Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
Vom Netzwerk:
wie meines – auch wenn es nun von grauen Strähnen durchzogen war. Er war ein Teil von mir, die Verbindung ließ sich nicht leugnen, egal, wie sehr ich auch dagegen ankämpfte.
    »Jetzt komm«, sagte der König nach einer ganzen Weile. »Wir sorgen dafür, dass du in den Palast zurückkommst.« Er führte mich durch den langen Gang, vorbei an Glaskäfigen mit anderen Geschöpfen aus der Wildnis – Pythonschlangen, Alligatoren, einem Tiger, der aus einem Zoo ausgebrochen war. Wir gingen durch einen Seitenausgang hinaus. Die Sonne blendete mich. Auf meiner Stirn sammelten sich Schweißperlen. Auf dem Weg zu dem wartenden Auto schossen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Doch plötzlich blieb ich wie angewurzelt stehen, die Merkwürdigkeit der Szene wurde mir bewusst.
    Vor dem Vordereingang hatten sich ein paar Soldaten versammelt, die Gewehre lagen neben ihnen. Alle sahen zu der elektronischen Anzeigetafel hoch, die über dem Eingang hing. INNERHALB DER MAUERN WURDE EIN STAATSFEIND ENTDECKT. WENN SIE DIESEN MANN GESEHEN HABEN, BENACHRICHTIGEN SIE UMGEHEND DIE ZUSTÄNDIGEN BEHÖRDEN.
    Darunter war die Zeichnung eines Gesichts, das mir so vertraut war, dass es mein eigenes hätte sein können. Caleb starrte mich an.
    Seine Größe, sein Gewicht und sein Körperbau waren aufgelistet, sowie Beschreibungen der Narben an seinem Bein und seiner Wange.
    Mein Körper fühlte sich mit einem Mal völlig blutleer an. Die Hand des Königs lag auf meinem Arm und schob mich zum Wagen. »Genevieve«, flüsterte er, sein Blick war auf die Soldaten vor dem Gebäude gerichtet. »Das ist nicht der richtige Zeitpunkt. Wir können das im Palast besprechen.« Ich hörte ihn kaum, während ich immer wieder die letzten beiden Zeilen auf der Tafel las.
    ER WIRD WEGEN DES MORDES AN ZWEI SOLDATEN DES NEUEN AMERIKA GESUCHT.

ZWEIUNDZWANZIG
    »Mir ist nicht gut«, sagte ich und zog die dicken Decken fester um mich. Die Sonne war untergegangen. Die oberen Stockwerke im Palast waren dunkel und ruhig. Beatrice saß am Ende des Bettes, ihre Hand lag auf der Erhebung, die meine Füße bildeten. »Könnten Sie mir etwas zu essen bringen? Ich lege mich schlafen, aber Sie können es einfach vor die Tür stellen.« Ich sah weg, bevor ich hinzufügte: »Sorgen Sie bitte dafür, dass mich heute Nacht niemand stört, egal, worum es geht.«
    Beatrice kämmte mir das Haar und strich mit den Fingern über meine Stirn. »Natürlich. Sie hatten einen sehr langen Tag.« Ich schloss die Augen. Immer wieder sah ich Calebs Gesicht auf dieser Anzeigetafel, hörte die Soldaten über den Verräter murren, der zwei von ihnen ermordet hatte, und was sie dafür geben würden, bei seiner Hinrichtung dabei sein zu dürfen. Sie wussten, dass er sich innerhalb der Stadtmauern aufhielt. Ich musste ihn warnen, dass er nicht kommen durfte, dass es zu gefährlich war, aber ich wusste nicht, wie ich ihn erreichen sollte. Er war bereits in den Außenbezirken unterwegs und schlich durch die leeren Straßen, um sich mit mir zu treffen.
    »Worüber sorgen Sie sich?«, flüsterte Beatrice. Sie nahm meine Hand in ihre. »Sie können es mir sagen.«
    Ich sah in ihr gütiges rundes Gesicht. Ich darf nicht, dachte ich, schließlich wusste ich, in welcher Gefahr Caleb bereits schwebte. Vermutlich durchkämmten sie schon die Außenbezirke nach ihm. »Ich bin bloß krank«, antwortete ich und versuchte zu lächeln. »Das ist alles.«
    Beatrice küsste mich auf den Scheitel. »Gut, dann kümmere ich mich wohl besser um das Essen«, sagte sie und stand auf. Plötzlich beugte sie sich vor, sah mich an und drückte ihre warme Handfläche auf meine Wange. »Ich werde dafür sorgen, dass niemand Sie stört. Sie haben mein Wort.« Sie blieb einen Moment stehen. Ihre braunen Augen waren wachsam und so ernst, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte. Ich weiß, was du vorhast, schien sie zu sagen und ließ mich nicht aus den Augen. Und ich werde alles tun, um dir zu helfen.
    Sie erhob sich und ging auf den Flur. Ich starrte auf die Tür. Sie war nicht ganz geschlossen, Beatrice hatte sie nicht wie sonst zugezogen und den Knauf überprüft. Stattdessen war sie leicht an den Türrahmen angelehnt, Holz gegen Schloss.
    Ich beeilte mich. Ich hatte die Palastuniform in einer Plastiktüte verpackt im Spülkasten der Toilette versteckt. Ich verriegelte die Badezimmertür, zog das zerknitterte weiße Hemd über, die rote Weste und die schwarzen Hosen. Danach schlich ich auf den Gang, das östliche Treppenhaus

Weitere Kostenlose Bücher