Evolution, Zivilisation und Verschwendung
individuellen Aufgaben auch kollektive Pflichten zu erfüllen. Zur Sicherstellung der Erfüllung der Gemeinschaftsaufgaben dienten gesellschaftliche Rollenvorgaben.
Im Rahmen der
Individualisierung
verselbstständigt sich der Einzelne nun immer mehr gegenüber der Gemeinschaft. Dabei löst er sich von den traditionalen Rollenvorgaben. Als Handelnder sucht er seinen individuellen Erfolg zum Beispiel bei einer Erwerbsarbeit, wo er umso mehr Einkommen erzielen kann, je geringer seine Aufwände (inklusive Opportunitätskosten) bei den Gemeinschaftsaufgaben sind, denn er hat ja dann mehr Zeit für die Erwerbsarbeit. Für ihn lohnt es sich also ganz besonders, bei den „sozialistischen“ Gemeinschaftsaufgaben „faul“ zu sein, weswegen es dort zwangsläufig zur Tragik der Allmende kommen wird.
Die verbindliche Ausführung von notwendigen Gemeinschaftsaufgaben muss nun also auf andere Weise gewährleistet werden. Dazu dient die
Institutionalisierung
. Statt die Kollektivaufgaben weiterhin dem Einzelnen anteilsmäßig aufzubürden, werden sie an Dritte ausgelagert, und zwar ganz häufig an den Wohlfahrtsstaat. Dieser erwartet dann aber von seinen Bürgern einen Obolus, üblicherweise in Form von Steuern oder eines sogenannten Parafiskus. Diese Steuern müssen wiederum verpflichtend erhoben werden, andernfalls dürfte es bei der Steuerzahlung selbst zur Tragik der Allmende kommen. Steuern stellen somit ein Äquivalent für die Summe aller Kollektivaufgaben des Individuums dar. Wenigstens dieser Punkt muss verpflichtend bleiben 168 .
Der Wohlfahrtsstaat wird dann neue Institutionen schaffen, die die freigesetzten Gemeinschaftsaufgaben in seinem Sinne und Auftrag erfüllen.
Finanziert werden die Institutionen durch die Steuerzahlungen der Bürger. Die Mitarbeiter der neu erschaffenen Organe rekrutiert der Staat wie jedes andere Unternehmen über den Arbeitsmarkt, so dass auch diese von den Vorteilen der Individualisierung profitieren können.
6.6 Moderne
Der Begriff der
Moderne
bezeichnet einen Umbruch in allen Bereichen des individuellen, gesellschaftlichen und politischen Lebens gegenüber traditionellen Lebensformen, und zwar kulturell schon beginnend mit der Aufklärung ab dem 17. Jahrhundert, ökonomisch mit der Industrialisierung ab Mitte des 18. Jahrhunderts und politisch mit der Französischen Revolution.
Ein Ende der Moderne wird von einigen Experten im mittleren bis späten zwanzigsten Jahrhundert angesiedelt. Ob die Moderne nun schon zu Endegegangen und einer Risikogesellschaft, Erlebnisgesellschaft oder gar Postmoderne gewichen ist oder auch nicht, spielt für die weiteren Überlegungen keine Rolle.
Voraussetzung für die Entstehung der Moderne waren unter anderem einige entscheidende Entdeckungen, Erfindungen und Innovationen (siehe dazu auch die Ausführungen im Abschnitt
Leben und Energie
auf Seite → ). Zu nennen sind insbesondere:
Entdeckung und Nutzbarmachung fossiler Brennstoffe
Hierdurch verfügten die Menschen über Energie in einer bislang unbekannten Größenordnung. Viele Arbeiten konnten nun von Maschinen erledigt werden.
Erfindung des Buchdrucks
Der Buchdruck war die Voraussetzung für die schnelle Verbreitung und Akkumulation des menschlichen Wissens und damit für viele spätere wissenschaftliche Entdeckungen.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse
In zahlreichen Naturwissenschaften gelangen bahnbrechende neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Die wissenschaftliche Vorgehensweise setzte sich mehr und mehr als allgemeingültige Methode des Erkenntnisgewinns durch.
Geldverkehr, Märkte, Finanzwirtschaft
Das Geld wurde allgemein anerkanntes Tauschäquivalent. Im gleichen Zuge entstanden Börsen (Finanzmärkte), Banken und Märkte aller Art.
Ein ganz entscheidendes Merkmal der Moderne dürfte aber das massenhafte Entstehen größerer Organisationen (Unternehmen) sein, bei denen es sich quasi um neuartige biologische Phänomene mit eigenen Identitäten und eigenständigen Selbsterhaltungsinteressen handelt. Anfänglich befanden sich diese noch überwiegend im Besitz von einigen wenigen Personen („der Kapitalist“). Auch begrenzten sie ihr Tätigkeitsfeld aufgrund vorhandener Kommunikationslimitationen meist auf eingeschränkte lokale Regionen.
Organisationssysteme besitzen in aller Regel einen im Vergleich zu Menschen ungeheuren Energie- und Ressourcenbedarf (Kapitalbedarf). Beiden Anforderungen wurde die beginnende Moderne mit der Nutzbarmachung fossiler Brennstoffe und dem Aufkommen
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