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Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig

Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig

Titel: Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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eine Antwort formulieren kann, tritt Ava vor und reicht mir einen kleinen kristallinen Stein von einem so strahlenden Blaugrün, dass es mich ein bisschen an Judes Augen erinnert.
    »Das ist Cavansit«, sagt sie und mustert mich genau. »Er schärft die Intuition und die geistigen Heilkräfte. Und er begünstigt tiefes Nachdenken, inspiriert neue Ideen, hilft dabei, falsche Überzeugungen abzuschütteln, und unterstützt das Zurückholen von Erinnerungen aus früheren Leben.«
    Unsere Blicke begegnen sich, wobei sie mich vielsagend ansieht, und ich wünschte, Damen wäre hier und könnte das hören.
    Nickend stecke ich den Stein ein und drehe mich zu Jude um. Nicht, weil ich etwas von ihm erwarten würde, sondern weil ich daran, wie seine Aura wallt und seine Energie strahlt, merke, dass er mir etwas zu sagen hat.
    »Ich komme mit«, sagt er.
    Ich blinzele, unsicher, ob ich ihn richtig verstanden habe.
    »Im Ernst. Das ist mein Geschenk. Ich mache die Reise mit dir. Du sollst nicht allein aufbrechen. Ich will nicht, dass du allein losziehst.«
    »Aber – das kannst du nicht«, entgegne ich, wobei mir die Worte herausrutschen, ehe ich sie aufhalten und bedenken konnte. Doch irgendwie erscheint es mir genau das Richtige. Wenn Damen nicht mitdarf, darf Jude auch nicht. Außerdem
besteht keine Veranlassung dafür, ihn noch mehr in die Sache zu verwickeln, als er es ohnehin schon ist. »Glaub mir, ich weiß deine Anteilnahme zu schätzen. Ganz ehrlich. Aber Lotos’ Anweisungen waren klar – ich muss die Reise allein antreten. Ohne dich, ohne Damen, ohne irgendeine Stütze außer mir selbst. Das ist meine Bestimmung.«
    »Aber ich dachte, unsere Schicksale seien miteinander verwoben? Das hast du selbst gesagt.«
    Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Ich sehe erst zu den Zwillingen, dann zu Miles, dann zu Ava und schließlich wieder zu Jude und will gerade wiederholen, was ich soeben gesagt habe, als ich sie spüre.
    Lotos.
    Sie ist da.
    Ich wende mich um, fange instinktiv ihren Blick auf und registriere, dass sie noch älter aussieht als bei unserer letzten Begegnung, zarter, zerbrechlicher, ja sogar irgendwie geschwächt. Sie bewegt sich langsam, aber gezielt, ihre schmale Gestalt leicht vorgeneigt, das Haar aus dem Zopf, den sie meist trägt, gelöst, sodass es ihr in langen, silbrigen Strähnen um die Schultern wallt. Die lockeren, elastischen Wellen wirken auch diesmal wie ein Heiligenschein, und ihre Farbe vermischt sich mit der ihrer bleichen Haut, wodurch ihre Augen wie zwei strahlende Aquamarine wirken, die aus einer schneebedeckten Landschaft herausstechen. Anders als bei unseren ersten Begegnungen stützt sie sich diesmal schwer auf einen hölzernen Gehstock, der mit Schnitzarbeiten verziert ist. Sie hält seinen Griff fest umklammert, wobei ihre arthritischen Knöchel bleich hervortreten. Doch ihre Miene leuchtet auf, als sie näher kommt, und ihre Mundwinkel wandern nach oben, während sie mich mit ihren wässrigen Augen mustert.

    »Adelina.« Sie verneigt sich, bleibt nur wenige Schritte vor mir stehen und durchbohrt mich mit ihrem Blick, als hätte sie noch gar nicht gemerkt, dass ich Gesellschaft habe. »Bist du bereit? Bereit, die Reise zu machen? Bereit, mich zu erlösen?«
    »Ist das meine Aufgabe?« Ich studiere sie genau, und ihre Worte säen leise Zweifel in mir, die mich mein Vorhaben erneut infrage stellen lassen.
    »Wir warten jetzt schon so lange auf dich. Nur du kannst die Reise machen, nur du kannst die Wahrheit ans Licht bringen.«
    »Aber warum nur ich?«, will ich wissen. »Warum darf Damen nicht mitkommen – oder Jude?«
    »Bitte«, flüstert sie mit leiser, kehliger Stimme und drückt sich die linke Hand aufs Herz, während sie sich mir zuneigt. Dabei glitzert der dünne goldene Ring an ihrem Ringfinger so auffallend hell, dass ich mich frage, ob sie ihn schon immer getragen hat, und wenn ja, warum ich ihn dann bisher übersehen habe. »Du musst dich entscheiden zu glauben.«
    Zum ersten Mal, seit sie gekommen ist, schaue ich mich nach meinen Freunden um und erkenne, wie sie mit solcher Ehrfurcht und Verehrung auf sie blicken, dass ich mich unwillkürlich frage, ob sie etwas sehen, was mir verborgen bleibt.
    Doch als ich mich erneut zu Lotos umwende, sehe ich es so deutlich wie sie – den herrlichen goldenen Schein, der von ganz tief drinnen kommt, wächst und sich ausdehnt, bis alles um sie herum glitzert.
    »Bist du nun bereit?« Sie sieht mich mit so leuchtendem Gesicht

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