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Eve und der letzte Englaender

Eve und der letzte Englaender

Titel: Eve und der letzte Englaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zaza Morgen
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späten Nachmittag dann schließlich die Venue in Berlin erreichte, kam Tom schon eilig auf mich zugerannt.
    „ Gott sei Dank, da bist du endlich! Jetzt müssen wir uns nur noch Sorgen um einen machen.“
    Ich ahnte schon, wer gemeint war. James. Ich warf einen flüchtigen Blick in den Backstageraum und sah ihn, offensichtlich völlig verkatert, auf einem der Sofas kauern. Ich setzte mich möglichst geräuschlos zu ihm und wartete, bis er anfing zu sprechen. Das dauerte meistens ein bisschen, aber wenn er einmal anfing, hörte er auch meistens für ziemlich lange Zeit nicht mehr auf damit. Ich genoss also die Ruhe vor dem Sturm und war auf das übelste gefasst.
    James schaute mich plötzlich mit leerem Blick an.
    „ Warst du bei Eve?“
    Ich nickte nur und lächelte vielsagend.
    „ Gut.“
     

    James schloss seine Augen wieder und wirkte mehr tot als lebendig.
    „ Sie ist weg, Dom. Für immer.“
    Ich spürte, wie weh ihm diese Worte taten und strich ihm vorsichtig über den Rücken, der leicht und unregelmäßig anfing zu zittern. Ich hatte James in all den Jahren unserer Freundschaft nicht sehr oft weinen gesehen. Ich war ja mehr so der sentimentale Typ, der bei jeden Scheiß anfing zu heulen, aber wenn James weinte, dann war das ein untrügliches Zeichen dafür, dass ihn in diesem Moment nichts vor seiner Trauer retten konnte. Nicht seine Musik, keine Verschwörungstheorie der Welt und auch kein anderer Mensch.
    „ Lass mich nicht alleine, Dom, ja?“
    James' Stimme klang fast schon flehend.
    „ Keine Sorge, ich bin da“, antworte ich und hörte ihn leise aufatmen.
     

     

    Eve
     

    Irgendwie fühlte sich das an wie ein verdammtes Déjà-vu – der gleiche Raum, die gleiche Klausuraufsicht, das gleiche Thema. Nur eine andere Zeit, vielleicht sogar ein anderes Leben, definitiv aber eine andere Gemütsverfassung. Dom und ich hatten in den letzten Tagen immer nur kurz miteinander telefonieren können. Er war im Tour- und Interview-, ich im Prüfungsstress. Aber allein die Tatsache, dass wir uns darüber austauschen konnten, half schon, meine Nervosität ein wenig zu verringern. Und heute morgen, kurz bevor ich aus dem Haus und zu meiner Bahn wollte, klingelte es und vor der Tür stand ein riesiger Korb mit Süßigkeiten und einem kleinen Zettel. „Ich kann zwar nicht bei dir sein, aber ich kann dafür sorgen, dass du bei deiner Prüfung so auf Zucker bist, dass eigentlich nichts mehr schief gehen kann. Und außerdem bist du sowieso die Schlauste.“ Ich grinste und schaufelte noch schnell die Hälfte der Schokoriegel und Traubenzuckerdrops in meine Tasche. Und jetzt saß ich hier, schrieb mir einen Wolf über Dorian Gray und war am Freitag nach meiner letzten Klausur tatsächlich frei. Zumindest vorerst.
     

    Dom wollte mir immer noch nicht verraten, was er geplant hatte, er streute nur mal wieder kryptische Andeutungen ein. Er hatte offensichtlich ein paar Mal zu oft mit George seine Zeit verbracht. Mehr als die Ankündigung, dass ich am Samstagmorgen doch bitte auf gepackten Koffern zu sitzen hätte, bekam ich nicht aus ihm heraus. Also recherchierte ich mal ein bisschen im Netz und entdeckte, dass die Jungs anscheinend bei den MTV Video Music Awards in New York spielen würden. Ich packte also vorsichtshalber mal mein heißestes Abendoutfit ein und hoffte nur, dass ich mir das ganze aus sicherer Entfernung anschauen konnte.
    Dom hatte mir aber auch von James' schlechtem Zustand erzählt und dass er sich große Sorgen um ihn machte. Er war glaube ich ganz dankbar, dass ich ihm ein bisschen das Bemuttern des Armen abnehmen würde.
     

    Pünktlich um sechs Uhr früh hupte es draußen. Der verrückte Engländer hatte mal wieder alles bis auf die Minute geplant. Ich schnappte mir meine Tasche und war ziemlich überrascht, als ich Dom vor der Tür stehen sah. Er grinste bis über beide Ohren und zog mich in einen langen, heftigen Kuss.
    „ Du glaubst ja wohl nicht, dass ich dich einfach von jemand Fremdem abholen lasse, hm?“
    Ich grinste, als ich James auf dem Beifahrersitz entdeckte.
    „ James sieht das genauso“, fügte Dom lachend hinzu und gab mir noch einen flüchtigen Kuss.
    „ Komm, wir müssen los.“
     

    Wir stiegen ins Auto und Dom bat den Fahrer, auf schnellstem Weg zum Flughafen zurück zu fahren.
    „ Du hast es aber eilig, nach New York zu kommen.“, stellte ich mit einem leicht provozierenden Unterton fest.
    „ Woher weißt du das?“, fragte Dom überrascht.
    „ Ich hab da so

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