Ewig sollst du schlafen
stoß nicht eine Tür auf, die sich dann nicht mehr schließen lässt.
»Wir sollten einfach …«
Sie blickte ihn fragend an.
»… die Nerven behalten«, beendete er seinen Satz, obwohl sich aufgrund ihrer Nähe sein Puls beschleunigte, das Blut in seinen Ohren rauschte, der Wunsch, sie zu küssen, im Arm zu halten, zu berühren, schier übermächtig wurde. »Und uns auf das konzentrieren, was getan werden muss«, fügte sie hinzu.
Er glaubte, eine Spur von Widerwillen in ihrem Tonfall zu erkennen. »Ja.« Er schaute ihr in die Augen und bemerkte einen Schimmer von Verlangen in ihrem Blick. Oder war es Verzweiflung? Es wäre einfach, jetzt mit ihr zu schlafen, so einfach. Und er wusste, dass sie sich ihm in dieser Nacht, nach allem, was sie durchgestanden hatte, hingeben würde, schon allein, um sich trösten zu lassen, vielleicht auch voller Leidenschaft Doch im Licht der Morgendämmerung sah alles gewiss wieder anders aus. »Konzentrieren wir uns«, wiederholte er und verfluchte seine Lust. Frauen waren schon immer sein Verderben gewesen. Das würde sich wohl nie ändern. Doch er wollte nicht noch mal einen Fehler machen. Nicht mit dieser Frau. »Das ist immer gut.« Er gab ihr einen Kuss auf den Scheitel und ließ sie los. »Ich weiß nicht, ob es so gut ist.« Falls sie enttäuscht war, ließ sie es sich nicht anmerken. Sie zwang sich zu einem kleinen Lächeln. »Okay.« Mit einem Schulterzucken drehte sie sich um und legte die paar Schritte zur Küche zurück. »Also … möchten Sie etwas trinken? Ich habe Bier da, glaube ich …« Sie öffnete den Kühlschrank, beugte sich über die Tür und verzog angesichts des spärlichen Inhalts das Gesicht. »Besser gesagt, ich habe ein alkoholfreies Bier und eine Rasche billigen. Wein im Vorrat.« Er wollte abwehren, doch sie schnitt ihm das Wort ab. »Er zählen Sie mir jetzt nicht, Sie wären im Dienst, denn wir wissen beide, dass das nicht stimmt. Sie sind offiziell gar nicht mit diesem Fall befasst und dürften sich im Grunde nicht mal in meiner Wohnung aufhalten, weil das so etwas wie Verbrüderung mit dem Feind bedeutet, nicht wahr? Da dürfte ein Glas von dem kalifornischen nicht ganz so guten Tropfen wohl kein Problem darstellen.«
»Ich trinke nicht gern Wein.«
»Mir zu liebe«, bat sie, schlüpfte aus ihren Schuhen und ließ sie einfach auf dem Küchenboden liegen. »Wenn Sie ohnehin hier bleiben, können Sie auch Ihre Jacke ausziehen.« Obwohl sie sich erneut ein Lächeln abrang, klang ihre Stimme ernst, und ihre Grübchen traten nicht in Erscheinung. Sie blickte Reed über die Schulter hinweg an, ängstlich und sorgenvoll.
Er warf die Jacke über die Lehne eines Küchenstuhls und legte Schulterhalfter und Pistole ab.
»Tragen Sie das immer?«, erkundigte sich Nikki, wusste die Antwort jedoch längst. Öfter als einmal war ihr die Ausbuchtung in seiner Jacke aufgefallen. »Ich bin gern auf alles vorbereitet.«
»Ein echter Pfadfinder, wie?«
Er schnaubte verächtlich. »Lange her, dass jemand auf solch eine Idee gekommen ist.«
»Dann vergessen Sie, dass ich es gesagt habe.« Ein wenig von der Anspannung war aus ihrem Gesicht gewichen. Sie betrachtete den Inhalt ihres Kühlschranks. »Also … zurück zum Thema. Mal sehen … ach, da ist sie ja.« Sie nahm die gekühlte Flasche aus dem Fach, drückte die Tür zu, kramte geräuschvoll in einer Schublade und fand schließlich einen Korkenzieher. »Ich kann das nicht gut«, gestand sie. »Vielleicht sollten Sie das übernehmen.«
Froh, etwas zu tun zu haben, krempelte er seine Ärmel hoch, entkorkte die Flasche und schenkte den Chardonnay in zwei Gläser, die sie auf die Theke gestellt hatte. »Auf … bessere Zeiten.« Er berührte den Rand ihres Glases mit seinem. »Auf entschieden bessere Zeiten. Und auf bessere Nächte.«
»Prost.« Er nahm einen Schluck. Der Wein war gar nicht so schlecht, und Reed spürte, wie seine Verkrampfung nachließ. Die Verspannungen in seinen Schultern lösten sich ein wenig. Auch Nikki schien sich zu beruhigen, wenigstens ein bisschen. Der gequälte Ausdruck wich zwar nicht aus ihren Augen, doch ihr Mund wirkte weniger verkniffen. Irgendwann zwischen dem ersten und dem zweiten Glas Wein entfernte sie sich kurz und kam in einem Nachthemd und einem Bademantel zurück.
Selbst der Kater war milderer Stimmung. Nachdem sich der Hund nach einer kleinen Mahlzeit, bestehend aus Katzentrockenfutter, endlich auf einem Bett aus Wolldecken niedergelassen hatte, das Nikki
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