns geschickt hat, will ich diese Versammlung eröffnen.«
    »So sei es«, antworteten die restlichen Anwesenden einstimmig im Chor.
    »Liebe Brüder«, begann der Großmeister mit seinem Bericht und blickte dabei unübersehbar auf den frei gebliebenen Stuhl.
    »Ich muss Euch eine traurige Mitteilung machen: Unser geschätzter und sehr verehrter Mitbruder Gérard, Prior des französischen Zweiges unseres Ordens, ist dieser Tage verstorben.«
    Der Großmeister sah in die bestürzten Mienen der Brüder.
    »Das ist ja schrecklich!«, rief einer der Anwesenden aus.
    »Was ist denn passiert?«, hörte man einen

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