Eve & Adam (German Edition)
ausgelassen. Ich habe kein fotografisches Gedächtnis, aber das weißt du ja.«
»Was hat sie noch gesagt?«
»Das war fast alles. Sie war ziemlich aufgewühlt …«
»Das ist sie immer«, falle ich ihm ins Wort.
»Sie meinte dann nur noch: Aber das geht dich nichts an. Und sag Evening nichts davon. «
»Und warum hast du es mir dann gesagt?«
Adam lächelt mich zum ersten Mal an. Ich habe ihm wirklich schöne Zähne mitgegeben. Ebenmäßig und makellos. Aber das Lächeln stammt nicht von mir – oder zumindest nur indirekt.
Sein Lächeln haut mich schier um. Es fällt mir plötzlich schwer, den Faden nicht zu verlieren.
Ich schüttele den Kopf und wiederhole in Gedanken noch einmal, was Adam zuletzt gesagt hat. »Warum hast du es mir gesagt, obwohl meine Mutter es nicht wollte?«
»Ich bin keine Maschine, Evening, sondern ein Mensch mit freiem Willen. Das wolltest du doch auch, oder?«
»Ja, stimmt schon.« Aber wollte ich das wirklich? Was habe ich ihm eigentlich sonst noch alles mitgegeben?
Ich sehe den Tag mit Aislin im Labor wieder in allen Einzelheiten vor mir. Wie Aislin Adam ständig anstarrt und ich mich viel keuscher gebe, als ich es in Wirklichkeit bin. Einfach weil das zu meiner Freundschaft mit Aislin dazugehört.
Ich sehe Adam, wie er damals war: zwei frei schwebende Augen, die nicht miteinander verbunden waren. In seinem Gesicht sind sie noch viel schöner. Ich sehe den Brustkorb, den ich entworfen habe, und den Bauch. Sehe alle Entscheidungen, die ich getroffen habe.
Es wühlt mich auf.
Er steht vor mir, real und schön, und ich habe ihn so schön gemacht. Und dafür will Solo meine Mutter bestrafen? Ist die Existenz dieses jungen Mannes wirklich ein Verbrechen?
In was für einer verrückten, gottlosen Welt könnte ein solches Kunstwerk – mein Kunstwerk – ein Verbrechen sein?
Mein Handy klingelt. Ich höre es, aber es interessiert mich nicht. Dann wird mir klar, dass es schon einige Male geklingelt hat.
»Entschuldige«, sage ich. Irgendwie fühle ich mich Adam gegenüber zu Höflichkeit verpflichtet. Ich weiß nicht, was für Regeln zwischen uns gelten. Ich habe mich noch nie mit meiner eigenen Schöpfung unterhalten.
Ich durchwühle meine Tasche mit den Händen, finde das Smartphone aber nicht. Dabei sehe ich Adam die ganze Zeit an.
Hastig entschuldige ich mich noch einmal bei ihm, weil ich nun doch den Blick abwenden muss. Wie kann ich nur so unverschämt sein, ihn nicht staunend anzusehen? Wie kann ich es wagen, stattdessen in meine Handtasche zu blicken, in der das reinste Chaos herrscht?
Ich finde das Handy. Aislin hat mir eine SMS geschickt.
Maddox wurde angeschossen.
Liegt im General Hospital.
Bitte komm!
Zu meiner Schande zögere ich. Sie können mir gestohlen bleiben, denke ich, und zwar alle beide. Ich unterhalte mich gerade mit Adam!
Aber zum Glück sagt mir mein Gewissen, mein besseres Ich, dass ich gehen muss.
Ich werde Adam fragen. Vielleicht kommt er ja mit?
Nein, halt, wer hat hier wen geschaffen? Ich habe diesen Menschen doch nicht gemacht, um gleich wieder in meine alte Unsicherheit zurückzufallen. In dieser Beziehung habe ich das Sagen.
»Adam, komm mit.«
36
ADAM
Sie ist anders, als ich es erwartet habe. Nicht äußerlich. Ich weiß, dass Evening der Inbegriff einer schönen jungen Frau ist. Dieses Wissen war schon in mir. Aber sie klingt anders als erwartet. Sie verhält sich auch ein wenig anders.
Ich habe gelernt, dass sie eigensinnig, schwierig, kindlich, aber auch sehr intelligent und talentiert sein soll. Dass ihr alle Türen offen stünden – diese Formulierung hat sich in meinem Kopf festgesetzt. Sie könnte alles werden. Tun, was sie wollte. Aber sie verschwende ihr Leben, weil sie sich mit dieser drogenabhängigen Loserfreundin herumtreibt.
Jetzt, nachdem ich mit Evening gesprochen habe, kann ich bestätigen, dass sie intelligent ist. Ob ihr wirklich alle Türen offen stehen, weiß ich nicht.
Wir rennen gerade über den Pier zum Embarcadero, als mir etwas einfällt. »Diese Person, die wir retten wollen, ist das deine drogenabhängige Loserfreundin?«
Evening bleibt stehen.
»Wie bitte?« Ihre Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen. »Wie kommst du darauf?« Bevor ich antworten kann, schneidet sie mir mit einer energischen Geste das Wort ab. »Egal, ich kann es mir denken.«
Wir eilen im Laufschritt weiter. Vor uns hält gerade eine Straßenbahn. Wir springen hinein und warten ungeduldig ab, bis sie weiterfährt.
»Glaub
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