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Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman

Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman

Titel: Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Petery
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Leben ändern. Muss mir auch keine Sorgen mehr machen, das Taxi nicht zu finden.
Oder eines Tages an meiner eigenen Kotze zu ersticken. Oder nicht mehr Göttin meiner Welt zu sein. Melanie passt auf mich auf. Will, dass es mir gutgeht. Es ist gut, beliebt und geliebt zu sein, von euch und von ihr. Sich durch die Menge der Gläubigen zu drängen, der Fans, die mir vertrauen. Zu wissen, es gibt sie. Somewhere in the crowd is you. Luftkuss an dich, Melanie, meine Freundin.

8
RUINENLANDSCHAFTEN
    Ich bin eine Statue. Irgendwer muss mich aus dem Marmor gesprengt haben, vielleicht in einem warmen, exotischen Land, von wo aus ich dann mit dem Schiff geliefert wurde – weithin sichtbar über alle Meere, groß und weiß. Ein anderer muss mich angesehen haben, mit schiefgelegtem Kopf und zusammengekniffenen Augen, und sich gedacht haben: Daraus mache ich die Statue einer Göttin. Er muss dann stundenlang, tagelang, ein Leben lang um mich herum geklopft haben, um meine filigranen Finger und die hohen Wangenknochen aus dem Stein zu befreien. Vielleicht hat er sich in mich verliebt und ist über der Hoffnung, ich könnte eines Tages lebendig werden, verrückt geworden. Denn das kann ich leider nicht, lebendig sein. Glaube ich. Glaubt es mir. Irgendwer muss mich ihm weggenommen haben und mich mitgenommen haben in diese kalte Stadt und mich hier aufgestellt haben, in meiner eigenen Aussegnungshalle. Damit ich euch segne. Das soll ich hier tun. Dafür bin ich hier, dass ihr jeden Freitag nach eurem Feierabend mit mir feiert, mich feiert mit Geschenken und Getränken und der einen oder anderen unanständigen Einladung, irgendwer bezahlt mir den Eintritt in den nächsten Club, irgendeiner das Taxi, und darauf soll ich warten. Dafür muss ich schön sein, so unglaublich schön und segensreich in jedem einzelnen
Strahl meines Lichts, damit ich euch blende und ihr die Augen vor Geilheit verdreht, bis ich nur noch das Weiße darin sehe. Was gebt ihr mir dafür, dass ich so schön bin und euren widerwärtigen Bieratem in meinem Mund und eure Zungenspitzen auf meinen Waden ertrage? Ihr gebt mir keinen Weihrauch, nur hin und wieder eine Zigarette. Ihr gebt mir kein Gold, sondern manchmal ein paar Euro für die Klofrau. Gebt mir doch endlich mehr als nur euch!
    Er hier gibt mir gar nichts. Nur sich und sein ekelhaftes Ego. Ich muss einfach ganz still sitzen, Statue, denke ich, Statue, schön und kalt. Gleich werde ich richtig unfreundlich zu ihm. Er nervt. Dabei bin ich extra mit ihm von der Tanzfläche gegangen, weil er nicht aufhören wollte, meinen Hintern anzutanzen und anzufassen, und so was macht man nicht mit mir, okay? Und jetzt sitzen wir hier, auf den Polstern einer dunklen Clubecke, die eigentlich mein Tempel sein sollte, mein Hoheitsgebiet, aber er kann es nicht lassen. Zwischen den klebrigen Versuchen, seine Finger meine Schenkel hinaufwandern zu lassen, erzählt er von seiner Mutter, die nächste Woche zu Besuch kommt und die mich einfach kennenlernen muss, und dass ich die perfekte Frau bin, und zum ersten Mal will ich das einfach nicht hören und gleichzeitig schon, und ich nehme noch einen tiefen Schluck von dem Zombie vor mir, seiner, meiner, egal, der andere ist schon leer. Sobald ich das Glas absetze, streicht mir der Kerl mit dem rechten Zeigefinger über die nasse Unterlippe, während die linke Hand immer noch unter meinem Rock steckt, dann versucht er mit links und rechts gleichzeitig zuzustoßen.
    Melanie könnte jetzt wirklich wieder zu mir zurückkommen. Ich würde gerne »Sakrileg!« schreien und aufspringen.
Melanie taugt wohl nicht zu meiner Tempelwächterin, eigentlich müsste sie Vestalin sein, Jungfrau auf Tugendwacht, doch Melanie steckt da irgendwo auf der Tanzfläche mit den zwei anderen Männern, den Freunden von diesem Ekelbolzen mit seinen Schraubenzieherfingern. Ich fürchte, sie wird vorerst nicht herkommen. Ich muss weiter Statue sein und möglichst bald auf Durst plädieren und ihn zur Bar schicken.
    Wäre ich keine Göttin, würde ich inzwischen Angst haben. Wüsste ich nicht, dass man mir nicht zu nahe kommen kann, ohne in meiner Hitze zu verbrennen, würde ich weglaufen. Ich will doch nur spielen, es soll nicht zu ernst werden. Das mit Tobias war eine Ausnahme, da hat irgendwie alles gestimmt, irgendwie war es nicht so schlimm, und ich wusste, dass es keine Folgen haben würde. Vielleicht habe ich ihn sogar geliebt. Aber ich bin doch keine Nutte. Ich bin doch keine Hure. Ich will nicht, dass mein

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