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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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öffnete, schlugen drinnen die Doppelfenster gegen den Rahmen. Die Fensterbank war nass geregnet. Sie schloss die Fenster, dann die Vorhänge.
    Sie wandte sich um, und ihre Augen wanderten von meinem Gesicht zu meinen Armen, zu meiner Brust. Ich stieg aus meiner Jeans.
    Sollte ich ihr das Kleid ausziehen? Oder würde sie es tun? Oder blieb es etwa an? Was war üblich? Mit solchen Fragen hatte ich mich nie beschäftigt, als ich die Kulturgeschichteder Vor-Dark-Winter-Zeit studierte. Und in all den Monaten war ich nicht auf den Gedanken gekommen, derlei Dinge zu cloppen. In den Kamasutra-Illustrationen hatte ich gesehen, dass die Körper nackt waren. Ich versuchte kurz, mich daran zu erinnern, wie sie es in den Zelluloids machten, aber ich konnte nicht klar denken. Ich konnte nicht mal –
    «Es hat einen versteckten Reißverschluss», sagte Eliana. «Hier.»
    Aha, an der Seite. Er war feiner als die Reißverschlüsse an der Kapuzenjacke oder der Jeans. Er hatte sehr zarte, blassgelbe Zähnchen und schnurrte sanft –
zzzzz
–, als ich ihn aufzog.
    Der Unterrock raschelte wie die Blätter an den Bäumen vor ihrem Fenster. Und dann war das Kleid ein gelber Fleck auf dem Boden.
    Und da waren wir.
     
    Ein warmes, orangerotes Licht fiel durch die hauchdünnen Vorhänge in Elianas Zimmer. Draußen hatte es sich ein wenig abgekühlt. Alles roch frisch, diese satte Feuchtigkeit nach einem starken Regen, wenn alles Organische   – Blätter, Blumen, Bäume, Erde – ganz und gar durchnässt war.
    Eliana neben mir, ihr krauses blondes Haar völlig zerwühlt, ihre dunklen Augen, die mich anlächelten – das alles erfüllte mich mit einem nie gekannten Glücksgefühl. Ich stützte mich auf einen Ellbogen, um sie zu küssen, sie schlang ein Bein um mich, um mich näher zu sich zu ziehen. Aus den Augenwinkeln sah ich unsere nackten Schenkel ineinander verschlungen, ihre golden, meine noch weiß nach den langen Wintermonaten.
    «Weißt du noch vor vier Jahren?», fragte sie nach einerWeile. «1.   Oktober 2007.» Sie sagte das, als wäre es der Titel eines Lieblingssongs.
    Ich legte nachdenklich einen Finger ans Kinn und blickte zur Decke, als müsste ich angestrengt überlegen. Schließlich schüttelte ich den Kopf und seufzte. «Vor vier Jahren? Tut mir leid. Was soll da gewesen sein?»
    Sie stieß mir einen Ellbogen in die Rippen. «Weißt du noch, wie du meine Hand geküsst hast?»
    «Ach so,
das »
, sagte ich.
    Auch sie stützte sich jetzt auf einen Ellbogen. «Weißt du noch, dass ich eingerissene Nagelhäutchen hatte?»
    «Wirklich?»
    Sie lachte leise. «Dieses Handküssen war das Erotischste, was irgendwer je mit mir gemacht hat. – Bis heute Nachmittag, natürlich.»
    Ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie erleichtert ich war.
    Meine Augen folgten ihr, als sie zur Tür hinaustappte. Ich legte meine Hand neben mich aufs Laken. Ich konnte noch die Wärme ihres Körpers spüren.
Unserer
Körper. Ich rollte mich auf ihrer Seite des Bettes zusammen und musste wohl eingeschlafen sein. Aber kurz darauf kam sie wieder zurück, und ich war wieder hellwach.
     
    Wie lange waren wir im Bett gewesen? Bestimmt ein paar Stunden. Es war noch nicht ganz dunkel, aber vom Hof her hörte ich die Geräusche, die den Abend ankündigten: Geschirrklappern, Stimmen aus Fernsehern, ich roch Essensdüfte. Ich stand auf und ging ans Fenster. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes, wo die Fenster nach Norden gingen, brannte Licht in den Wohnungen. Ich schaute nach rechts, schräg gegenüber, und sah Eliana ineinem Kimono in der Küche, im vorderen Teil der Wohnung, wie sie Käse schnitt.
    Elianas Zimmer war ein luftiger Raum mit warmen Farben, Holzregalen, vielen Büchern, Fotografien von Freunden, Verwandten, Madeline, Madeline, noch ein Foto von Madeline, ein ganzes Regalbrett voller Kinderbücher. Und da war ein Poster von einer Fotografie mit Bauarbeitern, die auf einem Stahlträger hoch über Manhattan entspannt zur Mittagstunde rumsaßen. Elianas Schreibtisch war eine dicke Kiefernholzplatte mit einem Kippmechanismus, wodurch sich der mittlere Teil schrägstellen ließ wie bei einem Zeichentisch. Mein Vater hatte solche Tische verkauft. Ansonsten stapelten sich auf der Tischplatte Papierrollen, Architekturpläne, Stifte, Kugelschreiber, und da stand auch ein Laptop. Mein Blick fiel auf einen ungelösten Rubik-Zauberwürfel. Ich nahm ihn mit ins Bett und wollte schon damit beginnen, überlegte es mir dann jedoch anders.

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