Eve - Das brennende Leben
Alles dasselbe.«
Sie warf ihm einen strengen Seitenblick zu, der ihre Belustigung nicht völlig verbergen konnte. »Jemand, der aus einer Fraktion stammt, die für ihre brutalen und mörderischen Rituale bekannt ist, hält mir über meine Vergangenheit Moralpredigten?«
Drem zuckte mit den Schultern. »Die meisten der Sani Sabik sind völlig normale Menschen, die einfach nur ihr Leben leben wollen. Die Blutjäger sind verrückt, da gebe ich dir recht, aber sie sind in der Minderheit.«
»Das ist auch bei aktiven Angels der Fall«, sagte Verena und polierte die Innenseite ihres Visiers. »Ich glaube, hier hat jemand reingekotzt«, murmelte sie. »Ich kann den bakteriellen Reiniger immer noch riechen. Jedenfalls ist das Kartell genauso. Einige Leute fliegen herum, aber die meisten von uns leben auf Stationen, Kolonien oder Planeten und tun das, was sie am besten können. Sie heißen jeden willkommen. Deshalb haben wir das größte Informationsnetzwerk und die größte Geheimdatenbank des Systems, während bei euch , Süßer, unheimliche Leute regelrechte Menschenfarmen betreiben.«
»Du sagst das so voller Stolz«, sagte Drem und überprüfte seinen Helm. Er roch nach gar nichts; vielleicht ganz entfernt
nach Schweiß und ausgestoßenem Adrenalin. »Jeder weiß, dass ihr die Hälfte eurer Technologie von den Jovianern gestohlen habt.«
Sie rollte mit den Augen. »Bloß, weil wir eine ihrer verlassenen Stationen übernommen haben, glaubt jeder, er kann uns das ständig aufs Brot schmieren.«
»Genauso ist es.« Drem grinste sie an. »Ihr seid die Hausbesetzer von New Eden.«
»Wir sind der sichere Hafen für New Eden – schönen Dank auch. Hör zu«, sagte sie und setzte sich neben ihn. »Die ausgezeichnete Organisation des Kartells, seine unglaubliche Reichweite und dieses hartnäckige Märchen, dass wir die Oberhand gewonnen haben, weil wir unsere Waffen von einem geheimen Imperium bekommen haben … das alles macht uns zum Hauptziel für jeden, der sichere, einträgliche Arbeit sucht. Jeder wird aufgenommen, gleich, welche Verbrechen er in der Vergangenheit begangen hat, oder wo er herkommt. Wenn man ein Angel wird, dann ist man ein Angel; nicht mehr und nicht weniger.«
Für Drem hörte sich das wie das Paradies an.
»Also was denkst du darüber, kleiner Blutjäger?«, fragte sie belustigt.
Drem dachte, dass sie auf jeden Fall besser roch als sein Helm, sagte aber nichts und nickte.
Sie gingen die letzte Runde Vorbereitungen vor der Simulation durch. Dann fiel Drem die offensichtliche Frage ein. »Warum bist du fortgegangen?«
»Es ist einiges passiert«, sagte sie schlicht und setzte ihren Helm auf. »Aber ich habe vor, so bald wie möglich als Agentin der Schwestern zurückzugehen. Und nur damit du es weißt: Falls wir an elektrischem Feuer vorbeikommen, werde ich dich hineinschubsen.«
Drem setzte sich hin, rief den Vid-Bildschirm auf und begann zu lesen. Der gelbe Lichtschein in der Stationsbücherei war sanft zu seinen Augen. Die Stille war eine angenehme Abwechslung zu all dem Lärm und dem Trubel im Trainingszentrum.
Er musste etwas zu tun haben, jederzeit in Bewegung bleiben. Auch wenn die Ergebnisse seiner Nachforschungen bei den Blutjägern ihn schließlich in Schwierigkeiten gebracht hatten, hatte sich seine Wissbegierde in diesen dunklen Zeiten als positiver Aspekt erwiesen.
Die Schwestern von EVE hatten selbstverständlich Datenbanken über alle Fraktionen. Diese waren voller Informationen, die während Rettungsmissionen gesammelt worden und absolut vertraulich waren. Den Schwestern vertraute man Zugangsdaten zu verschiedenen Örtlichkeiten an, wie militärischen Kolonien der Piraten, Außenposten der Imperien und allen möglichen kriegsgeschundenen Gegenden. Diese Orte boten oft Anblicke, die Außenstehende lieber nicht sehen sollten.
Diese Datenbank hatten die Schwestern nicht nur deshalb ins Leben gerufen, um ihre Rettungsmissionen besser koordinieren zu können, sondern auch, um die Geheimnisse ihrer Klienten durch einfache, menschliche Psychologie zu schützen. Wenn jemand von einer Mission zurückkehrte, hatte er das Bedürfnis, über das, was er gesehen hatte, zu sprechen. Bestimmte Agenten bei den Schwestern, die zur Geheimhaltung verpflichtet waren, hatten die Aufgabe, diesen Rettungsarbeitern zuzuhören und das, was sie sagten, in die Datenbank einzugeben. Das beruhigte die Arbeiter, die das Gefühl hatten, man höre ihnen und ihren Beschwerden über die Schrecken, denen sie
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