Eve - Das brennende Leben
gesprochen hatte, sagte: »Sie wussten, dass ich so enden würde.«
Er nickte. »Ich dachte es mir.«
»Wie machen Sie das?«, fragte sie. »Wie können Sie einfach weitermachen?«
Er sah sie wortlos an. Sie starrte zurück und spürte, wie sich in der endlosen Dunkelheit ein Funke entzündete. »Die Brille«, sagte sie. Sie hatte nichts dergleichen; keine kaputte Vergangenheit voller Entsagungen, auf denen sie ihr Leben als Erwachsene aufbaute. Alles, was sie hatte, war ein Leben, das viel zu perfekt gewesen war und das jetzt vor den Erinnerungen dessen, was danach kam, verblasste.
Kobol lächelte sie an.
»Woher wussten Sie, dass ich nicht gefährlich bin?«, fragte sie ihn. Halb wünschte sie sich, dass sie es gewesen wäre. Sie war zu müde, um nachzudenken, geschweige denn, eine Bedrohung für jemanden darzustellen.
»Gefährliche Menschen haben keinen Zugang zu diesem Teil der Station. Außerdem wurden Sie ab dem Moment, in dem Sie mein Haus betraten, auf Wanzen und Waffen durchleuchtet. Ich bin mit den Überwachungsgeräten, die ich installiert habe, sehr zufrieden. Ich könnte Ihnen sogar sagen, was Sie in den Taschen haben.«
»Ich könnte Sie bloßstellen«, sagte sie schwach.
»Das könnten Sie, richtig«, sagte er. »Dabei würden Sie allerdings ebenfalls auf die Nase fallen. Und wenn man sich überlegt, wo Sie sich gerade befinden, wäre das für Sie wahrscheinlich schmerzhafter als für mich. Aber ich glaube gar nicht, dass Sie das tun wollen. Ich glaube, ich weiß genau, was Sie wollen.«
Ralea nickte wider besseres Wissen. Sie wollte weinen. Ihr Magen brannte wieder, und vor ihren Augen tanzten kleine Punkte. Sie blinzelte nachdrücklich.
Kobol sah sie an. »Halluzinationen?«
Sie nickte.
Er schien über etwas nachzudenken, dann ging er an ihr vorbei zum Sideboard. dort öffnete er eine Schublade, deren Inhalt silbern im Licht glitzerte. Er griff hinein und zog eine winzige, durchsichtige Tüte heraus. In der Tüte befanden sich Tabletten. Er hielt sie Ralea hin. »Hier. Das wird Sie eine Weile aufrecht halten.«
Sie griff nicht danach. Er fügte mit zuckersüßer Stimme hinzu: »Ich werde Sie nicht ziehen lassen. Sie schulden mir was, Schätzchen. Es gilt noch Schulden von vor Jahren zu begleichen. Das ist immer so, wenn Leute mit zu viel Geld es nicht für nötig halten, rechtzeitig zu bezahlen. Ich werde meine Leute zu Ihnen schicken, wie ich es immer getan habe, und ich werde an Ihrer Seite bleiben, bis Sie aufhören.« Er atmete tief durch.
»Und in der Zwischenzeit werden Sie diese Tabletten von mir annehmen. Das ist weder ein Befehl noch eine Drohung. Es ist eine simple Tatsache.«
In dem Moment wurde Ralea schlagartig klar, was sie hier machte und was sie wollte, obwohl sie sich selbst dafür hasste. Sie folgte einfach demselben alten Trott. »Bitte nicht«, sagte sie.
Kobol ging zu ihr hin, nahm ihre Hand und gab ihr die Tabletten. Dann packte er ihren Kopf und drückte ihn an seine Schulter. Sie war zu müde, um Widerstand zu leisten.
»Sie werden diese Tabletten schon sehr bald brauchen«, sagte er. Sein gleichgültiger Ton machte ihr Angst. »Entweder um Ihr Leben zu verlängern oder um es zu beenden. Diese Tabletten sind das Beste, was Sie bekommen können. Glauben Sie mir, Sie werden sich irgendwann für weit weniger erniedrigen, wenn Sie lange genug leben, um dieses Stadium zu erreichen. Nehmen Sie sie.«
Ihre Hand schloss sich langsam um die Tabletten. Die Welt schwankte. Ralea lehnte sich gegen das Sideboard. Ihre Hände
ruhten auf der kühlen Oberfläche. »Warum tun Sie das?«, flüsterte sie.
»Ich könnte jetzt sagen, dass Klienten zu verlieren schlecht fürs Geschäft ist«, hörte sie ihn sagen. »Aber das wäre zu einfach. In Wahrheit ist die Antwort … weil ich es kann.«
Es war nicht das, was er sagte – obwohl diese Worte Ralea noch lange Zeit verfolgen würden. Es war seine Stimme: selbstbewusst und selbstsicher. Überheblich in ihrer Zerstörungskraft.
Sie hörte, wie er sich von ihr entfernte und zur Tür ging. Sie sah hoch und bemerkte den Guthabenscanner, der geduldig darauf wartete, mit Blutgeld gefüttert zu werden. Also nahm sie den Scanner und eilte hinter Kobol her. Der Schlag rief ein ekelerregendes Knirschen hervor. Der Drogendealer brach zusammen und fiel zu Boden.
Ralea stand über ihm und atmete schnell und scharf. Ein Wimmern entrang sich ihrer Kehle. Sie hielt den Scanner hoch, als ob sie noch einmal ausholen wollte. Stattdessen
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