Eva und die 40 Maenner - Roman
gemütlich. Er fragte, was sie trinken wollte, und stürzte dann davon, um ihr das gewünschte Glas Wein an der Bar zu holen. Als er zurückkam, stieß er beim Zuprosten ein wenig zu heftig an ihr Glas; es klirrte laut. Eva war froh, dass es keine Scherben gab. Gut, er war nervös, das konnte man ihm nicht verdenken. Auf seiner breiten Stirn glänzten feuchte Stellen. Um ihm die Unruhe zu nehmen, schlug sie einen lockeren Plauderton an.
»War das Ihre Idee, sich hier zu treffen? Eine gute Wahl, finde ich. Hotelbars wie diese haben so etwas Gediegenes und sind gleichzeitig aufregend, finden Sie nicht?«
»Oh – nein, also ja. Also nein, eigentlich hat das ein Freund von mir vorgeschlagen. Er meinte, das wäre gut für den Start …« Sein Lächeln war etwas fahrig, doch dann schien er sich einen Ruck zu geben. Als er fortfuhr, gewann er zunehmend an Sicherheit.
»Ich selbst bin eigentlich zu oft in Hotels, wissen Sie? Ich reise viel, in meinem Beruf muss ich das. Die Unternehmensberatung ist in den letzten Jahren ein hart umkämpftes Feld geworden, und da ist es notwendig, sich bundesweit umzutun, ständig unterwegs zu sein. Ich steige oft in Häusern wie diesem ab, sie sind wie ein zweites Wohnzimmer für mich, verstehen Sie? Ich komme viel zu wenig zu meinen eigentlichen Hobbys.«
Eva staunte. Ihre harmlose Frage schien ein Loch in ein Fass geschlagen zu haben, das nun auszulaufen begann, langsam, aber stetig. Sebastian hörte nicht auf zu reden – ein endloser, sich selbst genügender Brei aus Worten, nur unterbrochen von gelegentlichen Fragen, die eigentlich keine Antwort erforderten. Zu Beginn versuchte Eva noch, hin und wieder etwas einzuwerfen oder das Gespräch in andere Bahnen zu lenken, doch irgendwann gab sie das auf. Sebastian war nicht zu bremsen – ein endloses Geschwafel über die eigene Person, die eigenen Hobbys, die eigene Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Irgendwann linste Eva auf ihre Uhr und stellte mit Entsetzen fest, dass schon über eine Stunde vergangen war. Unentschlossen drehte sie ihr leeres Weinglas in den Fingern. Sollte sie dieser Sache ein Ende bereiten? Kein Wunder, dass Sebastian Schwierigkeiten hatte, längere Beziehungen zu führen – wenn einer nur um sich selber kreiste, rannten ihm die anderen eben davon. Komisch, dass das nicht schon in seinem Brief zu erkennen gewesen war. Vielleicht hatte ihm den ja auch sein Freund in die Feder diktiert.
Zu allem Übel ging Sebastians Stimme auch noch bei jedemSatzende in die Höhe, als wäre alles und jedes eine Frage: Ich lebe seit zwei Jahren allein? Aber ich sage immer, das tut jedem mal gut? Trotz seines ganz passablen Äußeren war dieser Mann zutiefst unsicher; hatte er eine zu dominante Mutter gehabt?
»… dann sitzen wir immer noch ein paar Stündchen im Club zusammen, essen eine Kleinigkeit, kleine Snacks nur, man muss ja fit bleiben, was? Obwohl es Leute gibt, die Golf gar nicht als Sport ansehen, also, ich muss sagen, das können ja auch nur Leute behaupten, die von dieser Disziplin nicht den Hauch einer Ahnung haben? Richtig? Haben Sie mal auf dem Green gestanden?«
Eva unterdrückte einen abgrundtiefen Seufzer und schüttelte den Kopf. »Leider nein.«
»Oh, das sollten Sie aber bald mal nachholen, wirklich? Ich könnte …« Sebastian drückte seinen breiten Oberkörper in die Polster des Hotelsessels, als wolle er sich abstoßen, um mit Schwung aufzuspringen. Doch dann ruckte er bloß wieder vor, um Eva mit eindringlichem Blick weiter von seinem Geschick und seinen Vorzügen zu überzeugen: auf dem Golfplatz, im Umgang mit Menschen, im Job und im Leben allgemein. Doch im Grunde war es Eva vollkommen egal: Sebastian nervte, und sie fasste endlich einen Beschluss.
»Also gut«, sagte sie, mitten in eine ausschweifende Erklärung über Golfeisen und Anfängerfehler hinein. »Ich denke, das war’s. Für mich zumindest, nehmen Sie’s mir nicht übel.«
»Was? Wie?«, stammelte Sebastian.
»Ich gehe. Danke für den Drink.«
»Aber …«
Eva griff nach ihrer Handtasche. »Lassen Sie uns doch ehrlich sein: Wir können nichts miteinander anfangen. Ich kann nicht Golf spielen und möchte es auch nicht lernen,und Sie wollen auch nicht wissen, warum ich meinen Mann verlassen habe und jetzt hier bin. Deshalb sollten wir dieses Treffen beenden, bevor einer von uns anfängt, sich über vertane Zeit zu ärgern. Schönen Abend noch, und nichts für ungut.« Sie nickte dem fassungslosen Sebastian freundlich zu und
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