Es wird Dich rufen (German Edition)
weiteren.
»Es ist einer der Gründe, weswegen ich Euch gerufen habe, liebe Brüder«, fuhr der Großmeister in ruhigem und sachlichem Ton fort. »Für uns alle ist der plötzliche Tod von Bruder Gérard sicher ein schmerzlicher und schlimmer Verlust. Wesentlich beunruhigender ist allerdings die Tatsache, dass er durch die Hand eines anderen starb.«
»Er wurde ermordet?« Entsetzen machte sich breit.
»Ich habe unsere Freunde in Rennes mit weiteren Nachforschungen beauftragt. Wir können uns nun ein sehr genaues Bild davon machen, was passiert ist. Es scheint, dass die Söhne Luzifers für diesen Anschlag verantwortlich sind.«
Kardinal Di Trampa sprang erschrocken auf. Diese Nachricht hatte ihn und all die anderen Mitglieder des innersten Zirkels wie ein Schlag getroffen. Fassungslos stand er da und starrte in das regungslose, fast gleichgültig wirkende Gesicht des Großmeisters.
»Setzen Sie sich bitte wieder, Kardinal«, bat dieser ihn in einem strengen, aber dennoch unaufgeregten Tonfall. Er hatte größtes Verständnis für die Erregung, schließlich war er selbst nicht minder schockiert gewesen, als ihn die Botschaft aus Frankreich erreichte. Einige Male hatte er nachgefragt, ob es daran wirklich keinen Zweifel gab. Und immer wieder erhielt er zur Antwort, dass ein Irrtum ausgeschlossen sei. Die Söhne Luzifers waren wieder aktiv geworden.
Seit Jahrhunderten waren sie gefürchtete Gegner der »Bewahrer des Lichts«. Immer wieder hatten sie versucht, an das Allerheiligste des Ordens heranzukommen: an den Schrein, der allerdings sehr gut bewacht wurde. Keiner außer den Großmeistern und seinen Wächtern wusste, wo genau er sich befand. Es war seit Jahrhunderten die einzige Möglichkeit, den Schrein im Verborgenen zu halten und das Geheimnis zu schützen. Bislang war dies dem Orden auch gelungen.
Seit mehreren Jahrzehnten hatten sie nichts mehr von den Söhnen Luzifers gehört. Erst vor wenigen Wochen berichteten Agenten seines Ordens dem Großmeister jedoch über »gewisse Aktivitäten«, woraufhin er die ihm notwendig erscheinenden Schritte hatte einleiten lassen. Innerhalb des Ordens weihte er darüber allerdings niemanden ein. Seine Aufgabe als Oberster verlangte es, dass er auch weiterhin Stillschweigen über sein eigentliches Vorhaben bewahren musste. Seinen Mitbrüdern durfte er deshalb nur bedingt preisgeben, was er wusste.
»Wir sind im Moment in einer äußerst heiklen Situation«, erläuterte er weiter. »Die Söhne scheinen sich dessen bewusst zu sein.«
»Was ist los?«, fragte der Kardinal besorgt.
»Der Wächter des Schreins ist …«
»Was ist mit ihm?«, wollte Kardinal Di Trampa wissen. »Ist er tot?« Zwar wusste keiner, auch er nicht, wer die ehrenvolle Aufgabe des Wächters jeweils innehatte, da dieser ausschließlich vom Großmeister verpflichtet wurde und ein absolutes Stillschweigen einhalten musste.
Damit wollte der Orden sicherstellen, dass der Verrat durch ein Mitglied des internen Zirkels, wie er sieben Jahrhunderte zuvor geschehen war, praktisch ausgeschlossen wurde. Dennoch hatte der Kardinal einen schlimmen Verdacht, der angesichts der Umstände gewissermaßen auf der Hand lag.
»Bruder Gérard …«, fragte er. »Er war der Wächter?«
Statt einer konkreten Antwort bekam der Kardinal aber nur ein geheimnisvolles Kopfschütteln zu sehen.
»Selbst wenn er es war …«, sagte der Großmeister leise. »Sie wissen doch: Ich darf es Ihnen nicht sagen. Fakt ist: Der Schrein ist im Moment nicht so bewacht, wie er es unbedingt sein sollte.« Beschwichtigend ergänzte er: »Das Allerheiligste ist momentan aber nicht in Gefahr! Wenn wir besonnen handeln, wird es dabei auch bleiben. Wir müssen nur auf das vorbereitet sein, was auf uns zukommen wird.«
Der Großmeister griff nach seinen Notizen.
»Wir wissen, dass Bruder Gérard die geheimen Papiere nicht mehr bei sich trug.«
»Die Papiere?«, rief der Vertreter aus Großbritannien, Bruder Michael, schockiert aus. »Doch nicht etwa die Papiere?«
»Genau diese!«, nickte der Großmeister.
»Was ist damit passiert?«, fragte der Botschafter des Vatikans.
»Nun, da Bruder Gérard sie nicht hatte, gingen wir zunächst von dem schlimmstmöglichen Fall aus: dass sie von den Söhnen Luzifers gestohlen wurden.«
Ein Raunen ging durch den Saal. Jedem war klar, was es bedeutete, wenn die Dokumente in den Besitz der Söhne gelangten.
»Inzwischen wissen wir aber«, erklärte der Großmeister weiter, »dass die Papiere bei einem
Weitere Kostenlose Bücher