Ewig Böse
Zustand. Die Stacey meiner Alpträume. Die Stacey, wie ich sie gefunden habe. Sie liegen Schulter an Schulter. Als wären sie zusammen im Bett.
»Wirklich eine Schande«, sagt Annette. »Das hat er davon, dass er seine Frau betrügt.«
Von irgendwoher kommt ein scharrendes Geräusch. Etwas Schweres wird über den Schotter gezerrt. Ein Teppich entrollt sich, legt sich über Stacey und Ghost und das Unkraut neben der orangefarbenen Couch. Ricks haarige Hände verschwinden wieder aus dem Bild.
»Ding-dong, der Ghost ist tot«, sagt Annette.
Sie stehen schweigend da.
»Wir müssen verschwinden«, sagt Rick. »Hier wohnen Leute.«
Annette fabriziert einen widerlichen Laut tief in der Kehle. Ein weißer Spuckeball fliegt auf den Teppich und springt zweimal trocken ab, bevor er sich mit Öl und Dreck zu einer Schmiere verbindet.
»Das ist für Aaron, du verfickter Dämon.«
Eine Weile lang sind nur schwache Windgeräusche im Mikrophon zu hören, ein an- und abschwellender Klagelaut. Zeit vergeht. Der Bildschirm wird schwarz.
Alles wird schwarz.
36
Ich saß in der Dunkelheit und fühlte, wie etwas Unwiederbringliches aus mir heraussickerte, während ich an meinen bitteren Tränen fast erstickte. Stacey war fort, und ich verstand es nicht. Stacey war tot, und ich verstand es nicht. Da musste doch noch mehr sein. Irgendetwas fehlte. Das konnte doch nicht wahr sein. Aber ich wusste, dass ich endlich alles gesehen hatte, die ganze Geschichte . Das war das Ende, meine schöne Freundin. Aus.
Alles ist aus.
Stacey ist tot. Ghost ist tot.
Nur … und dies war das Entscheidende … Ghost fuhr nicht Staceys Wagen. Ghost war nicht im Haus bei Stacey. Ghost kam davon.
James hat seine Arbeit getan. James Hastings hat den Sündenbock gespielt.
James Hastings ist in jener Einfahrt mit ihr gestorben.
Das war ich. Das war ich da oben an der Wand, auf dem Fernsehbildschirm. Das war ich, dort in der Einfahrt, der Star. Das war ich, dem das Blut aus der Nase lief, aus den Ohren, aus dem Mund. Ich bin gestorben.
Ich bin nicht mehr hier. Ich bin hier nicht mehr. Ich bin …
Eine Reihe dumpfer Geräusche ertönte irgendwo von oben und kam immer näher. Etwas bewegte sich, hinten in der Ecke. Ein grelles Licht blitzte auf und riss mich vom Abgrund zurück, ich blinzelte unter halb zusammengekniffenen Lidern.
Vor mir eine Bewegung. Ein Mann in schwarzen Hosen. Ich presste die Augen fest zu, während die Echos der Schreie und das Stöhnen und die Schüsse sich in meinen Ohren überlappten. Ich trieb dahin, musste mich übergeben.
»Siehst du?«, sagte er. »Siehst du?«
Ich schlug die Augen auf. Der Mann stand vor mir in dem hell erleuchteten Kellerraum. Mein Mund schnappte, und meine Zähne mahlten.
»Das Hastings-Paar. Siehst du, was du angerichtet hast?«
»Was?«
»Sie sind für deine Sünden gestorben. Genau wie der Junge. Du bist der bleiche Dämon.«
Er war ganz in Schwarz gekleidet, sein Gesicht war gerötet, schwarze Schminke umrahmte seine Augen.
»Wer?«
»Aber jetzt haben wir dich.«
»Wer?«
»Es gab zwei von euch, und jetzt gibt es nur noch einen. Das ist die unleugbare Wahrheit.«
»Was ist mit mir passiert?«
»Du hast dich erwischen lassen.«
»Ich hätte ihr helfen müssen …«
Rick griff hinter sich, und als seine Hand wieder zum Vorschein kam, blinkte ein dünner Metallstreifen kurz im Licht auf. Sein Arm wedelte vor mir herum, als wollte er einen Moskito verscheuchen. Er trat zurück und wartete.
Ich verstand nicht, worauf. Ich starrte ihn an, sah ihn nur verschwommen.
»Der bleiche Dämon blutet«, meinte er.
Meine Brust begann zu jucken. Ich blickte an mir herab. Die rote Joggingjacke war halbiert. Eine dünne rote Linie klaffte von meiner linken Schulter bis zu meiner rechten Brustwarze, und Blut begann zu fließen wie die Zinken eines Rechens. Ich versuchte wegzukommen, robbte unbeholfen über die Couch, am ganzen Körper wie taub, und sprang über die Seitenlehne. Ich war schon halb bei der Tür am Fuß der Kellertreppe, als etwas Kleines und Schnelles schräg meinen Rücken schlitzte, härter und tiefer, bis zur Hüfte hinunter. Die straffe Haut zwischen meinen Schultern wurde schlaff. Ich griff nach dem Türknauf, aber er rutschte unter meiner feuchten Hand weg und gab nicht nach. Der Kerl brüllte, und ich wandte mich um.
Der Mann. Der große böse Polizist stand hinter mir und hielt etwas Kleines, Verschwommenes in der Hand. Großer Gott, ist das – es ist ein Skalpell! Er hat
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