Est Electio: Dämonische Versuchung (German Edition)
zu ihr war und lehnte ihre Stirn an die seine. Eine Träne floss aus Ciprians Auge und zog sich, wie eine gläserne Perle, an seinem Kinn zusammen. Für die Dauer eines kurzen Augenblicks verharrten sie in dieser Stellung, als würden sie wortlos zueinander sprechen. Schließlich lösten beide gleichzeitig jene Nähe. Maira hielt ihren Arm an seinen Mund. Vorsichtig führte er seine Lippen an ihre Schnittwunde und trank von ihrem Blut.
„Und denkt daran“, erinnerte Sandice und schenkte Maira die Tarot Karte mit dem Tod darauf. „Veränderung, Neubeginn, Geburt.“
Maira steckte sie ein, als sie Sandices Haus mit gemischten Gefühlen verließen.
Schon morgen war ihr einundzwanzigster Geburtstag und sie fragte sich, ob Andash die geplante Feier wohl abgesagt hatte. Sicherlich wäre dies, in Anbetracht aller Geschehnisse, das Beste.
Ciprian stand an Mairas Fenster. Sie hatte ihn gefragt, ob er über Nacht bei ihr bleiben würde und er hatte ja gesagt. Nun waren sie alleine in ihrem Zimmer. Es war fast so, als wäre alles wie früher, als sie noch ein Kind gewesen war, das mit dem besten Freund einen Filmabend machte. Erinnerungen an ihre Jugend überkamen sie. Sie sehnte sich nach der unbeschwerten Zeit, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. Ciprian war schon damals nie von ihrer Seite gewichen. Streit hatte es zwischen den Freunden nur gegeben, wenn sie ihn angefangen hatte. Er hatte dann stets versucht sie zu besänftigen. Hatte ihr den Sachverhalt vorgetragen und alles mit seiner ruhigen Stimme gebändigt. Bei dieser Erkenntnis musste sie lächeln. Nie hätte er sich dazu hinreißen lassen, ihr mit Worten wehzutun. Immer schon hatte er sie auf Händen getragen und ihr bereits als kleiner Junge immer alles recht machen wollen. Jedoch behielt er dabei ganz diskret seine eigenen Meinungen bei. In einer klugen Art und Weise brachte er ihr diese so nah, dass sie sich selbst mit ihnen identifizieren konnte. Früher waren sie meist die ganze Nacht wach geblieben. Hatten über alles mögliche philosophiert und sich sämtlichen Unsinn im Fernsehen angesehen. Zwischendurch gab es eine Partie Schach oder Dame, wobei Ciprian meist gewann. Sie hatte sich dann immer bemüht ein fairer Verlierer zu sein, obwohl es in ihr gebrodelt hatte, wie in einem Vulkan, der kurz davor stand auszubrechen. Wann immer er „Schachmatt“ ausgerufen hatte, war sie im Begriff gewesen, das Brett gegen die Wand zu pfeffern. Durch ihn hatte sie gelernt sich zu kontrollieren. Erst jetzt wurde ihr bewusst, was er alles für sie getan hatte. Was sie ihm verdankte und die Befürchtung, dass sie ihn verlieren könnte, raubte ihr den Atem.
Ciprian wirkte betrübt, immer wieder sah er zu Maira und sein Blick haftete an dem Verband, den sie um ihren Arm trug. Dem Arm, aus dem er eben ihr Blut getrunken hatte. Noch war er ein Engel, noch war das Gute in ihm allgegenwärtig und sein schlechtes Gewissen fraß ihn förmlich auf. Er wusste, dass es vermutlich mit jeder Stunde abklingen würde. Die Zeit würde ihm langsam all seine guten Züge nehmen und durch die eines seelenlosen Vampirs ersetzen.
Eigentlich war nun fast alles egal. Auch die Tatsache, dass Maira das Pentagramm von Caelicola selbst, um ihren Hals trug und es ihr, allem Anschein nach, nicht das Geringste ausmachte.
Vor vielen hundert Jahren, war er jenem Schmuckstück schon einmal begegnet. Eine Engelsfrau namens Ranossa hatte es dem Herrscher über die Hölle gestohlen. Caelicola hatte sich unsterblich in sie verliebt und sie in seine Welt verschleppt. Eine ganze Weile hatte sie bei ihm im Fegefeuer verbracht. Irgendwann erschien sie wieder auf der Erde und sie hatte das Pentagramm dabei. Es war sein heiligstes Stück und er hätte es sicher nie freiwillig weggegeben. Sie wurde von Dämonen verfolgt, die auf der Suche nach dem Pentagramm waren. Doch Ranossa war schlau, sie versteckte es an einem sicheren Ort. Einen Ort, zu dem weder Himmel noch Hölle Zutritt hatten. Eine Zwischenwelt, von ruhelosen Geistern besiedelt. Die Seelen all derer, die sich nach ihrem Tod nicht zwischen den beiden Seiten entscheiden konnten. Reine Seelen, die zu jener Entscheidung berechtigt gewesen wären. Es heißt, dass das Pentagramm Ranossa geschwächt habe und als sie es um den Hals trug, soll dieser verbrannt sein. Ciprian hatte sie damals nur aus der Ferne gesehen. Sie hatte am eisernen Tor des Himmelreichs gestanden und um ihre Aufnahme gefleht. Numen jedoch, hatte sie nicht eingelassen,
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