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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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kann ich genauso gut klar Schiff machen, dachte Nele. In einer Ecke entdeckte sie Kehrblech und Besen, damit ausgerüstet betrat sie die Kammer. Mit aller Kraft rückte sie die bauchigen Glasballons zur Seite, es gab ein hässliches knirschendes Geräusch. Das war der Apfelsaft, der so gammlig gerochen hatte. Dieses Zeug würden sie wohl niemals freiwillig trinken. Um den Inhalt zu entsorgen, brauchte sie allerdings die anderen.
    Nele kniete sich hin und kniff die Augen zusammen. Nicht, dass sie das jemals zugegeben hätte, aber wenn es schummerig war wie jetzt, hatte sie echte Probleme mit dem Sehen. Immerhin, die vielen schwarzen Körner erkannte sie sehr gut. Mit dem Handbesen fegte sie die erste Ladung auf die Kehrschaufel…
    Ein Schrei gellte durchs Haus. Dann ein zweiter. Schließlich ein dritter, gefolgt von einem sehr laut gerufenen Hiiiiiiiilfe!
    Eva fuhr hoch. Julika war mit einem Satz aus dem Bett, Dorothee ebenfalls. Marions erster Impuls im Halbschlaf war, sich das Kissen auf den Kopf zu legen und weiterzuschlummern. Dann kam auch sie zu sich: Ganz eindeutig stammte dieser Schrei nicht von einem übermütigen Pausenkind, sondern von einer Frau– einer Frau in Not!
    Zeitgleich fanden sie sich auf dem Treppenabsatz wieder, barfuß, in Nachthemden und Schlafshirts, die Haare verstrubbelt, die Augen verquollen.
    Â» Das war Nele! « , rief Eva. » Nele, wo steckst du? Was ist passiert? «
    Â» Hier bin ich! « , brüllte Nele von unten. » Ahhhhhhhh! Iiiiiiiihhh! «
    Sie stürmten die Treppe hinunter und in die Küche, aus der Neles Hilfeschreie gekommen waren. Und dann blieben sie sprachlos stehen.
    Nele hockte auf dem Küchentisch, die nackten Beine unter ihren Bademantel gezogen, den Stuhl hatte sie vom Tisch weggestoßen. Und sie, die sonst nicht auf den Mund gefallen war und das Wort » Angst « kaum kannte, hatte einen definitiv panischen Ausdruck in den weit aufgerissenen Augen.
    Â» Da « , jammerte sie und zeigte zur Speisekammer. » Da! Gleich zwei! Sie kamen rausgeschossen, als ich die Flaschen weggerückt habe! «
    Â» Was denn? « , fragte Marion, die die Sprache als Erste wiederfand. Vorsichtig, als würden jeden Moment zwei Tiger fauchend herausschleichen, sah sie in Richtung Kammer.
    Â» Mäuse! « , heulte Nele auf. » Da… da sind sie! «
    Zwei kleine Mäuse flitzten durch die Küche und verschwanden wieder in der Speisekammer unter dem Regal mit den leeren Einmachgläsern.
    Eva ging zur Kammer und schloss energisch die Tür.
    Â» Nun beruhige dich mal, Nele « , sagte sie. » Glaubst du, die tun dir was? Du bist tausendmal größer! Mäuschen sind doch was Niedliches! «
    Â» Sie sind widerlich! « , protestierte Nele, den Tränen nah. » Eine ist mir über den nackten Fuß gehuscht! Ich hab ihre Zehen gespürt! Und ihren Schwanz! « Sie schüttelte sich angeekelt. » Mäuse haben früher die Pest übertragen! Den Schwarzen Tod! Halb Europa wurde von Mäusen ausgerottet! «
    Â» Haben sie nicht. Das waren Flöhe von Ratten. « Dorothee wusste in medizinischen Fragen am besten Bescheid. » Das Haus stand längere Zeit leer. Da hatten sie ihre Ruhe. Wahrscheinlich haben sie von irgendwelchen Speiseresten gelebt und sich in Ruhe vermehrt. «
    Nele stöhnte entsetzt auf.
    Â» Jetzt wissen wir wenigstens, was die schwarzen Körner in der Speisekammer zu bedeuten haben « , meinte Julika. Sie versuchte vergeblich, ihre Stimme ernst klingen zu lassen. » Das sind keine Apfelkerne, sondern Mäuseköttel. Und nun komm erst mal runter vom Tisch, Nele. «
    Â» Ich denk gar nicht dran « , sagte Nele störrisch. » Ich bleib hier oben. Ich mag das Haus nicht. Ich mag das Land nicht. Ich will zurück in meine hübsche kleine, mäusefreie Stadtwohnung. «
    Â» Das kann doch jetzt wohl nicht dein Ernst sein « , sagte Marion ungläubig. » Fällst du in Ohnmacht, wenn du eine Maus siehst? Das ist ja so ein billiges Fräulein-Klischee. Ist dein Mieder zu eng geschnürt? «
    Das wollte Nele nicht auf sich sitzen lassen. » Nein, ist es nicht « , widersprach sie. » Vielleicht habe ich eine Mäusephobie und wusste es bloß nie! Die Viecher sind so… schnell! So… huschig! Ich wollte nicht schreien, aber ich konnte nichts dagegen tun! «
    Â» Das hat vermutlich was mit frühkindlicher Prägung

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