Eve & Adam (German Edition)
beachten. Eine Polizeistreife fährt vorbei. Nebelschwaden wirbeln um das Auto. Auch die Polizisten schenken uns keine Beachtung.
Eve und Aislin sehen mich an.
Ich zucke die Schultern. »Leute, dass ich zwei Frauen dabeihabe, gehörte ursprünglich nicht zu meinem Plan.«
»Das ist wieder mal typisch«, sagt Aislin gedehnt. »Männer wollen immer zwei Frauen haben, aber nehmen sie sich genug Zeit zum Planen? Nein.«
»Wir müssen die Daten irgendwo hochladen«, erkläre ich. »Nämlich wenn sie erst einmal auf YouTube und Imgur.com stehen und mit Reddit verlinkt sind, kann uns nichts mehr passieren.«
»Was wird dann geschehen?«, fragt Eve.
Ich räuspere mich, zwinge mich, sie anzusehen. »Dann erfahren das FBI , die FDA und einige andere Behörden davon und werden tätig.«
»Sie werden jeden, der involviert ist, verhaften.« Es ist keine Frage, sondern eine Feststellung.
»Wir könnten zu mir nach Hause gehen«, schlägt Aislin vor.
Eve schüttelt den Kopf. »Dort sucht meine Mutter zuerst.«
»Und wo sucht sie zuletzt?«, frage ich.
Eve überlegt lange. Ich sehe ihr an, dass sie eine Idee hat, aber sie runzelt die Stirn. Sie ist sich nicht sicher, ob ihre Idee gut ist.
»Ich weiß was«, sagt sie schließlich. »Kommt mit!«
Wir müssen den Embarcadero ein gutes Stück entlanglaufen, den Uferboulevard, der um die nordwestliche Spitze der Halbinsel herumführt.
Links von uns stehen die großen Speicherhäuser. Viele davon wurden in Touristenattraktionen umgewandelt. Rechts von uns verlaufen die Straßenbahngleise. Dahinter liegen die fast vollständig vom Nebel verschluckten Hügel und Wolkenkratzer der Stadt.
Ich sehe nur das obere Drittel des Coit Tower – ein Art-déco-Gebäude aus Beton – aus dem Dunst ragen. Das Geld zu seinem Bau wurde von einer Frau namens Lillie Coit gespendet, einer leidenschaftlichen, Zigarre rauchenden Spielerin und Verehrerin der Feuerwehr, die sich in den Zwanzigern die Haare abgeschnitten hat, um als Mann durchzugehen. Damals brachte einen so etwas noch in Schwierigkeiten – selbst in San Francisco. Mir hat diese Geschichte immer gefallen.
Ich mag Rebellen.
Wir verlassen den Embarcadero und gelangen zu einem noch nicht sanierten Speicherhaus. Es steht über dem Wasser, ein heruntergekommenes, geschichtsträchtiges Gebäude aus Wellblech. Am Ende kommt eine kleine Tür. Das Vorhängeschloss ist mit Spinnweben und Rost überzogen.
Eve bleibt stehen und berührt zögerlich das Schloss mit dem Finger.
»Vielleicht finde ich was, womit ich das Schloss knacken kann«, sage ich.
Eve antwortet nicht. Sie holt tief Luft, geht zum Geländer über dem Wasser, kniet sich hin und streckt suchend die Hand aus, bis sie ein verrottetes Seil zu fassen bekommt, an dem ein Knäuel von Algen hängt. Sie zieht es herauf.
An seinem Ende ist ein Angelschwimmer befestigt, der noch schleimiger aussieht als das Seil. Den oberen Teil des Schwimmers kann man abschrauben.
Eves Kraft reicht dazu nicht aus, deshalb versuche ich es. Der obere Teil dreht sich zwar, will aber nicht aufgehen. Endlich gibt er nach. In ihm liegt ein Schlüssel.
Eve steckt ihn ins Schloss. Er passt. Sie drückt die Tür nach innen auf.
Aislin und ich treten hinter ihr ein und schlagen die Spinnweben zur Seite.
Eve findet einen Schalter. Eine Glühbirne leuchtet hoch über unseren Köpfen auf. Ihr Licht kann die Dunkelheit kaum durchdringen.
Wir stehen in einem großen, offenen Raum, der allerdings nicht leer ist. Riesige Gestalten ragen wie mitten in der Bewegung erstarrte Tiere vor uns auf.
Die Birne explodiert mit einem lauten Knall und wir zucken zusammen.
Eve holt ihr Handy heraus. Mithilfe des hellen Displays macht sie einen langen Tisch ausfindig oder vielmehr eine Werkbank, die aus zusammengenagelten Sperrholzstücken besteht.
Sie wühlt in einer Schublade, zieht ein Päckchen heraus und reißt es mit den Zähnen auf. Ich höre ein leises Knacken.
Es handelt sich um einen Leuchtstab. Blaues Licht. Ein zweiter leuchtet grün.
Das Licht ist nicht viel besser, aber meine Augen gewöhnen sich langsam an die Dunkelheit. Jetzt sehe ich auch, dass es sich bei den im Raum verteilten Gestalten um abstrakte Statuen handelt. Sie erinnern an Bäume, Blumen und Wolken, aber vor allem an Tiere.
Der glatte weiße Stein neben mir sieht aus wie ein zwei Meter hoher, stilisierter Bär. Neben Eve ist ein Tiger, der sich im Sprung befindet – oder ein Löwe?
Es gibt sieben oder acht dieser seltsamen
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