Eternally - Cach, L: Eternally
sie daran dachte, was darin lag. Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, Madame Snowe möge zu anderen Pflichten gerufen werden, bevor sie einen Blick auf ihr ramponiertes Gepäck werfen konnte.
Durch einen Seiteneingang betraten sie eine äußerst nüchterne Eingangshalle. Vor einem riesigen offenen Kamin standen ein paar Sessel mit Gobelinpolstern um einen Kaffeetisch, auf dem Illustrierte lagen. Links trennten eine hohe Theke und das Glasfenster einer Rezeption einen Bürobereich ab. Daneben hingen an einer Wand Postfächer mit Glasfenstern und Messingverzierungen. An der gegenüberliegenden Seite des Raums befanden sich zwei Flügeltüren in gotischen Steinbögen.
Madame Snowe wischte sich die Graupelkörner von den Ärmeln, dann faltete sie locker die Hände. »Jetzt, wo wir der Kälte entkommen sind, lass mich die Erste sein, die dich, Caitlyn, im Château de la Fortune willkommen heißt.«
»Danke«, murmelte Caitlyn.
»Wie du vielleicht schon vermutet hast, bin ich die Schulleiterin, Madame Snowe. Ich hoffe aufrichtig, dass die Zeit hier bei uns an der Fortuna-Schule dir von Nutzen sein wird und du von allem, was wir zu bieten haben, vollen Gebrauch machst. Das hier ist Greta«, sagte sie und nickte zu der blonden Frau mittleren Alters. »Sie ist die Hausmutter und wird dir dein Zimmer zeigen. Wenn du Fragen hast oder etwas für deinen persönlichen Bedarf brauchst, wende dich an sie.«
Der Fahrer polterte herein und ließ Caitlyns Gepäck fallen. Caitlyn bemerkte, wie Madame Snowe große Augen machte, als sie es sah. Caitlyns Wangen brannten.
Ihr Gepäck war ein grüner Seesack aus Zeiten des Vietnamkriegs, den sie für einen Dollar auf einem Flohmarkt erstanden hatte. Der ausgeblichene Stoff war mit wolkenförmigen Stockflecken übersät, an einem Ende war ein Riss mit gezackten Stichen aus schwarzem Teppichgarn geflickt worden. Dank Caitlyns mangelhafter Nähkünste erinnerte er an eine von Frankensteins Narben.
»Ist das alles, was du dabeihast?«, fragte Greta.
Caitlyn nickte und wäre am liebsten im Erdboden versunken.
»Sehr gut. Du hast sicher schnell ausgepackt, und dann verbrennst du die Tasche am besten.«
»Recyceln und wiederverwenden!«, entgegnete Caitlyn gespielt fröhlich. »In Oregon sind wir Meister darin, umweltbewusst zu leben. Warum einen neuen Koffer kaufen, wenn es der Seesack von jemand anders genauso tut?«
»Wir werden dafür sorgen, dass er … ordnungsgemäß entsorgt wird«, sagte Madame Snowe trocken. »Wir sehen uns morgen früh um neun Uhr in meinem Büro, damit ich dir Informationen über die Schule geben und dir mitteilen kann, was ich von dir als Stipendiatin erwarte.«
Sie wandte sich an Greta. »Greta, bitte sorge dafür, dass Caitlyn sich in ihrem Zimmer einrichtet und dass sie duscht.« Mit einem Nicken drehte sie sich auf dem Absatz um und ging.
Caitlyn hob einen Arm und schnüffelte verstohlen an ihrer Achsel. Wollte Madame Snowe etwa andeuten, dass sie schlecht roch? Sie sah, dass Greta sie beobachtete, und ließ den Arm sinken. »Ich wollte mich nur vergewissern«, sagte sie verlegen.
»Bist du sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?«, fragte Greta fürsorglich.
Caitlyn lächelte schief. »Ja. Wirklich. Ich bin nur müde.« Gretas Wärme tat gut nach der eisigen Kälte der Schulleiterin. Sogar Gretas deutscher Akzent war irgendwie tröstlich, er klang nach warmem Apfelstrudel und heißer Schokolade.
»Nach einem Bad und vielleicht etwas Tee, der deinen Magen beruhigt, wird es dir wieder besser gehen. Versuch, bis heute Abend wach zu bleiben, dann wirst du besser mit dem Zeitunterschied zurechtkommen«, sagte Greta.
»Okay. Danke.« Caitlyn wusste nicht, wie sie das schaffen sollte. Sie konnte sich jetzt schon kaum noch auf den Beinen halten.
Greta tätschelte ihr den Arm und lächelte. »Es wird alles gut.«
Caitlyn kam es so vor, als ließe Gretas Berührung sanfte Energie durch ihren Arm fließen, und sie glaubte ihr.
»Nun komm«, sagte Greta und öffnete die Flügeltür auf der rechten Seite des Raums. Caitlyn nahm ihr ökologisch korrektes Gepäck und folgte ihr durch eine riesige mittelalterliche Halle mit einem Steinboden in Schachbrettmuster und tiefroten Wänden, die mit goldenen Liliensymbolen, gemustert waren; die hohe Decke war königsblau und mit goldenen Sternen gesprenkelt. In der Mitte verliefen zwei Reihen ockergelber Säulen, die die hohen Bögen stützten. Der Raum war voller Tische, Bänke und dem Geruch nach Mittagessen.
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