EwigLeid
sie ist auf dem Weg der Genesung. Findet zurück zu ihrer alten Stärke. Trotzdem frage ich mich, ob dieser Fall nicht zu viel Druck auf sie ausübt. Vielleicht kannst du ihr mehr Zeit einräumen, Granger …“
Granger. Nur geringfügig persönlicher als Captain. Sie hatte ihn nicht mehr Simongenannt, seit sie mit ihm Schluss gemacht hatte.
„Nun, Zeit haben wir leider nicht.“ Simon stand auf und registrierte, dass Lana abrupt ein paar Schritte zurückwich. Er war viel größer als sie, doch Lana hatte keine Angst vor ihm. Jedenfalls nicht vor seiner Körperkraft. Es verschaffte ihm ein wenig Genugtuung zu sehen, dass er Lana emotional noch immer verwirrte. Eigentlich wollte er viel mehr tun, als sie nur verwirren. Er wollte ihr auf die Pelle rücken. Ihr das Eingeständnis entlocken, dass sie sich immer noch genauso zu ihm hingezogen fühlte wie er sich zu ihr. Doch er tat es nicht. Durfte es nicht. Sie musste aus freien Stücken auf ihn zukommen. Trotzdem blieb er hinter dem Schreibtisch verschanzt. Nur für den Fall, dass er in Versuchung geriet, die Hand nach ihr auszustrecken. „Diese Schießerei wird sie nur dann gründlich verarbeiten, wenn sie wieder in ihren Beruf einsteigt. Ins Team. Sie hat sich ein Bein ausgerissen, um dahin zu kommen, wo sie jetzt steht, und es kommt nicht infrage, dass wir ihr unsere Unterstützung verweigern.“
Es war schon ein bisschen merkwürdig, sich selbst wieder als SIG-Mitglied zu sehen, doch es hatte keine andere Möglichkeit für ihn gegeben. Er brauchte den aktiven Einsatz auf der Straße. Die Herausforderung. Deshalb hatte er auf seine Ernennung zum Captain verzichtet und war in die SIG zurückgekehrt. Und am selben Tag hatte Lana mit ihm Schluss gemacht.
Sie ließ sich nicht unterkriegen, doch ihre Züge wurden ein wenig weicher.
„Sie braucht Zeit, um die Vorfälle zu verarbeiten, Granger. Ob es uns gefällt oder nicht, Frauen wachsen in unserer Gesellschaft anders auf, und das beeinflusst unsere Reaktionen auf bestimmte Situationen. Es ist unumstritten, dass es Frauen viel stärker trifft, wenn sie jemanden töten müssen, als ihre männlichen Amtskollegen …“
Das kaufte Simon ihr nicht ab. Carrie musste sich ihren Ängsten stellen und nach vorn blicken. Genau wie Lana. „Sie ist stark. Stärker als die meisten Männer.“
„Ja. Aber Menschen, die dieses Niveau, dein Niveau von Disziplin erreichen, haben im Allgemeinen zwanghafte Züge. Sind große Denker, die die meisten Aspekte ihres Lebens unter Kontrolle haben müssen. Deshalb sind sie sehr empfänglich für posttraumatische Störungen, und unter solchen Störungen leidet Carrie.“
Simon seufzte ratlos. Setzte sich wieder. „Hör zu, in diesem Punkt werden wir wohl nie einer Meinung sein. Ich weiß, dass sie sich Vorwürfe macht. Scheiße, wir alle mussten uns irgendwann schon mal mit Schuldgefühlen abplagen. Doch wir haben die größere Erfahrung. Wir hatten jahrelang Zeit, um uns in unserem Beruf mit solchen Dingen auseinanderzusetzen, um das Böse durch Gutes auszugleichen. Scheiße, es war ihr erster Einsatz dieser Art.“
Oha. In Lanas Augen blitzte es auf, und Simon begriff sofort, dass er einen Fehler begangen hatte. Indem er Carries Verletzlichkeit eingestand, bestätigte er lediglich Lanas Einwand, dass Carrie einen Fall wie den des Embalmers nicht bearbeiten sollte. Zum Teufel, anfangs hatte er die gleichen Bedenken gehabt. Doch es war nicht seine Entscheidung. Er vertraute auf Macs und Stevens’ Entscheidung und stand zu ihnen. Und er stand auch zu Carrie. Sie hatte diese Chance verdient.
Doch wie erwartet hörte Lana nicht auf, sich ihm zu widersetzen. „Du hast recht. Schon die neue Situation hatte ihr Angstniveau erhöht. Jemanden im Dienst zu erschießen ist immer riskant. Ob der Verbrecher oder ein Unschuldiger stirbt, immer stehen die Chancen gut, dass bei einer Konfrontation einer ums Leben kommt. Sie hat es nicht verarbeitet, und trotzdem habt ihr Carrie einen Mordserienfall übertragen, der höchstwahrscheinlich noch mehr Tote mit sich bringt. Ich glaube einfach nicht, dass sie das schon verkraften kann.“
Simon erkannte die unausgesprochene Botschaft hinter den Worten auf Anhieb und hätte am liebsten vor Hilflosigkeit aufgeheult. Lana hatte es nicht verkraften können, hatte mit den Auswirkungen von Simons Arbeit nicht leben können, schon gar nicht, als er sich entschieden hatte, in den aktiven Dienst zurückzukehren. Und er war nicht bereit, seinen Beruf
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