Evolution, Zivilisation und Verschwendung
Druiden Miraculix zu sich genommen und ist nur deshalb so stark. Das permanente Tragen von Hinkelsteinen dürfte dagegen das viel bessere Argument sein.
4.19 Dominanzhierarchien
In sozialen Gemeinschaften ist aber das permanente Präsentieren von Handicaps alles andere als vorteilhaft, da es den Individuen viel zu viel Energie raubt. Unter anderem aus diesem Grund bilden sich in vielen sozialen Gemeinschaften des Tierreichs (inklusive Mensch) sogenannte Dominanzhierarchien aus, in menschlichen Gesellschaften sogar meist überaus rasch. Beispielsweise zeigte sich in einer Studie zum Verhalten von Kleingruppen (drei Personen) mit gegenseitig unbekannten Mitgliedern, dass sich in 50 Prozent der untersuchten Fälle bereits nach einer Minute eine Hierarchie aufgebaut hatte, bei den restlichen 50 Prozent dauerte es nur vier Minuten länger. Bemerkenswert war, dass die meisten Gruppenmitglieder den eigenen zukünftigen Status bereits dann korrekt einzuschätzen wussten, wenn sie die anderen Gruppenzugehörigen nur gesehen und noch kein Wort mit ihnen gewechselt hatten (Buss 2004: 447).
Dominanzhierarchien sind eine Funktion der Gemeinschaft, nicht des Einzelnen (Buss 2004: 448). Da jedes Individuum einer Gesellschaft ein eigenständiges Selbsterhaltungs- und Reproduktionsinteresse besitzt, wird es schon bald mit anderen um Ressourcen und Sexualpartner konkurrieren. Ohne etablierte „Hackordnungen“ beziehungsweise Dominanzhierarchien käme es zu ständigen kostspieligen Konfrontationen und in der Folge zu erheblichen Reibungsverlusten, was aber aus Sicht einer Gemeinschaft unbedingt zu vermeiden ist, da sich ihre Mitglieder ansonsten ihre Bedürfnisse nur eingeschränkt erfüllen können. Häufige Auseinandersetzungen um Ressourcen stellen für eine Gemeinschaft einen evolutionären Nachteil dar.
Die relative Position eines Individuums innerhalb einer Dominanzhierarchie hat für seine Selbsterhaltungs- und Reproduktionsinteressen weitreichende Konsequenzen. Denn in der Regel besitzen dominantere Individuen einen zuverlässig besseren Zugang zu lebenswichtigen und reproduktionsförderlichen Ressourcen als andere (Buss 2004: 449). Es dürfte deshalb kaum überraschen, wenn speziell hierarchisch niedriger positionierte Individuen immer wieder nach Gleichheit in der Gruppe streben.
Grundsätzlich ist zwischen
Dominanzhierarchien
zur besseren Ressourcenverteilung und
Produktionshierarchien
, bei denen es um Arbeitskoordination und Arbeitsteilung zum Zwecke der Erreichung gemeinsamer Ziele geht, zu unterscheiden (Buss 2004: 452). Beide Hierarchien können völlig unabhängig voneinander bestehen. Beispielsweise verdienen herausragende ProfiFußballer nicht selten deutlich mehr als ihr Trainer, sind diesem aber innerhalb der „Produktionshierarchie“ ihres Vereins unterstellt.
Dominanzhierarchien können auf den folgenden unterschiedlichen Mechanismen beruhen:
Dominanz
Sozialstatus
Prestige
Dominanzhierarchien auf Basis echter Dominanz bilden sich nur bei dominanten Kommunikationsweisen aus, während die Mechanismen Sozialstatus und Prestige vor allem eine Sache der Gefallen-wollen-Kommunikation sind.
Wie im Kapitel
Zivilisation
auf Seite → gezeigt wird, ist der Prozess der Zivilisation mit einer allgemeinen Verdrängung dominanter Interaktionen durch die Gefallen-wollen-Kommunikation verbunden.
In modernen, demokratischen und individualistischen Gesellschaften sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Auf Klassen-, Geschlechter-, Rassenoder Religionsunterschieden basierende Dominanzhierarchien existieren offiziell nicht mehr. Die noch verbliebene Dominanz ist praktisch ausschließlich an gesellschaftliche Institutionen gebunden. Dominanzhierarchien basieren nun vorrangig auf dem Sozialstatus, für den typischerweise die folgenden Merkmale (oder ähnliche) ausschlaggebend sind:
Einkommen
Berufliche Position
Bildung
Namen
Mediale Präsenz
Mit anderen Worten: Ein gesellschaftlicher Status muss heute in der Regel in sozialen Systemen, die sich auf der „Plattform“ Gesellschaft bilden und auf ihr beruhen, erarbeitet und erworben werden. Dort existieren dann aber meist recht ausgefeilte Dominanzhierarchien (zum Beispiel die Hierarchieebenen in Unternehmen), bei denen die Zugehörigkeit zu bestimmten Ebenen über Macht, Einfluss, Einkommen oder Status entscheiden.
Vom Sozialstatus zu unterscheiden ist das Prestige, das eine Person anderen gegenüber besitzt, und das sich im Respekt ausdrückt, den diese ihr zollen
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