Ewiglich die Hoffnung

Titel: Ewiglich die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Ashton

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wichen wir beide in die Mitte des Tunnels, drehten uns mit dem Rücken zueinander um die eigene Achse. Die Hände erstreckten sich, so weit ich sehen konnte, bis sie irgendwo hinten im Tunnel verschwanden. Ich konzentrierte mich auf eine von ihnen. Sie öffnete und schloss sich, als würde sie nach irgendetwas suchen, was sie packen könnte. Die Hand knapp darunter war magerer, sie wirkte grau und blass. Die Knochen des Zeigefingers durchstießen fast die Haut. Sie sah krank aus und hing schlaff herab.
    Ganz viele Hände hingen so schlaff herab.
    Andere dagegen sahen frisch und rosig aus, und sie waren es auch, die die Illusion erzeugten, dass die Wände sich bewegten. Sie streckten sich und machten Greifbewegungen, ihre Finger verschlangen sich mit denen anderer, einige packten die schlaffen Hände, als brauchten sie irgendetwas, um sich festzuhalten.
    Ich spürte, wie Cole den Kopf in den Nacken legte. Dann durchlief ein Beben seinen Körper.
    Oh, nein . Ich folgte seinem Blick zur Decke. Sie war ein Meer aus Händen, die zu uns herabgriffen. Diese Hände wirkten lebendiger, als würde der Sog der Schwerkraft ihnen zusätzliche Energie verleihen. Ich duckte mich unwillkürlich, obwohl die nächsten Fingerspitzen ein gutes Stück über meinem Kopf waren.
    Cole fasste meinen Arm. »Alles in Ordnung, Nik. Es sind bloß Hände.« Das klang, als wollte er sich selbst beruhigen.
    »Ja. Tausende. Die aus Wänden ragen. Sich bewegen . Klar, alles in bester Ordnung. So ist das nun mal in den Tunneln der Hölle.« Ich lachte nervös. Es war alles zu viel für mich. Mein Hirn war definitiv überfordert. Meine kleine Kerzenflamme bröckelte und schien zu Staub zu zerfallen. Die Tunnel fraßen gierig meine Energie.
    »Es hat sich nichts verändert, Nik. Du hast doch noch dein Kontaktband zu Jack, oder? Du kannst es weiterhin spüren?«
    Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf den Sog in meiner Brust. Ich nickte.
    »Okay. Du wirst uns zu Jack führen. Ich bin direkt hinter dir.«
    Ich wusste nicht, was schlimmer war. Die Hände überall um uns herum zu sehen oder durch die Dunkelheit zu schleichen und zu wissen , dass sie überall um uns herum waren. Und ich konnte auch nicht das raschelnde Geräusch ausblenden, dessen Ursache, wie ich jetzt wusste, das tausendfache Reiben von Haut auf Haut war.
    Konzentrier dich auf das Kontaktband. Konzentrier dich auf die Verbindung. Finde Jack.
    Es wäre mir lieber gewesen, die Verbindung hätte mich in die Richtung gelenkt, aus der wir gekommen waren, aber sie führte mich nur immer tiefer in die Finsternis.
    Wir gingen los. Ganz langsam. Auf Tuchfühlung. Meine Nackenhaare sträubten sich von dem ständigen Geraschel Abertausender Finger, die aneinanderrieben. Cole schien das zu spüren, denn er begann zu reden.
    »Was wirst du Jack als Erstes sagen?«, fragte er.
    »Keine Ahnung. Mein einziger Gedanke war bisher, dass ich zu ihm muss. Über das Danach habe ich noch nicht nachgedacht.«
    »Und wenn er sich verändert hat?«
    »Ist mir egal«, sagte ich entschieden. »Aber wie meinst du das?«
    »Na ja, wenn er zum Beispiel … alt ist? Er ist seit Jahren hier unten. Was, wenn er neunzig ist?« Cole klang, als fände er die Vorstellung ausgesprochen heiter.
    »Das wäre mir auch egal«, sagte ich.
    »Aha, es wäre dir also egal, wenn du Jack aus den Tunneln zurück in die Oberwelt gebracht hast, nur um ihn gleich ins Altersheim zu stecken? Du würdest ihn freudig mit pürierten Erbsen füttern – Hauptsache, ihr zwei seid wieder zusammen?«
    Ich verzog das Gesicht. »Ob du’s glaubst oder nicht, es würde mir nichts ausmachen. Hauptsache, ich hätte ihn wieder.«
    »Abartig«, feixte Cole.
    Doch seine Worte gingen in meinem Kopf verloren. Alles fühlte sich schwer an. Ich stolperte und fiel hin, und ich brauchte eine Ewigkeit, um wieder auf die Beine zu kommen.
    »Geht’s, Nik?«
    »Ich bin müde«, sagte ich, und ich hörte meiner Stimme an, wie wahr das war.
    »Das kommt von den Tunneln. Versuch, an etwas anderes zu denken.« Seine Stimme klang sehr besorgt, obwohl er es sich nicht anmerken lassen wollte.
    »Woran denn?«
    »Hab ich dir schon mal erzählt, wie das an Bord eines Wikingerschiffes war?«
    Ich zog eine Grimasse. »Nein.«
    »Die Wikinger haben Vögel als Navigationshilfe mit an Bord genommen, vor allem Raben, wusstest du das? Wenn sie die Raben freiließen, flogen die zunächst immer in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Aber irgendwann schlugen sie eine