Eva und die 40 Maenner - Roman
ging.
Als sie in der Nähe des Bartresens vorbeikam, überlegte sie es sich anders. Sie würde ihren Wein selbst bezahlen, das war sauberer so.
Die Barfrau reichte ihr das Wechselgeld mit einem kleinen Lächeln und einem Blick hin zur Nische, in der Sebastian immer noch dahockte wie ein vom Blitz getroffener Ochsenfrosch.
»Gewogen und für zu leicht befunden?«
Eva musterte die Barfrau überrascht. Sie hatte kurzes rotes Haar und einen wissenden, aber sehr freundlichen Blick. Dann kapierte Eva, was sie meinte, und erwiderte das Lächeln.
»Genau. Für mich zumindest.«
Die Barfrau nickte. »Ist meistens so. Aber irgendwo muss es diese anderen Kerle geben. Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie sie gefunden haben. So einen könnte ich auch brauchen.«
»Wir alle«, sagte Eva. »Wir alle.«
12
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Eva konnte kaum glauben, dass sie schon zwei Tage später tatsächlich im Lehrerzimmer der Simone-de-Beauvoir-Grundschule stand und auf den Kollegen wartete, der sie anlässlich ihres ersten Arbeitstages herumführen sollte. Die anderen Lehrer waren alle schon im Unterricht, außer der Direktorin und Kirsten kannte sie noch niemanden hier. Eva trug ihr zweitbestes Outfit – einen hellgrauen Hosenanzug, den sie ebenfalls auf der Klamottenparty abgestaubt hatte und der ihre Kurven sehr vorteilhaft und dennoch seriös betonte. Etwas nervös sah sie sich um. Unglaublich, wie schnell alles gegangen war: das gestrige Gespräch mit der Schulleiterin, mit der sie sich auf Anhieb verstanden hatte, der Vertrag, den sie eben unterschrieben hatte, als Pädagogische Mitarbeiterin mit bis zu den Sommerferien befristeter Stelle. Es war genau das, was sie brauchte.
In diesem Moment ging die Tür auf und ein schmächtiges, breit grinsendes Kerlchen mit Cordhose, Schnauzer und Brille wuselte in den Raum. Das musste Lutz Dassler sein, der Mathelehrer der 5. und 6. Klassen.
»Die neue Kollegin? Ach je, bin wohl ein bisschen zu spät – Eva, richtig?« Er holte tief Luft. »Ich bin der Lutz, freut mich sehr!« Mit einem charmanten Grinsen schüttelte er Eva die Hand.
»Eva Morbach, hallo.« Sie lächelte freundlich zurück.
»Bitte verzeih mir meine Offenheit, aber da hat Bernadette ja einen erfreulichen Neuzuwachs an Land gezogen!« Der Mathelehrer musterte sie mit sehr warmherzigem Blick. »Schön, schön. Und dass ich die Ehre haben, dir deinen ersten Tag zu erleichtern, ist ja ganz wunderbar.«
Er rieb sich tatsächlich die Hände, Eva konnte es kaum glauben. Andererseits hatte sein Charme etwas Lausbübisches und war insofern ganz lustig.
»Danke für die Blumen«, sagte sie.
»Gut, gut. Wollen wir dann mal?« Mit großer Geste lotste er sie zur Tür hinaus und begann den Rundgang.
Es wurde ein Aha-Erlebnis für Eva. Von der großzügigen Mensa, in der nur Vollwertkost auf die Teller kam, über die wildbunten Kunstwerke der Schüler, die überall die Flure und Hallen verschönerten, bis zum »Meditationsraum« für die höheren Klassen, die dort regelmäßig »Ruhe-Termine« absolvierten, versammelte die »Simone de Beauvoir« alle Errungenschaften moderner Grundschul-Pädagogik. Lutz führte sie voller Stolz herum, schenkte ihr immer wieder ein zutrauliches Lächeln und zupfte an seinem schon ein wenig grau werdenden Schnauzbart.
Auch bei mehreren Klassen machten sie halt, die selbstverständlich in gemischten Altersgruppen lernten. Die hießen auch nicht mehr »Klassen«, sondern nannten sich etwa Krokodile , Hummeln oder Delfine. Die Krokodile waren gerade damit beschäftigt, in wilden Wogen durch den Korridor vor ihrem Klassenzimmer zu toben, als Lutz und Eva vorbeikamen.
»Bewegungspause«, schrie ihnen die Klassenlehrerin über den Lärm hinweg zu. Die fünfundzwanzig Erst- und Zweitklässler schwappten aus den beiden Türen hinein und heraus, lachend, kreischend und plaudernd. Lutz erklärte, dass alle 40 Minuten für eine kurze Weile der Unterricht unterbrochenwurde, um dem natürlichen Bewegungsdrang der Kinder Raum zu geben.
Eva schüttelte staunend den Kopf. Während sie Lutz dann in ein höheres Stockwerk folgte, musste sie an ihre alte Schule in Möckern denken, an der sie nach ihrem Umzug aus dem Münsterland 14 Jahre lang gearbeitet hatte. Ein Unterschied wie Tag und Nacht – und das hatte gar nicht mal vorrangig damit zu tun, dass es ein Gymnasium gewesen war. Hier war
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