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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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Lippen, ich spürte drei, vier Stiche an meinen Rippen. Als ich nach unten blickte, sah ich seine Hand mit dem Skalpell vor und zurück zucken, als tippte er Einkäufe in eine Registrierkasse ein.
    Undefinierbare Geräusche drangen aus meinem Mund, während ich, eine Blutspur hinter mir herziehend, zur Bar rannte und versuchte, einen der Barhocker zur Verteidigung hochzuheben, aber er war am Boden verschraubt. Das Skalpell drang hinten in mein rechtes Knie ein, wurde herumgedreht und schabte über den Knochen. Mein Bein knickte ein, und ich fiel hin, und der Gefängniswärter riss mich am Arm wieder hoch und wirbelte mich herum.
    »Nicht mehr ihr Freund, Scheißkerl, nicht mehr! Du hast überhaupt keine Freunde mehr, du gehörst mir, du Scheißkerl Scheißkerl Scheißkerl Scheiße Scheiße Scheiße …«
    Das Skalpell zeichnete silberne Spuren in die Luft, während sein Gesicht sich in pointillistische Tupfer von nassem Kastanienbraun auflöste und ich nicht mehr schreien oder mich wehren oder auch nur abwehrend die Arme heben konnte. Ich sackte zusammen, war nur noch ein nasser, zitternder Haufen. Er brüllte weiter, während er wieder und wieder zustach. Der Schmerz gehörte zu jemand anderem, und das Haus bebte um uns herum, und ich wusste, sie würde bald da sein, um mich abzuholen. Meine Sinneswahrnehmungen hatten Fehlzündungen, flackerten, schalteten sich ab. Der menschliche Körper vollbringt Wunder, und dies war eines davon:
    Mein Verstand weigerte sich schlicht und einfach, mich Zeuge dessen werden zu lassen, was weiter geschah.

37
    Woran ich mich irgendwann erinnere.
    Ich schlafe viel. Ich erwache auf der Couch in einem Kokon aus Qual, alles juckt, und ich übergebe mich im Drogenrausch. Ich betaste Arme, Beine und Brust nach weiteren blutenden Wunden. Alles ist trocken, und die Mullbinden, mit denen er mich eingewickelt hat, sind durch eine Lage von elastischen Binden ersetzt oder verstärkt worden. Wie eine Mumie.
    Worauf wartet er?
    Undeutliche Gesprächsfetzen, immer geht es um sie, während er im Bad meine Verletzungen versorgt, vor mir kniet und mich gegen die Wand der Duschkabine lehnt, meinem Abfallkübel. Sie ist nicht zu Hause. Aber ich werde sie finden. Und du Scheißkerl solltest lieber beten, dass ihr nichts passiert ist. Bete, dass sie beschließt, es mich nicht tun zu lassen. Denn sonst tue ich es. Würde sofort ein Ende machen, wenn es nach mir ginge. Dir die dreckige Scheißzunge rausschneiden und sie an meine Trophäenwand nageln …
    Die Zeit entgleitet mir.
    Manchmal liege ich am Boden, manchmal auf der Couch. Ich blute wie ein Schwein, immer wieder mal, egal, wie sehr er sich bemüht, mich zusammenzuflicken. Mein Rücken ist eine Supernova aus Schmerz, die ihr Licht in jeden Winkel meines Körpers ausstrahlt. Ich bin sicher, dass meine Schulter ausgekugelt ist, meine Rippen und Zehen gebrochen sind, das Gesicht abgeschürft, die Kehle zugeschwollen wie beim Opfer eines Schlangenbisses. Ich muss husten, und es fühlt sich an, als ob jemand mit dem Holzhammer auf mein Herz einschlägt. Zu schwach und schmerzgepeinigt, um aufstehen zu können, verliere ich mehrmals täglich die Kontrolle über meine Blase. Alles juckt. Er legt mir immer neue Decken unter, und die Couch wächst. Mein kleines Pissnest. Hühnerknochen. Splitter in den Lungen. Meine Zunge schwillt an, bis sie den ganzen Mund ausfüllt. Die Nadel. Schlafen. Schlafen und beten um den Tod.
    Die Zeit entgleitet in einem Morphiumtropf.
    Hände, immer diese Hände auf mir. Wecken mich im Finsteren aus dem Delirium und tasten meinen Körper ab, unter dem Hemd, unter der Hose. Meine Hände. Es sind bloß meine Hände. Aber die eines anderen waren zuerst da. Die Bandagen durchweicht. Die Kleider steif. Mein Schamhaar abrasiert und nachwachsend, juckend. Er kann das tun, er kann alles tun.
    Die Zeit entgleitet.
    Ich weiß nie, ob er für zwei Minuten oder drei Stunden weggeht, und seine Stiefel stapfen zu jeder Tages- und Nachtzeit über mir herum. Er geht auf und ab, spricht mit sich selbst, wie lange er mich noch am Leben lassen soll. Wäre so viel einfacher, mich in der Wüste zu verbuddeln. Tu es, bring mich doch endlich um, du mieser rothaariger Schwanzlutscher.
    Eine Hälfte meines Gesichts ist noch geschwollen und aufgeschürft von dem Aufprall auf der Straße, mein Körper scheidet Asphaltstückchen über eine gelbviolette Glasur aus.
    Wenn er oben ist, beschäftigt er sich mit ganz unterschiedlichen Dingen. Manchmal

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